Mir war das manchmal zuviel, dieses ehrfürchtige: Bowie, dieses: Er hat sich immer wieder neu erfunden, und als wäre es ein Bestandteil des Weltwissens der Siebenjährigen: Der Thin White Duke! Und: Ziggy!
Natürlich hatten die wichtigen Ereignisse vor meiner Zeit stattgefunden. Ich lernte ihn dann als kreuzbeliebigen Popstar der 80er kennen, mit Poppertolle und Schulterpolstern im Video zu "Let's dance", einem Lied, das ich damals nicht besonders mochte (was sich inzwischen geändert hat), und bevorzugte das schön geradeausgerockte "Modern Love" von derselben LP. Gekotzt habe ich über "Dancing in the Street" mit Mick Jagger, die Schultern gezuckt über "This is not America" mit Pat Metheny, dann kam die Zeit der teuren CDs, als ich mir die Hitsammlung Changesbowie besorgte, woraufhin ich natürlich Major Tom ins Herz schloss ("Can you heeere - am I sitting in my tin can ...") und auch "Heroes" zu schätzen lernte.
Er war mir durchaus sympathisch und als einer von den Guten verbucht, trotzdem wurde ich kein Bowie-Jünger. Ich sah das ja alles irgendwie ein, war aber vielleicht ein paar Jahre zu spät dran, um das Einzigartig-Neue wirklich zu spüren, es war mehr Lexikonwissen: Ein wichtiger Künstler aus dem und dem Grund, und vielleicht sollte man mal die ganzen alten Platten hören.
Gefreut habe ich mich im Kino: "I'm deranged", eröffnete (und schloss) Bowies Bariton den phantastischen Lost Highway von David Lynch, den ich jahrelang als Lieblingsfilm in alle Freundschaftsbücher eintrug. Ein tolles Lied, das mich in der Folge dazu brachte, irgendwann in den 90ern muss das gewesen sein, die CD Earthling zu erwerben, die ich noch heute gerne hervorkrame. Mit diesem Drum-and-Bass-Album mag er für manchen Fan gqr zu peinlich auf den Zeitgeist-Markt abgezielt zu haben (an diese Kritik meine ich mich zu erinnern: Jetzt rennt er der Mode hinterher!), ich aber mag viele dieser dicht strukturierten Stücke* und bin historisch völlig unbelastet.
Und das war's schon! Ich weiß nichts über Tin Machine und warum Glass Spiders so eine schreckliche Tour gewesen sein soll. Aber ich war doch ein wenig neugierig, als es heute von überall her scholl: Es gibt ein neues Lied von Bowie! [Alternativer Link]
Wer muss da nicht an David Lynch denken, an die Hasen bei Inland Empire z.B., einem Film, bei dem ich am Ende eingeschlafen bin, oder an das alte Ehepaar am Beginn von Mulholland Drive, einem Film, für den ich Lost Highway aus den Freundschaftsbüchern wieder herausradierte: Bowie als seltsames Plüschdoppelwesen auf dem Sessel singt mit einer Stimme, die sich entweder bewusst zurücknimmt oder nicht anders kann, einer Stimme, die man eindeutig erkennt und die so altersschwach klingt, dass es mich mal wieder richtig anrührt. Schon schön.
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*Leider nur als Liveversion mit minderer Tonqualität gefunden
Natürlich hatten die wichtigen Ereignisse vor meiner Zeit stattgefunden. Ich lernte ihn dann als kreuzbeliebigen Popstar der 80er kennen, mit Poppertolle und Schulterpolstern im Video zu "Let's dance", einem Lied, das ich damals nicht besonders mochte (was sich inzwischen geändert hat), und bevorzugte das schön geradeausgerockte "Modern Love" von derselben LP. Gekotzt habe ich über "Dancing in the Street" mit Mick Jagger, die Schultern gezuckt über "This is not America" mit Pat Metheny, dann kam die Zeit der teuren CDs, als ich mir die Hitsammlung Changesbowie besorgte, woraufhin ich natürlich Major Tom ins Herz schloss ("Can you heeere - am I sitting in my tin can ...") und auch "Heroes" zu schätzen lernte.
Er war mir durchaus sympathisch und als einer von den Guten verbucht, trotzdem wurde ich kein Bowie-Jünger. Ich sah das ja alles irgendwie ein, war aber vielleicht ein paar Jahre zu spät dran, um das Einzigartig-Neue wirklich zu spüren, es war mehr Lexikonwissen: Ein wichtiger Künstler aus dem und dem Grund, und vielleicht sollte man mal die ganzen alten Platten hören.
Gefreut habe ich mich im Kino: "I'm deranged", eröffnete (und schloss) Bowies Bariton den phantastischen Lost Highway von David Lynch, den ich jahrelang als Lieblingsfilm in alle Freundschaftsbücher eintrug. Ein tolles Lied, das mich in der Folge dazu brachte, irgendwann in den 90ern muss das gewesen sein, die CD Earthling zu erwerben, die ich noch heute gerne hervorkrame. Mit diesem Drum-and-Bass-Album mag er für manchen Fan gqr zu peinlich auf den Zeitgeist-Markt abgezielt zu haben (an diese Kritik meine ich mich zu erinnern: Jetzt rennt er der Mode hinterher!), ich aber mag viele dieser dicht strukturierten Stücke* und bin historisch völlig unbelastet.
Und das war's schon! Ich weiß nichts über Tin Machine und warum Glass Spiders so eine schreckliche Tour gewesen sein soll. Aber ich war doch ein wenig neugierig, als es heute von überall her scholl: Es gibt ein neues Lied von Bowie! [Alternativer Link]
Wer muss da nicht an David Lynch denken, an die Hasen bei Inland Empire z.B., einem Film, bei dem ich am Ende eingeschlafen bin, oder an das alte Ehepaar am Beginn von Mulholland Drive, einem Film, für den ich Lost Highway aus den Freundschaftsbüchern wieder herausradierte: Bowie als seltsames Plüschdoppelwesen auf dem Sessel singt mit einer Stimme, die sich entweder bewusst zurücknimmt oder nicht anders kann, einer Stimme, die man eindeutig erkennt und die so altersschwach klingt, dass es mich mal wieder richtig anrührt. Schon schön.
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*Leider nur als Liveversion mit minderer Tonqualität gefunden
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mark793,
Mittwoch, 9. Januar 2013, 10:33
Er war mir durchaus sympathisch und als einer von den Guten verbucht, trotzdem wurde ich kein Bowie-Jünger. Ich sah das ja alles irgendwie ein, war aber vielleicht ein paar Jahre zu spät dran, um das Einzigartig-Neue wirklich zu spüren, es war mehr Lexikonwissen
Das beschreibt sehr treffend auch mein Verhältnis zu Bowie. Das Wissen um seine popkulturhistorische Bedeutung war durchaus vorhanden, aber so richtig übergesprungen ist der Funke bei mir nie, zumal mich Nummern wie "Let's Dance" oder "Little China Girl" eher anödeten. Und jetzt diese Berlin-Nummer. Na ja. Ich sage es ungern, aber Udo Jürgens hat in dem Alter defintiv mehr gerockt.
Das beschreibt sehr treffend auch mein Verhältnis zu Bowie. Das Wissen um seine popkulturhistorische Bedeutung war durchaus vorhanden, aber so richtig übergesprungen ist der Funke bei mir nie, zumal mich Nummern wie "Let's Dance" oder "Little China Girl" eher anödeten. Und jetzt diese Berlin-Nummer. Na ja. Ich sage es ungern, aber Udo Jürgens hat in dem Alter defintiv mehr gerockt.
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nnier,
Mittwoch, 9. Januar 2013, 22:53
Das ist musikalisch kein Geniestreich, und sicher ist das Werk an mancher Stelle eher dünn (z.B. gefallen mir die getragenen Drums ab 2:40 nicht besonders.) Aber zwei Dinge haben mich beschäftigt: Das Video (das sage ich als einer, dem Videos sonst völlig egal sind) und das Alter.
Bowie hatte ich immer als einen verbucht, der die Kontrolle hat. Gay oder Mars oder Popper oder Smoking: Er spielt die Rollen und definiert das Setting. Smarter Businessman sowieso (er vermarktet sich schon ewig übers Internet), internationaler Topstar, der mit Iman auf jedem Parkett zu glänzen weiß. Und dann hat man einen Herzinfarkt und ist plötzlich 66.
Man kann dann verschwinden. Man kann technisch tricksen, Stimmen elektronisch aufpeppen, Powerchords, Hintegrundgesang, Jingles. Dass er das nicht tut und mit diesem verhaltenen Stück (und deutlich mitgenommener Stimme) zurückkommt, im Video alt und traurig aussieht, mag die nächste kalkulierte Inszenierung sein. Dann ist es aber eine, mit der ich etwas anfangen kann. Das wartet ja auf uns alle.
Bowie hatte ich immer als einen verbucht, der die Kontrolle hat. Gay oder Mars oder Popper oder Smoking: Er spielt die Rollen und definiert das Setting. Smarter Businessman sowieso (er vermarktet sich schon ewig übers Internet), internationaler Topstar, der mit Iman auf jedem Parkett zu glänzen weiß. Und dann hat man einen Herzinfarkt und ist plötzlich 66.
Man kann dann verschwinden. Man kann technisch tricksen, Stimmen elektronisch aufpeppen, Powerchords, Hintegrundgesang, Jingles. Dass er das nicht tut und mit diesem verhaltenen Stück (und deutlich mitgenommener Stimme) zurückkommt, im Video alt und traurig aussieht, mag die nächste kalkulierte Inszenierung sein. Dann ist es aber eine, mit der ich etwas anfangen kann. Das wartet ja auf uns alle.
mark793,
Mittwoch, 9. Januar 2013, 23:01
Ich weiß, was Sie meinen. Rational analysiert käme ich zu ähnlichen Überlegungen, und doch gestehe ich mir zu, mich vom Ergebnis (wieder mal) nur mäßig angesprochen zu fühlen.
A propos Altern: Gab es nicht auch mal einen Spielfilm, in dem die von ihm gespielte Figur ganz extremern Alterungserscheinungen ausgesetzt war?
A propos Altern: Gab es nicht auch mal einen Spielfilm, in dem die von ihm gespielte Figur ganz extremern Alterungserscheinungen ausgesetzt war?
nnier,
Mittwoch, 9. Januar 2013, 23:06
Das weiß ich nicht. Ich erinnere mich nur an ihn als Agent im enttäuschenden Twin Peaks Prequel.
Klar, ich kenne das: Man lässt sich dies erzählen und jenes erklären und nickt und sagt ja, ja, sicher - und es spricht doch nichts in einem an.
Klar, ich kenne das: Man lässt sich dies erzählen und jenes erklären und nickt und sagt ja, ja, sicher - und es spricht doch nichts in einem an.
kid37,
Mittwoch, 9. Januar 2013, 23:18
The Hunger. Er hat dann später auch bei Tony Scotts gleichnamiger TV-Serie mitgespielt, die besser ist als ihr Ruf. Ich habe ihn nur einmal gesehen, 83 oder 84 auf der "Serious Moonlight"-Tour. Davon sind mir am meisten die zahlreichen Bowie-Kopien im Publikum aus allen seinen Transformationen in Erinnerung geblieben. Ach ja: Und ich lag mal im selben Krankenhaus wie er. Aber nicht zur selben Zeit. (My claim to fame.)
kid37,
Mittwoch, 9. Januar 2013, 23:19
Fire Walk With Me finde ich übrigens auch besser als sein Ruf. Im Nachhinein.
nnier,
Mittwoch, 9. Januar 2013, 23:26
Wenn Sie das schon sagen: Ich wollte den endlich ein zweites Mal ansehen. Bin inzwischen hoffentlich darüber hinweg, dass Audrey nicht dabei ist.
mark793,
Mittwoch, 9. Januar 2013, 23:40
@Kid37: Ah, "The Hunger". Dachte mir, wenns einer weiß hier in der Runde, dann Sie. An seinen FWWM-Part kann ich mich auch noch gut erinnern.
Wie überhaupt an die gemischten Gefühle zu diesem Film. Enttäuscht war ich nicht, denn dass der Film die exorbitanten Erwartungen nach der Serie nicht erfüllen würde, war mir von vornherein klar. Aber dadurch, dass dem Kinofilm die vielen slapstickhaften Elemente der Serie fehlten, hat mich der Streifen doch ganz schön runtergezogen damals.
Wie überhaupt an die gemischten Gefühle zu diesem Film. Enttäuscht war ich nicht, denn dass der Film die exorbitanten Erwartungen nach der Serie nicht erfüllen würde, war mir von vornherein klar. Aber dadurch, dass dem Kinofilm die vielen slapstickhaften Elemente der Serie fehlten, hat mich der Streifen doch ganz schön runtergezogen damals.
vert,
Donnerstag, 10. Januar 2013, 15:53
interessanterweise bin ich mit earthling überhaupt erst aufmerksam geworden. vorher war er nur der "letsdance"-interpret.
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