Mumien, Analphabeten, Diebe.
Du hast's gut, du hast dein Leben noch vor dir.
Defizite, Surrogate
nnier | 25. Juli 2010 | Topic In echt


Es gibt Menschen, die freiwillig und unentgeltlich gute Ratschläge an ihre Mitmenschen verteilen, was ich ich sehr lobenswert finde. Zudem gibt es zum Glück Menschen, die freiwillig Johannisbeeren abgeben, und ich wiederum rate Ihnen freiwillig und unentgeltlich: Essen Sie Johannisbeeren!



So simpel kann es manchmal sein. Ich benötige diese Beeren übrigens nicht nur, weil sie einen gewissen Phantomschmerz lindern oder bestimmt wahnsinnig viel Vitamin C enthalten, sondern weil mich ihr Geschmack glücklich macht. Diese frische Säure, ggf. durch etwas Zucker ergänzt, ist etwas ganz Wunderbares, und ich zerdrücke die kleinen Früchte mehr zwischen Zunge und Zähnen, als dass ich kaue. Übrigens mag ich nicht nur die roten, sondern auch alle anderen Sorten inkl. der von so vielen Menschen verabscheuten schwarzen; gerade deren ruppiger Beigeschmack und die insgesamt strohig-widerspenstige Konsistenz faszinierte mich schon als Kind, wenn ich mich im Garten meiner Großeltern an den verschiedenen Büschen sattessen durfte.



Mit vollem Bauch und komplett befriedigten Geschmacksnerven ließ sich an einem solchen Kindertag hervorragend eine Partie Reversi spielen. Dieses Zweipersonenbrettspiel habe ich jahrzehntelang vermisst und kürzlich endlich erworben, wobei die pseudo-hochwertige Aufmachung der aktuellen Ausgabe mit seltsamem Kunstfilz und schwarz-"goldenen" Plastikchips in keiner Weise den Charme der mir von damals bekannten Version mit jeweils einer giftgrünen und einer orangeroten Seite zu verbreiten vermag; ähnlich erging es mir, als ich für die Familie ein Scrabble beschaffen wollte und voller Entsetzen feststellen musste, dass die Buchstabensteine inzwischen aus Kunststoff gefertigt werden. Ich erwarb also, um mich über dieses entsetzliche Gefühl zwischen den Fingern nicht ärgern zu müssen, eine überteuerte sogenannte "DeLuxe"-Ausgabe mit Holzplättchen und drehbarem Spielfeld. Jenes ist aus furchtbar streng riechendem Kunststoff hergestellt und soll wohl ebenfalls "edel" wirken, irgendwie weinrot oder was weiß ich, und ist doch nur jämmerlich verglichen mit dem alten, stabilen und mit einer leinernen Kante versehenen Spielfeld aus Karton, das ich von früher kenne. Blenderkram. Immerhin, in weiter Landschaft und mit freiem Blick lässt sich so ein angenehmer Nachmittag verbringen.



Eines meiner Defizite besteht darin, dass ich mich wie ein Trottel anstelle, wenn's wacklig unter den Füßen wird. Waren schon die normalen Rollschuhe mit vier Rädern, jeweils eines an jeder Ecke, eine ordentliche Herausforderung, so konnte ich darauf wenigstens halbwegs stehen. Meine kläglichen Versuche auf Schlittschuhen dagegen hatte ich noch gut genug in Erinnerung, um den Inlineskates gegenüber bei deren Aufkommen vor anderthalb Jahrzehnten große Vorbehalte zu haben und dann auch entsprechend schlecht gelaunt nach einigen vergeblichen Versuchen das Thema zu den Akten zu legen, ich meine, wenn man nicht mal weiß, wie man da bremsen soll, und guck dir diese rollenden Lackaffen doch mal an, pfui Spinne, mit ihren Sonnenbrillen, und eigentlich will ich das auch gar nicht können, Arschlöcher. Vollkommen verständnislos sehe ich auch den sog. "Skatern" bei ihren abenteuerlichen Verrichtungen auf dem Rollbrett zu und wünsche ihnen insgeheim, an der nächsten Hauswand, registriere fassungslos, dass Einräder heute anscheinend ganz normale Fortbewegungsmittel für neunjährige Mädchen sind und habe nicht mal richtig Spaß daran, mit so einem komischen Akkuding durch die Gegend zu flitzen. Die sommerliche Neuerwerbung bewegungstalentierterer Menschen aus meinem Haushalt sah ich entsprechend skeptisch an, freute mich natürlich über die raschen Fortschritte und den offensichtlichen Spaß, den ich da beobachtete, ließ mich überreden, es doch auch einmal zu versuchen und kam natürlich nicht ansatzweise klar.

Andererseits kann man ja mal an so einem schönen Nachmittag in menschenleerer Gegend, wenn man Johannisbeeren gegessen und Reversi gespielt hat, versuchen, ob es nicht doch irgendwie ...



Immerhin. Ich habe mit den Armen gerudert, ich bin vornübergefallen, ich habe einfach nicht diesen geschmeidigen Drive, ich bewege mich viel zu eckig und es ist noch meilenweit, bis ich den Flow erlebe. Aber ein paar Meter am Stück habe ich schließlich geschafft.

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kid37, Sonntag, 25. Juli 2010, 23:41
Johannisbeeren esse ich, glaube ich, fast nur wegen der Kindheitserinnerungen. Es gibt Menschen, die die schwarzen nicht mögen? Unverständlich. Die haben doch diesen ganz eigenen Geschmack. Mein Garten stünde voll mit ihnen (und Stachelbeeren).

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hora sexta, Montag, 26. Juli 2010, 00:38
Am besten finde ich die weißen. Perlen zum Verschlucken. (Und Brombeeren!)

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nnier, Montag, 26. Juli 2010, 00:56
Bei den schwarzen Johannisbeeren können viele ja nicht einmal den Geruch ertragen - mir ist dieses auch nicht verständlich, aber sie sagen dann, dass spätestens der "Stropf", also der beim Herunterschlucken ja wirklich manchmal recht deutlich spürbare Blütenrest, sie ernsthaft würgen lasse. Tss. Was Stachelbeeren ("Die dunklen Äste stehen sparrig ab oder hängen bogig über ..."), weiße Johannisbeeren (die ja lediglich eine "Farbvariante" der roten sind) und Brombeeren angeht, kann ich mich Ihnen beiden komplett anschließen; und umso wertvoller werden mir die großmütterlichen Marmeladengläser, wenn ich mir bewusstmache, dass all das Beerenobst zum Teil wild am Waldrand, in jedem Falle aber einzeln, Stück für Stück, gesammelt werden musste, bevor die auch nicht so einfache Arbeit des Einkochens überhaupt begann ...

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vert, Montag, 26. Juli 2010, 02:56
dann sind sie ein paar meter weiter gekommen als ich.
waveboards sind nichts für gestandene alte menschen, die sich seinerzeit noch knochenbrüche auf skateboards geholt haben (ich mutmaße immer noch, es könne voodoo im spiel gewesen sein.) oder sich mit inlinern!, ja mit inlinern, in die tiefe der vert-ramp warfen.
ohne sonnenbrille - jedeR hasste diese lackaffen mit den ladenneuen 500mark-schuhen.
nein, waveboards, das ist nix für mich.

apropos, haben sie eigentlich zufällig einen guten tipp gegen drosophila melanogaster?

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nnier, Montag, 26. Juli 2010, 11:11
[ ] Genforscher werden
[ ] Johannisbeeren durch Zwiebeln ersetzen
[ ] Drosowas? Mit solchen Schweinereien will ich nichts zu tun haben, Freundchen!

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monnemer, Montag, 26. Juli 2010, 11:44
Waveboard geht gar nicht, aber dafür Brombeeren essen. Und rumstromern, über rostige Zäune klettern, die Hosen zerreissen, Kirschen klauen und so.
Das hat sich gestern so ergeben, dabei wollte ich nur mal eben auf dem Friedhof Blumen giessen. So dreckig, zerkratzt, satt und glücklich bin ich schon lange nicht mehr nach Hause gekommen.

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nnier, Montag, 26. Juli 2010, 18:24
Dieser sommerwarme und reife Geschmack kann wirklich glücklich machen, ich weiß es genau, wenn die Brombeeren schon so reif sind, dass sich sich mühelos abstreifen lassen, aber noch nicht überreif, hach. Behalten Sie Ihre schönen Stellen für sich und Ihre Nächsten, bald ist auch der letzte Strauch geolokalisiert.

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venice_wolf, Montag, 26. Juli 2010, 13:26
Für so Balanceangelegenheiten bin ich lange nicht mehr.
Einfach zu Starr (nicht Ringo), da kommt man keinen Meter und bei Sturz klingt es als ob eine Tanne auf den Boden drescht.
Rauf auf den nächsten Baum, war die Devise... und wann Du oben bist noch schaukeln, dass sich die Wipfel berühren.
Vielleicht muss man das aber bloss nur nachüben?
Die richtig vielen schwarzen Ribisel (Johannes_beeren) kommen dort oben (TM) erst.
Wenn die Vöglein nicht schneller sind, schaffen wir das mit dem Sammeln und kochen dann Marmelade.
Schwarzbeeren (Blaubeeren) gibt's heuer auch wieder...

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nnier, Montag, 26. Juli 2010, 19:12
Letzteres habe ich ja sogar noch selber mitbekommen, hach, schnüff.

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