Mumien, Analphabeten, Diebe.
Du hast's gut, du hast dein Leben noch vor dir.
Beengungen mit Penis-Orakel
nnier | 05. November 2010 | Topic In echt
Es ist schon ganz sinnvoll, genug Zeit einzuplanen, wenn man über Deutschlands gefährlichste Straße von der kleinen in die große Hansestadt fährt, um dem Penis-Orakel zu lauschen. Das beginnt schon damit, dass man sich als Kamel bei Nässe und einsetzender Dunkelheit erst mal durch das aufgehübschte Nadelöhr zwängen muss, um bei laufendem Motor eine halbe Stunde lang über den Sinn der Umweltzone nachzudenken, die einem jenen Umweg aufnötigt. Immerhin, ein sechsarmiger Kreisel, umringt von einer Radfahrerspur und durchquert von einer Straßenbahnlinie, man freute sich also auf den 400000-EUR-Umbau, und tatsächlich, der neue Asphalt sieht gar nicht mal übel aus, man ist fast versucht, eine Extrarunde zu drehen, wenn man dann endlich drin ist und, puh!, wieder keinen Radfahrer erwischt hat. Der Taxifahrer neulich hat ganz heiser gelacht, als ich meine Vermutung äußerte, mit dem Geld werde etwas an der Verkehrsführung geändert.

Mit immerhin 80 km/h Durchschnittsgeschwindigkeit rauscht man dann zwischen den LKW auf beengter Spur in die große Hafenstadt, findet in Bahnhofsnähe ein sog. Parkhaus, das aber tatsächlich mal ein Wohnhaus gewesen ist, so eng geht es darin zu, so niedrig sind die Decken, so unfassbar knapp die Auffahrrampen, aber es ist aus Vermietersicht einfach lohnender, viel zu viele Stellplätze zu Stundenhotelpreisen an ortsfremde Autofahrer zu vermieten.

Inzwischen hat sich auch die Menschentraube vor dem Schauspielhaus verflüchtigt, so dass man ungehindert zu seinem Platz durchgehen kann, just in time um dem plötzlich direkt vor einem stehenden Strunker von unten in die Nasenlöcher schauen zu können, der das nun folgende Theaterstück ankündigt.

Welches ein wirklich empfehlenswertes ist, das sage ich nicht nur durch die braune Fanbrille. Die drei Herren machen Quatsch, das ist auch gut und schön so, doch drängen sie sich nicht übermäßig in den Vordergrund, sondern lassen dem wirklich großartigen (und tapfer seine Beinverletzung ertragenden) Fabian Hinrichs genügend Raum, um auf wirklich beeindruckende Weise den durchgeknallten Herrn mit der Tropfenbrille zu geben. Den unsereins ohnehin nie vergessen hatte.

In so einer großen Stadt sollte es doch möglich sein, nach einem Theaterbesuch noch ein Kaltgetränk einzunehmen, denkt der naive Provinzler, das Thema des Tages allerdings heißt: Beengungen, und so sind die zwei einzigen Lokalitäten auch hoffnungslos überfüllt, während überall anders, bedaure, gerade geschlossen wird. Man landet dann gezwungenermaßen in einer Art Opiumhöhle, in der man schon aufgrund von Äußerlichkeiten skeptische Seitenblicke erntet - ordert man statt der obligatorischen Wasserpfeife jedoch eine Kola, outet man sich natürlich endgültig als Tourist.

Es ist allerdings auch schon spät, der Heimweg wird nicht kürzer werden, so dass man im vorgeblichen Parkhaus schwindelerregende Summen in den Automaten schiebt, den Weg nach oben nimmt, dann lässig um die inzwischen bekannten engen Kurven braust und kaum zwei Stunden später die Heimat erreicht, wo man auch irgendwann eine - enge - Parklücke entdeckt und beim Aussteigen etwas bemerkt, das einen zum Schmunzeln bringt.

Das Theaterstück kann ich wie gesagt empfehlen, Frau Lorilo, und wenn Sie schon mal da sind: Bleiben Sie doch einfach! Sie könnten mir dann bei Gelegenheit übrigens einen Gefallen tun, es geht um dieses Parkhaus. Da müsste so ein Stück hintere Stoßstange liegen.

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jean stubenzweig, Samstag, 6. November 2010, 12:43
Ich sehe schon – Ihre Erinnerungen an Frankreichs Provinzielles sind arg verblaßt. Oder sollten Sie am Ende dort noch nie in ein Parkhaus haben fahren müssen? Aber dort denkt man eben nicht in deutschautomobilen Dimensionen. Und in den runden Sternen geht's auch ein wenig anders zu.

Aber der Hinweis auf den St(r)unk im braunschen Schauspielhaus, für den habe ich zu danken. Ich werde die Gelegenheit zu nutzen wissen, auf diese Weise möglicherweise Fräulein Lorilo zu begegnen. Beim Einparken vielleicht?

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nnier, Sonntag, 7. November 2010, 09:44
Diese Erinnerungen bestehen eher darin, dass man mit dem Zelt auf bäuerlichem Grund übernachten durfte und dafür am nächsten Morgen irgendwas Nettes hinterließ. Und von einigen Reisen in dieses Land wird hier schon noch zu berichten sein. Französische Parkhäuser allerdings habe ich wohl wirklich selten von innen gesehen, einmal scheiterte es daran, dass wir eine sehr lange Rampe heraufgefahren waren, um dann mit etwa zwanzig französischen Autos hinter uns festzustellen, dass der Hochdach-Bus nicht für dieses Parkhaus (bzw. umgekehrt) geeignet war. Das war derselbe Urlaub, in dem wir verkehrtherum in diese enge Einbahnstraße fuhren, ich weiß das noch genau: Als uns der Franzose in seinem PKW entgegenkam, machte er grinsend diese wedelnde Verbrannte-Hand-Geste und fuhr dann freundlich zurück, um uns durchzulassen. Ich nahm mir damals vor, diesen französischen Geist der Gelassenheit auf die deutschen Straßen zu tragen, wenn ich dereinst den Führerschein hätte.

Sollten Sie tatsächlich eine Rust-Vorstellung besuchen, bin ich auf Ihre Meinung gespannt. Die drei Braunen sind keine Schauspieler, wissen das zum Glück auch und haben doch (wieder, denn auch Dorfpunks fand ich gelungen) ein gutes Theaterstück abgeliefert.*

--
* Das ist Braun-Sprech, Sie werden's merken.

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nnier, Donnerstag, 2. Dezember 2010, 13:38
War klar jewesn, wo der Testverlierer zu finden ist. Aber den noch tieferen Tiefpunkt (R. Völler, 2003) hätten die gelben Herrn noch etwas näher am Bahnhof gefunden.

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