Als er diesen kleinen, anrührenden Beatles-Song sang, "I Will" vom "White Album", blieb die Zeit stehen. Es fühlte sich an, als liege die Kölner Arena unter Wasser, alles war so langsam, intensiv und schön. Vergangenheit und Gegenwart hatten für eine Ewigkeit von anderthalb Minuten die Zukunft besiegt. [Q]Dass ich überhaupt eine Sekunde gezögert hatte. Dass ich wirklich für einen Moment überlegt hatte, es gut sein zu lassen, nach diesem Abschluss letztes Jahr, und dann wieder in einer großen Halle mit zweifelhafter Akustik. Dass ich tatsächlich erst gezweifelt hatte, ob ich noch mal so ein Sitzkonzert erleben möchte.
Der Auftritt in Köln hingegen war anders, elegant, würdevoll und stellenweise melancholisch. Als McCartney am Piano "Let It Be" sang, fragte man sich, was werden soll, wenn dieser Mann mal nicht mehr auftritt. [Q]Es sind oft Kleinigkeiten, z.B. dass diesmal alle standen, die ganze Zeit, und wie ich meinen Frieden hatte und die Augen geschlossen habe.
Sein Werk ist das Urmeter des Pop, er selbst der Kronzeuge der populären Kultur, ihre Goldreserve, der Maßstab. [Q]Ich habe das alles doch x mal erlebt, ich kenne das doch alles. Und trotzdem, als es losging, wurde wieder das Bild unscharf, das wird einfach nicht besser, da müssen die mal was dran machen.
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claquecoeur,
Sonntag, 4. Dezember 2011, 02:02
Phantastisch! Ich bin noch immer vollkommen begeistert und das Umfeld muss sich halbstündlich weitere Details anhören. Auf dass wir das Ende der Nachspielzeit nie erleben müssen!
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reuter,
Sonntag, 4. Dezember 2011, 19:45
Ja. Ich hatte auch gedacht, sone blöde Arena, 15.000, das geht gar nicht, und dann zu lange gewartet, bis es ausverkauft war. Dann mich zu Tode geärgert. Sogar beim WDR angerufen, irgendein blödes Quiz, bei dem 2 Tickets verlost wurden, noch nie gemacht. Nicht durchgekommen. Aber dann, es war Donnerstag morgen, ich sagte mir, ich muss dahin. Und ich hab's geschafft, 25 Anrufe, viel zu teuer, aber was soll's. Und was soll ich sagen. Es war alles egal, die Arena, die Idioten in den Business-Logen, das viel zu warme Bier. Pures Glück, ganz für mich allein, und, hier kann ich es ja zugeben, kennt mich ja keiner, ich hätte heulen können. Was heißt hier hätte.
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claquecoeur,
Montag, 5. Dezember 2011, 00:09
Ha! Was heißt hier Idioten?! Die waren gar nicht alle so idiotisch. Naja, diese gehörten dann wahrscheinlich auch nicht so ganz dort hin.
Ist auch egal, er war einfach unbeschreiblich, wie wir alle wissen und zwar bestimmt von jedem Ort der viel zu großen Arena aus. Ich bin noch nicht drüber hinweg, wie toll das war.
Ist auch egal, er war einfach unbeschreiblich, wie wir alle wissen und zwar bestimmt von jedem Ort der viel zu großen Arena aus. Ich bin noch nicht drüber hinweg, wie toll das war.
nnier,
Montag, 5. Dezember 2011, 01:18
Sie beide waren auf dem gleichen Konzert wie ich, das freut mich, und der Journalist auch. Oft sind die Leute nämlich bei einem parallel stattfindenden Konzert nebenan, die schreiben dann etwas über einen "lausbubenhaften Ex-Beatle" und "zweieinhalb Stunden Nostalgie pur" bzw. reden auf dem Nachhauseweg darüber, dass es ziemlich gut war und, übrigens, bei Pur letzte Woche auch.
Man will sich immer an etwas Objektivierbarem festhalten, er war gut bei Stimme, hat auch bei "Maybe I'm amazed" nicht mit den hohen Tönen kämpfen müssen, aber ist es das? Sind es die Leistungsdaten ("35 Songs in fast drei Stunden und trotzdem kaum geschwitzt")? Mein Erklärungsversuch ist ein anderer, der hat viel mit der von dem offenbar klugen und sensiblen Journalisten genannten Würde und Melancholie zu tun. Bei aller Routine spürte man diesmal eine Freude und Ernsthaftigkeit, die ich bei solchen großen Konzerten auch schon oft vermisst habe. Dieser Teil liegt bei ihm. Der andere beim Publikum, und das mag auch daran liegen, dass es diesmal nur dieses eine Konzert gab, um das man sich sehr bemühen musste. Der Anteil von Leuten, die herumlabern, ständig in ihr Smartphone tippen und sich bei jedem weniger bekannten Lied erst mal ein Bier holen gehen, war dadurch doch erheblich geringer. Niemand forderte missmutig zum "Hinsetzen!" auf, weil zu viele da waren, die einfach nicht sitzen mochten.
Am Ende kann man es nicht erklären, da treffen lyrische Umschreibungen viel besser: "Es fühlte sich an, als liege die Kölner Arena unter Wasser, alles war so langsam, intensiv und schön."
Man will sich immer an etwas Objektivierbarem festhalten, er war gut bei Stimme, hat auch bei "Maybe I'm amazed" nicht mit den hohen Tönen kämpfen müssen, aber ist es das? Sind es die Leistungsdaten ("35 Songs in fast drei Stunden und trotzdem kaum geschwitzt")? Mein Erklärungsversuch ist ein anderer, der hat viel mit der von dem offenbar klugen und sensiblen Journalisten genannten Würde und Melancholie zu tun. Bei aller Routine spürte man diesmal eine Freude und Ernsthaftigkeit, die ich bei solchen großen Konzerten auch schon oft vermisst habe. Dieser Teil liegt bei ihm. Der andere beim Publikum, und das mag auch daran liegen, dass es diesmal nur dieses eine Konzert gab, um das man sich sehr bemühen musste. Der Anteil von Leuten, die herumlabern, ständig in ihr Smartphone tippen und sich bei jedem weniger bekannten Lied erst mal ein Bier holen gehen, war dadurch doch erheblich geringer. Niemand forderte missmutig zum "Hinsetzen!" auf, weil zu viele da waren, die einfach nicht sitzen mochten.
Am Ende kann man es nicht erklären, da treffen lyrische Umschreibungen viel besser: "Es fühlte sich an, als liege die Kölner Arena unter Wasser, alles war so langsam, intensiv und schön."
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