Mumien, Analphabeten, Diebe.
Du hast's gut, du hast dein Leben noch vor dir.
Der ewige Käptn
nnier | 04. November 2009 | Topic Brainphuq
Es gibt Geschichten über Menschen, die nie etwas vergessen können. Von irgendeinem Russen habe ich mal etwas angelesen, er beschrieb einen Menschen, der jede Einzelheit im Gedächtnis behielt, das Muster der vom Baum gefallenen Blätter beim Spaziergang unauslöschlich und für immer ins Bewusstsein gebrannt - brr. Ich mochte es nicht weiterlesen.

Andererseits verhält es sich in meinem Fall so, dass ich z.B. die allermeisten meiner Mitschülerinnen und Mitschüler aus der Grundschule, die Lehrerinnen und Lehrer sowieso, mit Vor- und Nachnamen aufzählen kann, und ich bin doch oft überrascht, wenn ich erfahren muss, dass das nicht jedem so geht. Ich lese ein Buch oder einen Comic nach dreißig Jahren wieder und erinnere mich an bestimmte Stellen sehr genau, und das wäre ja auch alles schön und gut, gäbe es nicht auch so viel Peinliches, das eben nicht im gnädigen Dunkel der Amnesie versinkt wie offenbar bei vielen anderen, die, das sei mal deutlich gesagt, auch genug Grund hätten, sich mal gepflegt in Grund und Boden zu schämen. So eine gelegentliche Amnesie ist manchmal ganz praktisch, wenn man plötzlich seine Persönlichkeit wandelt, dann braucht man sich nicht um sein dummes Geschwätz von gestern zu kümmern, ich meine: nichts gegen neue Erkenntnisse und gewandelte Sichtweisen, nicht wahr, Kopf rund Gedanken Richtung, komisch kommt's mir nur manchmal vor, wenn gar zu abrupt und vor allem übergangslos der Schnee von gestern nicht nur weg ist, sondern wenn er, ganz ehrlich, auch nie dagewesen ist.

Na, das führt jetzt aber doch ein wenig fort von dem Gleis, auf dem ich mich hier bewegen wollte, Sie sehen schon, ich vermeide durch Geschwätzigkeit das eigentliche Thema. Ähem. Das ist jetzt aber wirklich gar nicht so einfach. Also. Es gibt eine hochnotpeinliche Erinnerung, die mich immer wieder heimsucht, und ich werde sie nicht los. Ich hab's schon oft versucht, mit Ignorieren und Verdrängen und Älterwerden und allem, allein: es hilft einfach nichts. Und da dachte ich mir, schlimmer kann's ja auch nicht werden, erzähle ich es einfach Ihnen, vielleicht ist das dann so ein befreiendes, kathartisches Erlebnis, bei Star Trek V hat das immerhin auch einigen geholfen: "Teile mit mir, wie es war! Der Schmerz muss heraus! Er hat deine Seele zu lange vergiftet!", und ich bin immer noch der Ansicht, dass der vielgescholtene fünfte Film einige der schönsten Szenen überhaupt beinhaltet, alleine schon der Landurlaub im Yosemite-Nationalpark mit dem Trio Spock (Ratio, Überich), Pille (Emotion, Es) und Kirk (Ego i.S.v. Ich), es sind schöne Momente zwischen den dreien, ganz egal, dass man nicht ernsthaft einen Film mit "Gott" als Energiewesen auf irgendeinem Planeten hinter einer Barriere aus Zigarettenqualm machen kann. Kirk im Aufzug: "Ich könnte eine Dusche gebrauchen!", Spock: "Ja."

Der Berg, den Captain Kirk im Yosemite Park erklimmt, heißt natürlich El Capitan, und das erinnert mich dann wieder daran, was ich hier eigentlich niederschreiben will. Die Szene, die mich so regelmäßig heimsucht, wird nämlich wesentlich durch einen Käptn gestaltet. Bzw. einen Mann, der in seiner ganzen Ausstrahlung etwas sehr streng Kapitänsmäßiges an sich hatte. Er hatte schlohweißes Haar, war groß und hanseatisch, schien unter Bluthochdruck zu leiden, jedenfalls war seine Gesichtsfarbe tiefrot, und bekleidete die Position des Rektors an einer Schule, an welcher ich einst ein Praktikum absolvierte. Ich war Student und mithin etwas älter als die Schülerschaft, und manchmal rauchte ich irgendwo auf dem Gelände eine Zigarette.

Eines Tages sprach mich der Kapitänsrektor darauf an, erwähnte das "Gesundheitsprofil" seiner Schule und die gesundheitlichen Folgen des Rauchens, und nach zehn Minuten Vortrag hatte ich verstanden, dass ich gerade darum gebeten wurde, auf dem Schulgelände nicht zu rauchen. Daran hielt ich mich auch.

Bis ich eines Morgens, es war mein Geburtstag, vom Fahrrad stieg, mir eine Zigarette ansteckte, den Schulhof überquerte und plötzlich vor einem Paar Kapitänsbeine stand. Reflexartig verbarg ich die Kippe mit der linken Hand hinter meinem Rücken, als eine Hand sich mir entgegenstreckte und der Rektor mir wortreich gratulierte. Hinter mir qualmte es, Schüler gingen an uns vorbei, ich wusste nicht ein noch aus, ich stammelte und faselte und bedankte mich für die Glückwünsche, die Zeit dehnte sich endlos, der Käptn drehte ab und ich schlich wie ein begossener Pudel ins Gebäude.

Tja, das war's schon. Was haben Sie denn erwartet? Herrje, ist mir das peinlich!

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ein nachbar, Donnerstag, 5. November 2009, 12:28
"Ich brauche meinen Schmerz, um zu wissen, wer ich bin" (Käpt'n James T. Kirk ebd.).
Ich erinnerte mich - außer natürlich an die wunderbaren Lagerfeuerszenen - an zwei Dinge in diesem Film: 1. dass er gegen Ende wirklich dramatisch abstürzt und 2. dass Spocks Paralyse-Griff auch bei Pferden funktioniert. Ihre Erwähnung des Films veranlasste mich zu einem kurzen Streifzug durch unser kollektives Gedächtnis und jetzt erinnere ich mich an noch viel mehr. Vor allem natürlich an Uhuras Tanz. Der Film hat also durchaus seine Momente, aber ich denke, er hat seine drei (!) Goldenen Himbeeren (schlechteste(r) Film / Hauptdarsteller / Regie) nich ganz zu unrecht bekommen. Das war ja schließlich nicht irgendein Film, sondern es ging immerhin um Star Trek.
... Und als dann rauskommt, dass der Schurke Spocks missratener Halbbruder ist - sowas ist peinlich!

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nnier, Donnerstag, 5. November 2009, 20:48
5-3-2-6-4-1 lautete meine Antwort, die ich damals aus der Pistole schoss, wenn mich jemand nach meiner persönlichen Rangliste der Star Trek-Filme frug. Es ist zum Heulen, wie armselig die eigentliche Story ist, und doch sah man selten so zwischenmenschlich schöne Momente wie in Nr. V. Nach dem Sturz (und Spocks Raketenstiefelstunt), abends am Lagerfeuer, sagt Kirk: "Ich wusste, dass ich nicht sterben würde, weil ihr beide bei mir wart", und am Ende, nach der Rettung des Captains auf dem komischen Planeten, als Kirk Spock erkennt und ihn umarmen will, sagt dieser: "Captain. Nicht vor den Klingonen!", und außerdem: als die drei zusammen in der Enterprise-Toilette eingesperrt sind, sieht man dort ein kleines Schild an der Wand. Darauf steht: Do not use while in spacedock.

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venice_wolf, Freitag, 6. November 2009, 10:57
Leider habe ich mich wenig (und oberflächlich) mit Star Trek beschäftigt... das einzige was mich immer total begeister hat ist die Titelmelodie, die habe ich auch einmal als mp3 gehabt, dauerte exakt 1 Minute und ich kam nicht weg davon, dass man in sowenig Zeit so eine Fülle an Emotionen und Visionen rüberbringen kann.
Da beginnt es unheimlich spannend mit Weltraumgeräusche, dann Klingeltöne mit dramatisch gestaltenen Höhepunkt und dann befreiend los, im rasenden Tempo durch das Weltall bis hin zum simphonischen Finale das in meiner Erinnerung and das Ende von Sgt.Pepper Lonely Heat's Club Band oder von The end erinnert... nur das danach nicht With a little help from my friends oder Her majesty ertönt sondern die Stimme vom Käptn Kirk der Datum u Uhrzeit angibt.
♫☺♫☺♫☺♫☺
NCC-1701
http://www.yo***be.com/watch?v=30VSy0orw4k

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nnier, Freitag, 6. November 2009, 11:46
Kann leider gerade nicht draufklicken - hier in Deutschland hat man jedenfalls grundsätzlich die Version mit der hohen Frauenstimme (oooo-hoooo-hoooohoooohoooohooohooo) verwendet, die wurde im Original nicht von Anfang an verwendet, zuerst war es rein instrumental mit Streichern und ohne Stimme. Ich finde die Melodie auch ganz toll und sie ist direkt mit einem Gefühlszentrum in meinem Hirn verschaltet. Jedenfalls hat es mich glatt aus der Bahn geworfen, als ich nach den entbehrungsreichen Jahren zwischen den späten 70ern und dem Aufkommen des Privatfernsehens in den späten 80ern zum ersten Mal wieder die anfänglichen metallophonischen Ding-Ding-Ding-Ding-Töne hörte und die magischen Worte "Der Weltraum. Unendliche Weiten ..." erklangen.

Die Melodie vom ersten (und fünften) Kinofilm wurde dann für die Nachfolgeserie (Next Generation) verwendet und ist auch nicht schlecht. Und zum sechsten Film gibt es eine sehr düstere Filmmusik, die ich auch gut finde. Ich muss da mal etwas heraussuchen.

Ich habe die Beziehung zu der ganzen Sache inzwischen trotzdem etwas verloren, und als ich mal krank war, sah ich einige der alten Folgen im TV, da war dann auch viel Schatten neben dem gelegentlichen Licht. Trotzdem weiß ich noch sehr gut, wie ich mein zerlesenes Panini-Klebealbum jahrelang immer wieder zur Hand nahm und mich sehnsüchtig an das tolle Raumschiff und die Besatzung erinnerte ...

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venice_wolf, Freitag, 6. November 2009, 13:18
erstaunlich...aber es gibt sie...
http://memory-alpha.org/en/wiki/Toilet

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ein nachbar, Freitag, 6. November 2009, 15:08
Spontan: 6-8-4-11-2-9-3-10-1-5-7 bzw. 6-4-2-3-1-5-7 im engeren Sinne (also ganz mainstream: erst die geraden), wobei ich zugeben muß, dass da wenige Wochen frische Seherlebnisse auf Erinnerungen aus dem letzten Jahrtausend treffen.
Es war Mitte der Neunziger, als Umstände (Heimarbeitsphase der Diplomarbeit) und Neigung (Kindheitserinnerungen/SF-Affinität) mich wieder in das Star Trek Universum eintreten (und wegen Voyager wieder austreten) ließen. Damals begann ich zu verstehen, was Menschen dazu treibt, seit den achtziger Jahren jeden Sonntag Lindenstraße zu sehen.

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nnier, Freitag, 6. November 2009, 16:19
Nachträge: Das "Main Theme" von Nr. 6 ist ungefähr hier zu finden: http://www.y****be.com/watch?v=K0yiiivbJFU. Schöner, düsterer Bombast für meine Ohren. Und die italienische Fassung ist auch sehr schön da oben! Ich habe die Links brutal verfremdet, man hört so Sachen über Paramount ...

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damenwahl, Montag, 9. November 2009, 12:16
Ich kann keine Reihenfolge angeben... zu lange her. Alle gesehen, als ich mit 16 in den USA war (und es an Wochenenden sonst nichts zu tun gab). Mein unbestrittener Favorit ist der mit den Walen. In jedem Fall muß das sowas wie frühkindliche Prägung gewesen sein, denn ich gucke bis heute gerne Star Trek, egal was... während mich SciFi sonst nicht übermäßig reizt.

Und sie glauben ja nicht, wie oft ich in den USA gehört habe, Deutsch höre sich an wie klingonisch.

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nnier, Montag, 9. November 2009, 12:42
Sauerkraut! Blitzkrieg! Veltshmerz! Shvine-a-hoond! Das mag schon etwas Klingonisches an sich haben - für mich wiederum klang dieses Idiom schon immer entschieden osteuropäisch, auch bevor in Teil VI die allzu platte Analogie zu Tschernobyl und Gorbatschow aufgemacht wurde. Ich meine, es explodiert ein klingonischer "Energieplanet" und der Friedenskanzler heißt Gorkon ...

"Den mit den Walen" (Nr. IV) mochte ich nicht so. Nachdem ich die emotional belastenden Ereignisse davor einigermaßen verdaut hatte, erschien mir die launige Zeitreisegeschichte entschieden "zu kommerziell" (hö hö) und als ein Versuch, mittels lustiger Sprüche und populistisch ausgeschlachteter Umweltschutzthematik (Wale retten!) das verachtenswerte Normalpublikum anzusprechen, das im Kino immer dumme Sprüche über "den mit den Ohren" machte und gar nicht ernsthaft am Schicksal des Universums interessiert war. (Man kann das von heute aus vermutlich nur schwer verstehen - ist Star Trek doch inzwischen zum Inbegriff des bis zum Geht-nicht-mehr ausgeschlachteten Franchise geworden. Aber ich hatte halt noch die harten Zeiten mitgemacht ...)

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