Weichspüler sollen dem Effekt entgegenwirken, dass sich die Wäsche nach dem Waschen in der Maschine und anschließendem Trocknen in unbewegter Luft hart anfühlt. [Wikipedia]Als ich neulich nass aus dem See stieg und mich mit einem quadratischen, weißen Stück Stoff von etwa 20 cm Kantenlänge abzureiben begann, kamen wieder diese belustigten Kommentare: Hihihi, was ist das denn bzw. Ist das so ein Hi-tec-Material und dergleichen. Nö, antwortete ich, während ich den Lappen auswrang, das ist ein Frotteewaschlappen, altes Interrailerwissen, spart enorm Platz und Gewicht - und ist bei diesen Temparaturen absolut ausreichend, das bisschen Restfeuchte auf der Haut kommt grad recht.
Dann wickelten sie sich in ihre aprilfrischen Bademäntel und tennisplatzgroßen Saunatücher, schmunzelten über den Sonderling und hatten für die Nacht was zum Nachdenken. So ein Hi-tec-Handtuch habe ich übrigens auch mal geschenkt bekommen, es fühlt sich ungefähr an wie ein Fleecepulli oder ein Poliertuch fürs KFZ, kann angeblich das X-fache seines Eigengewichts an Wasser aufnehmen etc. etc., das habe ich ausprobiert und stimmt wohl auch. Bloß bin ich kein Auto.
Das Gute an diesem Wetter ist ja wohl, dass man die Klamotten an der Luft trocknen lassen kann. Ich bin da sicherlich geprägt, frühkindlich, unser Handtuch stand immer hinter der Tür, aber für mich gibt es kaum etwas Schlimmeres als weiche Wäsche. Dieses unnatürlich flauschige Gefühl auf der Haut ist mir ein Graus, ich hänge deshalb in den Heizungskeller, was ich kann, T-Shirts und Jeans trocknen an der Leine, aber die Unmengen an Socken, Bettwäsche, Handtüchern etc. müssen durch den Trockner gejagt werden, tagein, tagaus, und der Preis ist die verlorene Härte.
Das ist es, was ich am Sommer liebe: Du hängst das Zeug auf den Wäscheständer, die Sonne ballert, der Wind weht, nach ein paar Stunden nimmst du die Wäsche wieder ab und merkst schon beim Einfüllen in den Korb diesen wunderbaren Widerstand an den Knickfalten. Der Stoff steht, der will seine Form halten, der ist nicht schlaff und labberig wie zerlaufender Analogkäse, der ist stabil und schroff wie Sandpapier und die Wange meines Großvaters beim Gutenachtsagen.
An meinem Handtuch will ich Streichhölzer entzünden können. Ich will seinen Widerstand spüren, beim Zusammenlegen und beim Auseinanderfalten, und wenn ich es mühsam hinter meinen Rücken befördert habe, so wie es meine vierjährige Freundin mir damals beigebracht hat, und seitlich hin- und herzerre, dann will ich etwas davon haben, das soll auf den Schultern reiben und die Lenden schrubben, wozu lebt man denn.
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venice_wolf,
Freitag, 3. August 2012, 12:35
Absolut einverstanden! Hier in Venedig wird's leider wegen Feuchtigkeit nicht immer so rauh wie man es sich wünscht und vorstellt, nur im Mai-Juni-Juli und ausgewählte Frühherbsttage, dafür auf der E-A** schon eher. Und wie sich ein Polo anpasst, wenn es stocksteif ungebügelt angezogen wird. Etwas für richtige Männer.
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nnier,
Freitag, 3. August 2012, 19:25
Dann wird die Wäsche zäh, sagt Oma: Zu lange in der Feuchtigkeit und nie richtig trocken. Hätte ich mehr Platz, würde ich mir übrigens eine Bleichwiese gönnen: "Unter Einwirkung des Sonnenlichts entwickelt das Gras Bleichsauerstoff." Aber unser Garten reicht nur für ein Handtuch.
venice_wolf,
Samstag, 4. August 2012, 20:26
Auf der A** da pfeift's wie im Vogelhaus, da kannst aufhhaengen auf dem Balkon hinten (Neu, Anm. der Red) nach einer Stunde kann man (im Notfall) mit einem Handtuch einen erschlagen. Zaehe Waesche das kenne ich... draussen in VCE kriegt man das schon hin, in der Wohnung hingegen haben wir Staubtrocken, aber Ergebnisse wie auf der A** erzielt man keine.
venice_wolf,
Samstag, 4. August 2012, 20:29
Apropos VCE ... schauen sie Mal nach, ob Ryan im Herbst noch einen Sitzplatz (oder vielleich gibt es schon Stehplaetze mit einem Baum als Notdurftgelegenheit) frei hat?
nnier,
Sonntag, 5. August 2012, 13:57
Angeblich zahlt man bald nach Gewicht. Vielleicht nimmt mich jemand mit in sein Handgepäck!
kid37,
Freitag, 3. August 2012, 14:12
Weichspüler kommt mir nicht ins Haus. Ich ertrage den Gestank nicht und dazu diese Labberigkeit, die das Zeug in die Wäsche treibt. Ein Handtuch will bretthart aus dem Regal gezogen und anschließend bezwungen werden. Nur so fühlt man sich frisch und gestärkt und in spürbarer Auseinandersetzung mit den Elementen.
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nnier,
Freitag, 3. August 2012, 19:26
ilnonno,
Freitag, 3. August 2012, 19:54
Ich erinnere mich nicht genau, fürchte aber, beim Interrailen ganz ohne Handtuch unterwegs gewesen zu sein.
Und herzlichen Dank für diesen Text, den ich ab sofort verwenden werde, wenn das Gequengel meiner Frau wegen eines Wäschetrocknerkaufs zunimmt.
Und herzlichen Dank für diesen Text, den ich ab sofort verwenden werde, wenn das Gequengel meiner Frau wegen eines Wäschetrocknerkaufs zunimmt.
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nnier,
Samstag, 4. August 2012, 11:51
Ich hatte ein Handtuch und sogar ein wenig Oberbekleidung zum Wechseln in meinen Satteltaschen. Bloß dass ich gleich am Anfang dieser Fahrradtour am Atlantik einen Becher Margarine obendraufpackte, der dann abends leergeschmolzen war. Für den Rest der zwei Wochen wurde ich ein bestimmtes, schmieriges Gefühl nicht mehr los, da konnte ich mit kaltem Wasser und Haarshampoo herumschrubben, wie ich wollte.
hora sexta,
Freitag, 3. August 2012, 20:04
Haben Sie es mal mit einem Handtuch aus Reinleinen probiert? Das soll ja die Königsklasse sein.
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nnier,
Samstag, 4. August 2012, 11:56
Sie erinnern mich da an etwas, irgendwo muss in den Tiefen des Schranks eines existieren, mit einem rot eingewebten Schriftzug ("Krankenhaus" oder so). Man muss ein paar Ziele bewahren, dazu gehört leinernes Bettzeug mit seiner angeblich so angenehm kühlenden Wirkung - und so ein Handtuch, das beim Auseinanderfalten knarzt wie ein rostiges Scharnier.
c17h19no3,
Samstag, 4. August 2012, 21:58
an die meiste wäsche (ausnahme: strumpfhosen, ich bilde mir ein, das elastan hält dann länger und wirkt der lochbildung an den zehen entgegen) lasse ich auch nur aldi-waschmittel und hygienespüler (ich mag es tot). danach kommt alles auf den wäscheboden zum trocknen. dort ist es heiß, weil die sonne auf das fenster knallt. im sommer ist alles nach zwei stunden trocken und beinhart und knistert so schön beim zusammenlegen.
als frau kann ich also nur bestätigen: standfestigkeit ist immer gut, auch bei wäsche. ;)
als frau kann ich also nur bestätigen: standfestigkeit ist immer gut, auch bei wäsche. ;)
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nnier,
Sonntag, 5. August 2012, 13:56
Wenn ich groß bin, kaufe ich eine Heißmangel und walze alles hindurch. Und schön durchs Stärkebad. Endlose Schränke voller rechtwinklig und scharfkantig daliegender Leinenwäsche, darum beneide ich das Bürgertum.
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