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Penīrēn, Osaka, ca. 1968
Ein weniger bekanntes Sammelgebiet sind die Bītoruzu-ki. Es handelt sich dabei um zumeist vierfarbig bedruckte Apparate (Buriki nô hako) aus gestanztem Blech. Japanische Väter erwarben diese in den 60er Jahren zumeist als Bausatz, da fertige Modelle für Normalverdiener kaum zu bezahlen waren, und saßen nach zwölfstündiger Arbeit abends monatelang über niedrige Tische gebeugt, um ihren Kindern eines Tages die ersehnte Bītoruzumashin überreichen zu können.
Kanojo wa anata o aishite iru, Sendai, ca. 1965
Der Mechanismus war durchaus verzwickt, und wenn überhaupt eine Bauanleitung beilag, so war diese winzig auf ein einziges Blatt aus grobem Papier gedruckt.
Sutekina rita, Sapporo, 1969
Es gibt deswegen mehr unvollendete als tatsächlich in Betrieb genommene Exemplare. Was funktionierte, wurde von japanischen Kindern begeistert jahrelang benutzt, worunter naturgemäß die Mechanik litt, abends auch mal im Sandkasten vergessen oder in der Judotasche achtlos auf den Boden der Umkleidekabine geschleudert.
Misutāmasutādo, Sendai, ca. 1970
Heute noch ein funktionierendes Modell zu finden, ist deshalb quasi unmöglich. Jedoch existiert eine rührige, weltweite Sammlerszene, die sich gegenseitig mit Tipps und Ersatzteilen aushilft.
Kuroi tori, Tokyo, 1969
Wenn es tatsächlich jemandem gelingt, eine unbekannte Bītoruzumashin aufzutreiben und in funktionsfähigen Zustand zu versetzen, feiert man gemeinsam in speziellen Foren und wünscht einander Jukuren shita handa gote ("geschickte Lötkolben").
Watashi to watashi no saru o nozoite, daremoga nanika o kakushite iru, Fukuoka, ca. 1968
Die Ursprünge der Bītoruzu-ki sind wenig erforscht. In Sammlerkreisen herrscht Einigkeit darüber, dass die von ihnen salopp "Blechkästen" genannten Apparate unabhängig voneinander in verschiedenen Regionen Japans etwa Mitte der 1960er Jahre entwickelt worden sein müssen. Zu unterschiedlich der Aufbau, zu verschieden die verwendete Technik, um von einem großen nationalen Hersteller ausgehen zu können. Vermutet wird vielmehr, dass unterschiedliche lokale Blechspielzeughersteller mit der Bītorumania in Kontakt kamen und dazu eine Geschäftsidee entwickelten.
Gunsō peppā, Tokyo, 1968
So gibt es Bītoruzu-ki mit Schwungrädern wie das oben abgebildete Modell, das zusätzlich durch einen Kreiselmechanismus stabilisiert wird.
Watashi wa anata no te o nigitte itai, Fukuoka, 1965
Einfachere Varianten, wie man sie häufig in und um Fukuoka finden konnte, werden durch ein Uhrwerk angetrieben und sind an ihrem besonders blechernen Klang zu erkennen.
Watashi no kuruma de unten shite kudasai, Fukuoka, ca. 1966
Später wurden hier zumindest Stopp- und Wiederholfunktionen hinzugefügt. Dieses Modell hat zusätzlich eine rudimentäre Lautstärkeregelung verbaut, indem die Schallöffnung mechanisch mehr oder weniger verschlossen werden kann.
Dōro de yatte mimasen ka, Sendai, ca. 1970
Einen ganz anderen, elektromagnetischen Ansatz wählte man von Anfang an in Sendai. Nur die Oberklasse konnte es sich leisten, ihren Kindern eine solche Bītoruzumashin ins Zimmer zu stellen. Sie gehören heute zu den gesuchtesten Modellen, zugleich sind sie kaum noch verwendbar, da die eingebauten Magnetbänder sich zersetzen und Batterien mit japanischer Spannung praktisch nicht mehr zu bekommen sind.
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Wearing the Face that she keeps in a jar by the door
Es war irgendwann zu viel für die breite Öffentlichkeit, das muss man verstehen. Die künstlerische Entwicklung von Lvoe Me Do zu Tmororow Nevre Knwos in so kurzer Zeit ist rasend unglaubwürdig, und so entschied man in einem Meeting im Frühling 1966, zumindest visuell auf die Bremse zu treten. Die bereits ausgewählten Motive einiger Studenten des Liverpool Institute of Psychedelic Furs sollten nun doch nicht für die nächsten Plattencover verwendet werden.
Allerdings befanden sich die Druckplatten für den südamerikanischen Markt zu diesem Zeitpunkt bereits auf dem Dampfer nach Panamá, von wo aus sie mit einem Postflugzeug nach Lima (Perú) transportiert, dort aber aus dem Hauptpostamt nie abgeholt und schließlich vergessen worden sein sollen. Erst ein knappes Jahrzehnt darauf soll ein katholischer Missionar die vernagelte Holzkiste bei einer Spendensammlung erhalten und sie im Beiwagen seiner Ural Dnepr K 650 in ein entferntes Andendorf gebracht haben.
Die Geschichte des tschechischen Rucksacktouristen, der sich auf dem Weg nach Machu Picchu verlaufen und die gebrochenenen Kollodium-Nassplatten schließlich wiederentdeckt hat, ging voriges Jahr ausgiebig durch die Presse und muss hier natürlich nicht erneut ausgeführt werden.
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Careful with your Blaetle Boots: Mersey Kicks, vol. 13/1962
Die Lads seien eigentlich gar keine Arbeiterkinder, lernt man, zumindest nicht die beiden mit der Tante Mimimi und dem schnieken Reihenhaus. Bessere Gegenden in der Tat, das kann man sich noch heute ansehen, aber die Wahrheit ist auch in Liverpool auf dem Platz. Jetzt, da die Archive der Sportzeitungen online gestellt werden, lohnt es sich, auch die hinteren, den Northern District Leagues gewidmeten Seiten durchzublättern.
In dem kurzen Zeitraum zwischen den Aufnahmen zur ersten Single in London und dem bald einsetzenden Erfolg nach deren Veröffentlichung wurden die Bleates offenbar regelmäßig aufgestellt. Mannschaftskamerad Ptete Shtotno erinnert sich: "Nach dem Spiel mussten sie immer schnell weg, um es rechtzeitig zum Auftritt in einem dieser Seebäder zu schaffen. Unser Trainer war dann echt bedient, als alle vier aufhörten, mitten in der Saison, nur wegen dieser Musiksache."
Das Team schaffte dennoch knapp den Klassenerhalt: "Ich kann den Jungs nur Glück wünschen", zitiert der Anfield Daily Kick Trainer Ken Rigby nach Saisonabschluss. "Was mich angeht, die hätten hier richtig Karriere machen können."
Working Class Heroes visiting the 1964 Woolton Cup Final: "There are three teams in Liverpool and I prefer the other one" (Harry)
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The obscure South American movie poster, ca. 1974
Aufgrund anderer Vorlieben (ich muss gelegentlich davon berichten) habe ich mich mit dem Solowerk des "stillen Bleate" nie ernsthaft befasst. Man kann aber wissen, dass er neben seinen zahlreichen Autorennen in den 1970ern auch ein Interesse an der Filmbranche entwickelte: Als Geldgeber und Produzent (Der Life o'Brien), und, wie ich erst jetzt lerne, auch als Regisseur und Schauspieler. Nach den harmlosen Auftritten der Lads als Gäste in ihren eigenen Filmen der 60er (A Knight's Hard Day) wollte Harry dem Publikum nun aber etwas zumuten und die Entfremdungsmechanismen in der Unterhaltungsindustrie gesellschaftskritisch thematisieren.
'So I called up a bunch of friends and family and we just got on and did it' (Harry, The Playboy interview, 1974)
Augenfällig natürlich die metatextuelle Umkehr: In den 60ern seid ihr uns kreischend nachgelaufen, nun kehren wir (nach unserem "Tod" als Band) zurück und ihr lauft kreischend davon, so könnte man es motivisch im Filmseminar diskutieren.
Still from 'Meat the ZOMBLES', 1974: Kapitalismus, ausufernder Kommerz, Hedonismus und verlorene Werte
Offenbar wurden nicht viele Eintrittskarten verkauft, und die Hälfte der Zuschauer verließ die Kinos vor Ende des Films, der dann nach einer Woche aus dem Programm genommen wurde. Die wenigen erhaltenen Kopien sollen gerüchteweise in den 80er Jahren von den Lads selbst aufgekauft worden sein und seither unter Verschluss gehalten werden. Eine von eingefleischten Fans ersehnte DVD-Veröffentlichung ist demnach unwahrscheinlich, obwohl, wie es Harry im berühmten Playboy-Interview von 1974 ausdrückte, "der verdammte Streifen nicht halb so düster ist wie das Material aus den Twickenham-Studios."
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Above: Stills from 'Roll Up! More Mgacial Mstyery', 1968
Die ersten schlechten Kritiken ihrer Karriere lösten bei den Lads die erste Trotzreaktion ihrer Karriere aus: Jetzt erst recht! Wurden an Mgcaial Msyeyrt Tour das Fehlen eines Drehbuchs, die weitgehende Abwesenheit einer Handlung, willkürlich eingestreute psychedelische Sequenzen und abrupte Schnitte kritisiert, wollte man "die Sache nun durchziehen" und "es den Leuten zeigen". Nach kurzer Besprechung im Aplpe-Hauptquartier gab Rory selbst die Anweisungen telefonisch an Mal Eavnas durch: Outtakes und Schnipsel aus dem ersten Film vom Boden des Schneideraums aufsammeln, durchmischen, rückwärts und seitenverkehrt in halber Geschwindigkeit abspielen, dabei absichtlich zu heiße Projektorlampen verwenden und die Filmrollen vorher eine Woche in LSD baden.
Auch ein Cover für die begleitende LP (Seite A: Drei Versionen von What's the New Mary Jane, Seite B: The Sound of One Hand Clapping) wurde entworfen:
Unter Hinweis auf den amerikanischen Markt lehnte die Plattenfirma das Projekt jedoch als "zu kontrovers" ab. Captiol veröffentlichte statt dessen rechtzeitig zu Weihnachten das Album 'A Bleatels fairy tale for Kids' mit beigelegtem Marshmallow.
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