... neuere Einträge
Sammeln hat nichts Heroisches an sich. In Filmen ist der Held nie ein Sammler. Sammler sind die pickeligen Typen, die daheim ihre Fundstücke bestaunen, während die anderen Jungs sich mit den Mädchen amüsieren. Aber egal: Jemand muss es machen! Ich habe oft das Gefühl: Ich rettete die Musikkultur, die auf diesen Schellacks bewahrt ist, vor dem Untergang. Damit leiste ich der Gesellschaft einen Dienst. Auf der anderen Seite erlebe ich das Sammeln als sehr selbstsüchtige Angelegenheit, die die niedersten Instinkte in mir zum Vorschein bringt: Neid, Gier! Ich verwandle mich in einen machiavellischen Schurken, wenn ich darüber nachdenke, wie ich an eine bestimmte Platte kommen könnte, von der ich weiss, dass sie jemand anderes besitzt. Ich überlege dann irgendeinen komplizierten Tausch, den ich demjenigen aufschwatzen könnte, nur um diese Scheibe in meinen Besitz zu bringen – ekelhaft!(Robert Crumb in einem interessanten Interview.)
Seit Jahren liegt meine Crumb-Sammlung auf dem Dachboden herum, bananenkistenweise. Ich kann deshalb gar nicht so schnell nachschauen, ob mich meine Erinnerung trügt: Denn ich meine, genau so ein Buch mit von ihm gestalteten Plattencovern gebe es seit langem. Vielleicht handelt es sich ja um eine erweiterte Neuausgabe?
Meine wahnsinnigen Sammeljahre sind längst vorbei, siehe Bananenkisten - wenn ich allerdings diese Zeichnungen sehe und ihn über Musik und Kultur reden höre, freue ich mich nach wie vor. Deshalb hier ausnahmsweise mal so etwas wie Werbung - ein Klick startet Bild und Ton:
Link zu diesem Beitrag (2 Kommentare) | Kommentieren [?]
nnier | 15. Dezember 2011 | Topic Klar jewesn
Link zu diesem Beitrag (2 Kommentare) | Kommentieren [?]
Auf meinem Taschenrechner gab es diese merkwürdigen Tasten:
Es ist ein seltsames Gefühl von Eingeschränktheit, manchmal geradezu von geistiger Behinderung, und eine Zeitlang meinte ich, das habe mit meiner generell nur schwach ausgeprägten Begeisterung für Geometrie zu tun. Mit dem Zirkel so Dinge konstruieren, das Geodreieck exakt anlegen und dann doch damit kämpfen müssen, dass der Zirkel während einer Umdrehung die Schenkel langsam spreizt oder der Druckbleistift ein Loch ins Millimeterpapier knackt - nein, danke, dieses hoffnungslose Gewische mit dem abgebrochenen Radiergummi auf knüllig werdendem Untergrund war meine Sache nicht, ein Reinzeichner war ich sowieso nie und fühlte mich in der Zahlenwelt viel wohler.
Ja, ich weiß, und ich spüre es beim Fahrradfahren, ich kann mir diese Sinuskurve auch wunderbar vorstellen, schon klar!, bloß welche Seite da mit welcher in Beziehung gesetzt wird und wann 1 rauskommt und wann 0, und dass der
Es war ein schlimmes Gefühl, damals, als ich so viel verpasst hatte und wiederkam und unser eigentlicher Mathelehrer für längere Zeit ausfiel: Da stand die Deutschlehrerin und wollte die Grundlagen für Gleichungen und Umformungen vermitteln, ich saß da wie in einem fremden Universum, in dem gewohnte Regeln nicht mehr galten, da waren plötzlich so senkrechte Striche neben den Gleichungen, daneben stand "-3" oder ":2", ich fragte dann immer wieder: Ist das so was wie Plus und Minus, und mit herablassendem Lächeln erzählte sie mir zum fünften Mal von der Waage, bei der man auch rechts drei Äpfel herunternehmen muss, wenn man man das links getan hat. Ich hätte verzweifeln können und merkte zum ersten Mal, wie es ist, wenn man ein ganzes Thema nicht versteht, bei Mathe ist das schlimm, denn es kommt alles wieder, alles baut ja aufeinander auf, und das Gefühl, dass plötzlich ein Zug ohne mich abfährt, quälte mich lange, bis endlich der Mathelehrer wiederkam und mir sagte: Na, das ist doch einfach das, was du auf beiden Seiten der Gleichung machst, so etwas Einfaches!, ich hätte laut auflachen können.
Der zauberhafte Thaleskreis, Onkel Pythagoras, Innenkreise, Außenkreise, Schwerpunkte: Ich kann das runterrattern, ich sehe das vor mir, ich plaudere charmant über Mittelsenkrechte, Winkel- und Seitenhalbierende, kaum dass eine Zwölfjährige "Dreieck" sagt, BLOSS DASS ICH TRIGONOMETRIE VOLL BLÖD FINDE, WEILS HALT EBEN BLÖD IST, UND WOZU SOLL DAS ÜBERHAUPT GUT SEIN, und ich habe mir fest vorgenommen: Diesmal will ich gut aufpassen, wenn sie das Thema bekommen.
sin | cos | tan
. Ich drückte drauf und freute mich über die lustigen Ergebnisse, die mir so zufällig erschienen, und daran hat sich bis heute nichts geändert. Es ist der blinde Fleck, der Bruch in meiner Mathebiografie, ich weiß nicht, ob es das Halbjahr war, in dem mir der Blinddarm rausgenommen wurde und ich insgesamt viel fehlte, aber auch später hat keine dieser schönen Visualisierungen mit dem rotierenden Radius mir dauerhaft geholfen, den nagenden Komplex gegenüber diesen fucking Winkelverhältnissen zu überwinden.Es ist ein seltsames Gefühl von Eingeschränktheit, manchmal geradezu von geistiger Behinderung, und eine Zeitlang meinte ich, das habe mit meiner generell nur schwach ausgeprägten Begeisterung für Geometrie zu tun. Mit dem Zirkel so Dinge konstruieren, das Geodreieck exakt anlegen und dann doch damit kämpfen müssen, dass der Zirkel während einer Umdrehung die Schenkel langsam spreizt oder der Druckbleistift ein Loch ins Millimeterpapier knackt - nein, danke, dieses hoffnungslose Gewische mit dem abgebrochenen Radiergummi auf knüllig werdendem Untergrund war meine Sache nicht, ein Reinzeichner war ich sowieso nie und fühlte mich in der Zahlenwelt viel wohler.
Ja, ich weiß, und ich spüre es beim Fahrradfahren, ich kann mir diese Sinuskurve auch wunderbar vorstellen, schon klar!, bloß welche Seite da mit welcher in Beziehung gesetzt wird und wann 1 rauskommt und wann 0, und dass der
cos
bloß ein phasenverschobener sin
ist, all das muss ich mir jedes Mal mühevoll herleiten und bin dann trotzdem noch so unsicher, dass ich lieber nachschaue, so als hätte ich nie das Einmaleins gelernt und müsste jede kleine Multiplikation immer neu durchführen. Ein Graus.Es war ein schlimmes Gefühl, damals, als ich so viel verpasst hatte und wiederkam und unser eigentlicher Mathelehrer für längere Zeit ausfiel: Da stand die Deutschlehrerin und wollte die Grundlagen für Gleichungen und Umformungen vermitteln, ich saß da wie in einem fremden Universum, in dem gewohnte Regeln nicht mehr galten, da waren plötzlich so senkrechte Striche neben den Gleichungen, daneben stand "-3" oder ":2", ich fragte dann immer wieder: Ist das so was wie Plus und Minus, und mit herablassendem Lächeln erzählte sie mir zum fünften Mal von der Waage, bei der man auch rechts drei Äpfel herunternehmen muss, wenn man man das links getan hat. Ich hätte verzweifeln können und merkte zum ersten Mal, wie es ist, wenn man ein ganzes Thema nicht versteht, bei Mathe ist das schlimm, denn es kommt alles wieder, alles baut ja aufeinander auf, und das Gefühl, dass plötzlich ein Zug ohne mich abfährt, quälte mich lange, bis endlich der Mathelehrer wiederkam und mir sagte: Na, das ist doch einfach das, was du auf beiden Seiten der Gleichung machst, so etwas Einfaches!, ich hätte laut auflachen können.
Der zauberhafte Thaleskreis, Onkel Pythagoras, Innenkreise, Außenkreise, Schwerpunkte: Ich kann das runterrattern, ich sehe das vor mir, ich plaudere charmant über Mittelsenkrechte, Winkel- und Seitenhalbierende, kaum dass eine Zwölfjährige "Dreieck" sagt, BLOSS DASS ICH TRIGONOMETRIE VOLL BLÖD FINDE, WEILS HALT EBEN BLÖD IST, UND WOZU SOLL DAS ÜBERHAUPT GUT SEIN, und ich habe mir fest vorgenommen: Diesmal will ich gut aufpassen, wenn sie das Thema bekommen.
Link zu diesem Beitrag (8 Kommentare) | Kommentieren [?]
Bremen. Bremer Taxifahrer sollen besser und freundlicher werden. Die Taxi-Fahrer wollen dabei nicht mitmachen.Friedhelm da draußen regt sich langsam wieder ab, es wird ja jetzt auch Wochenende, und während ich mit dem Öffnen der wunderschön gebastelten Adventskalendertüren immer um ein, zwei Tage zurückliege, hinter denen sich kleine Objekte aus extra für mich eingeschmolzener Schokolade befinden, eilt die Zeit davon, man müsste doch und sollte noch, und schon ist wieder ein Jahr vergangen. Jahrelang traf ich früher den freundlichen Herrn, der mich mit Vinylraritäten versorgte und mit dem ich auch einmal eine Plattenbörse besucht hatte, zu dem ich aber sonst kein persönliches Verhältnis pflegte, am Vormittag des 24. Dezember in der Fußgängerzone. Beide mit diesem etwas gehetzten und suchenden Blick stutzten wir im ersten, grinsten im zweiten und lachten laut im dritten Jahr, doch da auch ich dazulerne, kaufe ich erstens keine verrauschten Publikumsmitschnitte in Mono mehr zum vierten Mal, bloß weil das Plattencover wieder etwas anders ist, zweitens beschaffe ich gewisse Gegenstände mit einem zeitlichen Vorlauf und tue dies drittens gerne auf dem Versandweg, wovon mein heutiger Bericht künden soll, denn man kann auf diese Weise viel besser Haferplätzchen backen und literweise heißes Ingwerwasser in sich hineinkippen, eine Köstlichkeit, die mit dem Saft einer halben Zitrone und etwas Honig mein Lieblingsgetränk geworden ist.
Kommt mal etwas nicht an und man fragt den Versender nach dem Verbleib, erhält man die beruhigende Auskunft, das sei ja als Paket versendet und somit versichert, der Versandweg außerdem lückenlos dokumentiert, man kann dann auf der Logistiker-Website eine Trackingnummer eingeben und erfahren, dass einem das Paket bereits zugestellt worden sei, daraufhin einen Nachforschungsauftrag stellen, für den man umständlich eine große PDF-Datei herunterlädt, diese mit allen Angaben zur Sendung ausfüllen und an eine bestimmte E-Mail-Adresse senden, woraufhin exakt nichts passiert, sieben Tage lang, keine automatische Eingangsbestätigung noch irgendein anderer Hinweis darauf, dass der Suchauftrag nicht im Nirwana verschwunden ist, deshalb lieber noch einmal nachfragen und das kleine Paket plötzlich doch finden, Mensch!, da kann man die Übersicht auch mal verlieren bei den vielen Päckchen und Paketen, die tagtäglich bei diversen Nachbarn abgegeben oder für diese entgegengenommen werden, also eine weitere Mail schreiben mit einer Entschuldigung und dem Hinweis, dass das Paket nicht weiter gesucht werden muss - und es herrscht weihnachtliche Stille, ganz famos, da rührt sich nichts, da hört man nichts, das hat so was Friedliches und in sich Ruhendes, dass die sich da einfach nicht verrückt machen lassen bei der Post.
Den Kapitalismus an seinen inneren Widersprüchen zugrundegehen lassen und seine eigenen inneren Widersprüche mit Konsum überdecken: All das geht wunderbar mit diesem schwachsinnigen Gutscheinportal, dem ich eine schwere Implosion vorausgesagt habe, herrje: So ein blödes Geschäftskonzept!, aber ich habe da schon tolle Sachen bestellt. Beispiel: Der Kitchen King, eines dieser "Oh, das ist ja toll, Peter! Und was man damit alles machen kann, Peter! Man kann damit rühren und raspeln, Peter! Und wenn Sie jetzt bestellen, bekommen Sie nicht nur das 27-teilige Set zum Rühren und Raspeln, sondern noch den extra Ei-Trenner dazu!" - Kunststoffdinger aus den Dauerwerbesendungen, aber für den Preis habe ich es mal ausprobiert - und was soll ich sagen, seither sieht man mich dümmlich lächelnd an einer Kunststoffkurbel drehen, denn ich rühre und raspele wie ein Küchenkönig.
Dann aber wieder: Eine Firma mit Sitz in England. Gut, gut, das werden die schon beherrschen heutzutage, und eine EU-Auslandsüberweisung ist ja ein Klacks, voraussichtliche Lieferzeit nach Deutschland drei Wochen - mithin lang und breit vor Weihnachten, prima. Man bekommt dann nach einer guten Woche den Hinweis, dass zwar die Bestellung, aber leider kein Geld eingegangen sei. Rückfragen bitte an diese und jene E-Mail-Adresse, man fragt also freundlich rück, bekommt als Antwort, dass man doch bitte das Kontaktformular verwenden solle, füllt dieses aus, wird benachrichtigt, dass man garantiert innerhalb von 48 Stunden angerufen werde - und wieder kehrt dieser weihnachtliche Friede ein, still ruht der See, fern jeder Alltagshektik lässt man es dann seinerseits für ein paar Wochen gut sein und ruft irgendwann seinen Bestellstatus auf, welcher freundlich verkündet: Lieferdatum voraussichtlich KW 1.
"Wie bei einer Tupperparty" sei es bei meinem geburtstäglichen Kaffeetrinken zugegangen, meinte jemand, und das stimmt schon, diese ganzen Fotobücher haben alle etwas unterschiedliche Formate, weil sie von ganz verschiedenen Anbietern stammen. Man befingerte die Bücher und fragte mich aus, wie so etwas denn gehe und was es koste und wo man es machen lasse, ich sagte dann: Eigentlich egal, das funktioniere immer ähnlich, man gestalte sein Buch mit einer Software und lade am Ende alles hoch, dann dauere es ein paar Tage und man bekomme das Buch zugeschickt. So war es bis dahin gewesen, die Anbieter unterschieden sich nicht groß, bis ich neulich aufgrund eines attraktiven Angebots wieder mal einen neuen ausprobierte, bei dem ich eines abends - aus Gründen - mit drei verschiedenen E-Mail-Adressen, und das wird noch wichtig, jeweils ein und dasselbe Fotobuch hochlud und bestellte. Fast vier Wochen später stellte ich von den drei E-Mail-Adressen aus folgende Anfrage:
Guten Tag, Meine Bestellung Nr. xyz ist noch nicht bei mir eingetroffen, wie ist der Status? Freundliche Grüße, nnier.Vier Tage später traf die erste Antwort ein. Sie lautete:
Sehr geehrter Herr nnier,An die zweite E-Mail-Adresse schrieb man wenige Tage später:
vielen Dank für Ihre Bestellung! Bei der Überprüfung Ihres Auftrages ist uns aufgefallen, dass Ihre Daten leider nicht an uns übertragen wurden - Ihre Bestellung daher nicht produziert werden kann. [...] Bitte öffnen Sie Ihre Software und klicken Sie in der oberen Menüleiste unter "Auftrag" auf "Datenuploader starten", damit sollten die Daten dann alle übertragen werden. [...] Sollten wider Erwarten keine Daten übertragen werden, dann müssten Sie den Auftrag erneut durchführen und wir verrechnen dies mit der geleisteten Zahlung. Hierfür gehen Sie bitte, wie folgt vor. [...]
Sehr geehrter Kunde,Und noch einen Tag darauf fand ich im dritten Posteingang folgendes:
wir haben alle Ihre Daten erhalten und Ihren vollständigen Auftrag in den Druck gegeben. Ihr Auftrag wird kommende Woche Ihnen zugestellt werden. Bitte entschuldigen Sie die Verzögerung.
Hallo,Eindeutig der sympathischste Anbieter also, die Kundenservicemails so rührend und individuell wie Weihnachtskarten, auf Anfrage nenne ich Ihnen gerne die Firma! Nutzen Sie dazu bitte mein Kontaktformular und ich rufe Sie garantiert innerhalb von 48 Stunden zurück, jedenfalls wenn ich gerade eine Hand frei habe, denn mir kommt gerade eine Idee, man kann doch bestimmt auch eine Ingwerwurzel in den Kitchen King geben und dann kräftig draufloskurbeln.
Ihre Bestellung befindet sich noch in der Produktion.
Voraussichtlich wird Ihr Fotobuch nächste Woche an Sie verschickt.
Link zu diesem Beitrag (15 Kommentare) | Kommentieren [?]
I don't drink water. Fish fuck in it.
(W. C. Fields)
Schwester! Soll ich Flöhe in' Bauch kriegen?In meiner Grundschulklasse gab es einen Jungen ägyptischer Herkunft. Beim Hausmeister konnte man in der Pause Getränke kaufen, die seltsamerweise "eine" Kakao hießen, im Winter konnte man "eine warme" oder "eine kalte" Kakao verlangen, das hatte ich schnell gelernt, "eine Vanille" trank ich ab und zu auch, das ließ ich mir als Ellipse gerne gefallen, bloß mit der Geschmacksrichtung "Banane" hatte ich meine Probleme: "Eine Banane", das sagten die alle so, mir wollte das nicht über die Lippen kommen, und eines Tages, denn ich wollte die auch gerne mal trinken, brachte ich genügend Mut auf, "eine Bananenmilch" kaufen zu wollen. Man sah mich abschätzig an, die Gespräche verstummten, der Hausmeister griff betont langsam hinter sich und sagte gedehnt: "Hier, bitte. Eine B-a-n-a-n-e-n-m-i-l-c-h."
(Schiffskoch Heinrich zu Schwester Agatha, "Timm Thaler")
Zu Hause berichtete ich, dass man den Viertelliter frische Vollmilch in der Schule für 25 Pfennig kaufen konnte, mithin also günstiger als in der Literpackung bein Konsum, und so praktisch in diesen kleinen Portionen, doch mein Vorschlag, ich könne ja die Milch immer dort kaufen und mit nach Hause bringen, wurde trotzdem abgelehnt: Die ist subventioniert und für die Schulkinder gedacht. "Eine Banane" mochte ich schon deshalb so ungern bestellen, da ich befürchtete, dass man mir eine gelbe Südfrucht in die Hand drücken würde, dann wäre ich ins Stottern gekommen und hätte so tun müssen, als wäre es genau das gewesen, was ich hatte haben wollen, und so blieb es in der Grundschulzeit bei einer einzigen Bananenmilch. Obst gab es übrigens tatsächlich manchmal zu kaufen, was die beschriebene Gefahr durchaus realistisch erscheinen ließ, Äpfel zumeist. Einmal, im Herbst, standen große Kisten mit nicht immer ansehnlichen, aber sehr aromatischen Äpfeln da, die man sich einfach nehmen konnte. Ein Bürger hatte diese Äpfel den Schulen gespendet, mir schmeckten sie ganz wunderbar, es war nur schwierig, das zuzugeben inmitten von Kindern, die laut "Ihhhh!" riefen, weil diese Äpfel wie Äpfel aussahen, die mal an einem Baum gehangen hatten, manche leicht schrumplig oder mit einer kleinen Stelle. Zwei Tage lang wurden diese Äpfel auf dem Schulhof durch die Gegend geschossen und geworfen, ich musste mir dann vorstellen, dass der Bürger am Schulhof vorbeispazieren würde und sich das ansehen musste.
"Magst du eigentlich Wasser?", fragte mich in einer Pause mein ägyptischer Mitschüler, "ich trinke nie mehr Wasser!", und bevor ich fragen konnte, fuhr er fort: "Wir haben doch gelernt, dass aus Pisse Wasser wird." Tatsächlich hatten wir etwas über Klärwerke und den Wasserkreislauf gelernt, das ihn tief beeindruckt haben musste, denn mit großem Ernst sah er mich an und sprach: "Wenn aus Pisse Wasser wird, dann ist Wasser Pisse." Er nahm einen Schluck von seiner kalten Kakao, deutete mit dem Finger auf mich, und sein Blick wurde noch eindringlicher.
Pyramiden, Pharaonen, Sphinx und Alexandria: Bleiben Sie mir weg mit Ihren ägyptischen Assoziationen von der Stange. Mein Leben lang nämlich schießen diese eindrucksvollen Worte durch meinen Kopf, ein Satz, den ich nie vergessen werde: "Und wenn du Wasser trinkst, dann trinkst du Pisse!"
Link zu diesem Beitrag (1 Kommentar) | Kommentieren [?]
... hier geht's zu den --> älteren Einträgen *
* Ausgereift und gut abgehangen, blättern Sie zurück!
* Ausgereift und gut abgehangen, blättern Sie zurück!