Mumien, Analphabeten, Diebe.
Du hast's gut, du hast dein Leben noch vor dir.
Kilometergeld? Deine Mudder.
nnier | 10. November 2014 | Topic In echt
Am Ende haben wir gelacht: Nein, Herr Wachtmeister, das sehen Sie falsch - ich bin nicht zu schnell gefahren, ganz im Gegenteil, ich bin langsamer als null km/h gefahren, nämlich minus 80, deshalb bekomme ich jetzt auch Geld von Ihnen!

Den Frust kann ich verstehen, wenn du ein Geschwindigkeits- und ein Streckendiagramm zeichnen sollst und der Lehrer sagt: Da fährt ein Auto aus der Garage, beschleunigt, fährt dann eine Weile konstant auf der Landstraße, wird langsamer, kommt zum Stehen. Dann fährt er zu seinem Haus zurück: Beschleunigt, fährt konstant, bremst ab, steht in seiner Garage. Wie würdest du das machen, Papa?

Na ja, Geschwindigkeit würde ich so machen: X-Achse ist die Zeit, Y-Achse die Geschwindigkeit, dann geht es beim Ursprung los und erst mal ziemlich linear nach oben bis zu irgendeiner Geschwindigkeit, sagen wir: 100 auf der Landstraße, bleibt dann eine Weile da, und sinkt am Ende wieder ab zur Null. Und dann fährt er zurück, sagst du? Also noch mal das Gleiche, Geschwindigkeit geht wieder nach oben und -

GENAU DAS HABE ICH AUCH GESAGT! UND DAS SOLL FALSCH SEIN!

Hä? Wieso? Weil er zurückfährt? Aber er fährt doch trotzdem mit einer Geschwindigkeit, die größer als Null -

DAS HABE ICH DIE GANZE ZEIT GESAGT, ABER DIE MEINTEN, DER FÄHRT JA ZURÜCK!

Hö. Hö. Lustig. Dann steht er also nicht bloß still, sondern ist noch langsamer - oder wie? Hö. Hö. Aber der Lehrer hat dann doch bestimmt -

NEIN, DER HAT JA AUCH DIE GANZE ZEIT GESAGT, DASS DAS FALSCH IST.

Ähm. Wie jetzt. Der meint, dass die Geschwindigkeit ins Negative -

JA, UND DASS DAS GENAU UMGEKEHRT UNTER DER X-ACHSE WEITERGEHT.

Äh. Und die Strecke? Die ist dann auch am Ende wieder bei Null oder wie?

JA, DAS WAR GENAU SO: ERST NIMMT SIE ZU, DANN NIMMT SIE WIEDER AB UND IST AM ENDE WIEDER BEI NULL.

Hö. Also wenn ich zur Arbeit fahre und komme wieder nach Hause, dann bin ich am Ende null Kilometer gefahren?

DAS HABE ICH AUCH GESAGT, ABER DIE HABEN DAS NICHT VERSTANDEN UND HABEN GESAGT, DASS DER JA WIEDER ZURÜCKFÄHRT.

--

Ich kann mich genau an dieses verzweifelte Gefühl erinnern, wenn man merkt, die verstehen nicht mal das Problem, und da ist dann keiner, der sagt: Nee, die Y-Achse soll nicht die gefahrenen Kilometer anzeigen, sondern die Entfernung zum Zuhause - dann wäre ja alles geklärt, jedenfalls was das Thema Strecke angeht. Und meinetwegen soll es auch negative Geschwindigkeiten geben: Mit einem Bezugssystem für so relative Einsteingeschichten bestimmt sehr sinnvoll!

Ich habe inzwischen aber zu viele falsche Erklärungen und ungenaue Fragestellungen mitbekommen, um hier an besonderen Fein- oder Hintersinn glauben zu können. Einmal sollten sie einen vorgezeichneten Zickzackweg beschreiben: Du gehst 5 Schritte geradeaus, machst eine Vierteldrehung nach links, gehst drei Schritte weiter, drehst dich dann um ein Achtel nach rechts usw; da kam sie auch ganz verzweifelt: Die sagen, das ist ein Achtel nach links, dabei sind es drei Achtel! Und die Lehrerin sagt das auch! Und alle sagen, sie haben's verstanden, aber erklären können sie es mir nicht!

Sie hat schon damals gesagt: Ich will nicht rechthaben, ich will's nur verstehen. Ich kann doch nicht so tun, als ob ich das auch so sehe, und dann stellt mich die Lehrerin noch hin, als würde ich es nicht verstehen!

Ich habe dann ein freundliches Zettelchen geschrieben, liebe Frau Lehrerin, wenn ich den Zickzackweg so gehen will, muss ich mich bei dieser Spitzkehre tatsächlich um drei Achtel drehen, geht es Ihnen anders?

Habe mich vertan, kam es dann, und das kann ein schlimmes Gefühl sein, wenn die denken, es ginge ums Rechthaben, und man will doch nur geistig gesund bleiben.

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c17h19no3, Sonntag, 16. November 2014, 22:00
ernsthaft jetzt? o_O

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nnier, Montag, 17. November 2014, 11:52
Ganz offensichtlich. Und was mich so irritiert: Es muss doch zumindest der Gedanke anerkannt und ggf. eingeordnet werden. Ich habe mal nachgelesen: Man spricht in bestimmten Zusammenhängen tatsächlich von negativen Geschwindigkeiten, weil ja alles relativ ist. Und je nachdem, was man als Bezugspunkt wählt, kann eine Geschwindigkeit dann eben negativ sein. Bloß muss man so was dann auch dazusagen, finde ich, wenn die Schülerchen plötzlich in der Einsteinwelt unterwegs sein sollen. Andernfalls ist es vollkommen egal, ob ich vor- oder rückwärts durch die Radarfalle rase, und der Kilometerzähler im Auto landet auch nicht bei Null, wenn ich einmal im Kreis gefahren bin. Ich meine, es zeugt gerade von Verständnis, wenn man die Strecke weiter aufaddiert, obwohl "der ja nach Hause zurückfährt" ...

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mark793, Montag, 17. November 2014, 11:57
Danke für die Vorwarnung, was da in den nächsten Jahren auf uns zukommt.

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nnier, Montag, 17. November 2014, 13:04
Sagen wir so, ich sehe mich echt nicht als Hubschrauberpapa, aber bestimmte Dinge lernt sie schon immer eher trotz der Schule als in ihr. Und es kommt durchaus seltsam an, auch bei den Kindern selbst, wenn z.B. die Informatiklehrerin immer wieder durch die Schüler korrigiert werden muss. Niemand erwartet Perfektion, aber ein grundlegendes Verständnis des eigenen Fachgebiets und ein paar didaktische Fähigkeiten (wie z.B. in obigem Fall ein wenig mehr sagen zu können als: "Weil er doch wieder nach Hause zurückfährt") finde ich generell angebracht.

Das ist jetzt auch kein Katastrophengejammer, vieles läuft auch gut, trotzdem wundere ich mich manchmal.

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mark793, Montag, 17. November 2014, 13:41
Habe das jetzt auch nicht als Generalabrechnung verstanden. So ein paar whiskey-tango-foxtrott-Momente hatte ich in der allmählich zu Ende gehenden Grundschulzeit von Töchterlein auch, aber im Großen und Ganzen konnten wir das Helikoptern auf eine grundsätzliche Flugbereitschaft beschränken.

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nnier, Montag, 17. November 2014, 14:14
Neulich bspw., als ich mein Entzücken über die lautgetreue Schreibung eines Kleinkindes kundtat, konnte sich eine anwesende Mutter nicht wirklich mitfreuen: "Meine Tochter ist in der dritten Klasse und schreibt immer noch lautgetreu und soll das auch" ... da kriege ich dann auch die Motten, da denke ich: Man kann das doch wohl den Kindern zumuten und irgendwann sagen, ja, so hört sich das an, und die Erwachsenen schreiben das etwas anders, nämlich so und so, weil es die Regel X gibt.

Ernsthaft, mir hat immer gegraut vor diesen Müttern, die beim Elternabend fragen: "Und was sollen wir für die Arbeit üben?", und ich bin auch froh, dass ich das Innere der Schulranzen meiner Kinder nur so weit kannte, wie sie es mir vor die Nase gehalten haben. Aber komplett der Institution vertrauen ist auch nicht gut, da sehe ich als Ideal schon so eine Art Dreieck aus Schule, Eltern und Kind.

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nemorosa, Montag, 17. November 2014, 13:15
Achje. Manchmal lernt man in der Schule auch was fürs Leben: sich sein Teil denken. Eitelkeiten den Kopf tätscheln. Nicht traurig werden drüber. (Und bloß das Denken nicht aufgeben!)

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nnier, Montag, 17. November 2014, 14:17
Ja, unbedingt, da will ich auch nicht jedes Hindernis aus dem Weg räumen und jeden Konflikt lösen. Das kann sie selber gut, wie übrigens auch einsehen, wenn sie sich geirrt hat.

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monnemer, Mittwoch, 19. November 2014, 15:02
Und wenn's im Unterricht halbwegs läuft, kann es einen aus einer unerwarteten Richtung erwischen.
Anordnung des Oberstufen-Lehrkörpers: Die Anwesenheitsdokumentation beim heutigen Hochschul-Informationstag hat per Selfie mit Schüler und Lehrer vor einer Uhr einmal vor- und einmal nachmittgas zu erfolgen.

Durch den recht großen Altersunterschied von 11 Jahren meiner beiden Kinder ist Schule hier schon seit über 20 Jahren ein Thema. Bald ist Schluss. Yippie!

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nnier, Mittwoch, 19. November 2014, 21:46
Ich bin bei meinen Besuchen dort immer froh, wenn da noch normale Tafeln hängen, auf denen mit Kreide etwas geschrieben steht.

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