
Es gab wohl nichts Unglamouröseres als dieses Kartenspielen, doch war ich begeistert und jahrelang dabei. In den Pausen saßen wir da und spielten Skat oder Doppelkopf, und oft genug verabredeten wir uns abends und am Wochenende, buken eine gigantische Pizza mit allem, was die Vorratsschränke so hergaben, aßen Kühlschränke und tranken Keller leer und spielten bis zum Morgengrauen. Gerne erinnere ich mich an das Spiel, als jemand fröhlich seine blanken Asse durchgebracht hatte und nun begann, seinen Gegenspielern ihre paar niedrigen Trümpfe herauszuziehen. Das Spiel hatte ich innerlich verloren gegeben, als ich das leise Zwinkern meines Mitspielers bemerkte. Er hatte zwei Karten in der Hand und ließ diese unauffällig auf den Tisch sinken, woraufhin ich ebensolches tat; und als der Spieler mit wachsender Begeisterung seine stehenden Trümpfe der Reihe nach ausgespielt hatte,
Ein richtiger Skatspieler sagt "Grang", auch wenn er Grundzüge des Französischen beherrscht, das ist wie in der Arbeitswelt, in der alle von "Stati" sprechen, man ist dann ja immer wieder in diesem Dilemma, als eingebildeter Bildungsspießer entweder mit dem korrekten Plural "Status" anzuecken oder sich mit Erfindungen wie "Statuswerte" um den offenen Widerspruch herumzudrücken. Man fordert Rewangsch, nicht Revanche, und wenn es dann doch mal zum seltenen Fall eines Grand Hand kommt, kann man sich nicht nur über das großartige Blatt freuen.
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*Dass ich zuerst einen so unlogischen Blödsinn schreiben konnte, ohne hohntriefende Kommentare zu ernten, könnte für das Taktgefühl meiner Leser sprechen. Aber wahrscheinlich haben die einfach keine Ahnung vom Skatspielen. Ts.
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Ah, ich kann's genau bestimmen: im Dezember war's, dem grimmen,
und der Kohlen matt Verglimmen schuf ein Geisterlicht so leer.
(Aus E. A. Poe: Der Rabe)
Vorbemerkung: Schon klar, ihr ökologischen Blockwarte, dass ihr jede freie Diskussion unterbinden wollt, denn bestimmt wart ihr es, die die Besucher dieses Blogs persönlich daran gehindert haben, den vorangegangenen Beitrag wie gewohnt zu kommentieren* - bzw. überhaupt nur zu lesen, denn ihr wisst ja, was gut für die Menschen ist, gell, und habt das Recht auf eurer Seite, so wie Stalin damals, man muss bloß mal so einige Kommentare unter dem Glühlampenartikel in der taz lesen, dann merkt man, woher der Wind weht: Gehirn aus, Energiesparlampe an, und dann fröhlich Leute gängeln! Auf freiwilliger Basis geht nix, eh, "vic"!
Aber wisst ihr was, ganz ehrlich, ich bin eigentlich auch einer von den Guten. Ich fahre z.B. viel Fahrrad und möchte heute zu diesem Thema sprechen, wenn's genehm ist, den Motor lasse ich nebenbei laufen, dann kann ich mich besser konzentrieren.
Fangen wir mal mit dem grünen(!) Condor an: Eigenmarke von Karstadt, der Verkäufer hatte es wärmstens angepriesen, ich war ein Weilchen damit herumgefahren, bis es mich einmal hingeschmissen und dem Radl dabei gleich den ganzen Rahmen verzogen hatte. Nun stand ich in der Karstadt-Werkstatt, der Meister sah sich das Fahrrad fachkundig an und stellte fest, dass es in der Mitte, dort, wo die Pedale sitzen, nach rechts geknickt war. "Sind nicht mehr die stabilsten!", tat er kund, hob das ganze Fahrrad über seinen Kopf und hieb es, WAMM!, WAMM!, zweimal waagerecht in Höhe des Tretlagers auf den Schraubstock an seiner Werkbank. Dann prüfte er, ein Auge zugekniffen, nach, ob die Linien nun wieder in der richtigen Flucht verliefen, hob das Rad erneut an und semmelte es mit erhöhter Wucht, WAMM!, WAMM!, WAMM!, noch ein paar Mal auf die stabilen Stahlbacken. Ohne weiteren Kommentar gab er mir das Fahrrad zurück, und ich weiß nicht mehr, was diese Reparatur gekostet hat, doch erinnere ich mich gut daran, dass ich beim Hinausgehen überlegte, was in dieser Werkstatt wohl stattfand, wenn kein Kunde anwesend war.
Einige Jahre später, zu Abi-Zeiten, kaufte ich ein gebrauchtes, gut erhaltenes Raleigh-Rennrad für sehr faire 370.- DM, es war schön leicht und der Rahmen aus elliptischem Rohr gefertigt, es hatte dünne Rennradfelgen und ich flitzte jahrelang damit herum, bis es gestohlen wurde. Allerdings hatte ich festgestellt, dass mir die gebückte Rennradhaltung nicht guttat und dass ich viel eher ein gemütliches Stadtfahrrad brauchte. Ein (gebrauchtes) Mountainbike wurde dann auf Anhieb gestohlen, ein (geerbtes) und fast unbenutztes, solides Peugeot-Herrenrad mit großartiger 7-Gang-Nabenschaltung war nach ebenso kurzer Zeit weg, so dass sich etwa ab diesem Zeitpunkt für mich das Thema "teure Fahrräder" definitiv erledigt hatte. Statt dessen kaufte ich billige Neufahrräder - teilweise kann man ja für unter 200.- EUR Herrenräder mit einer Shimano-Schaltung bekommen, dieser Name stand ja mal für das Gute, das Raleigh hatte zumindest, so meine ich, auch eine besessen.
Leider sahen diese Billigräder, jedenfalls fürs nicht fachkundige Auge, auch noch ganz ansehnlich aus, so dass ich nicht nur regelmäßig auf mein "schickes" Fahrrad angesprochen, sondern auch weiterhin gelegentlich bestohlen wurde. Da ich nun mal keinen Spaß daran habe, an Fahrrädern herumzubasteln, gewöhnte ich mich an den Gedanken, ab und zu mal ein neues und billiges Fahrrad zu kaufen, auch wenn ich tief drinnen wusste, dass vieles wenig reparaturtauglich und mehr auf Effekt als auf Langlebigkeit hin konstruiert worden war. Benutzte ich zwischendurch einmal das tolle, teure, inzwischen 15 Jahre alte und seltsamerweise in all den Jahren nicht weggeklaute Damenrad der Gefährtin, dann wurde ich daran erinnert, wie leicht, stabil und insgesamt einfach wertig sich ein Fahrrad anfühlen kann.
Im letzten Sommer bekam ein jüngeres Familienmitglied aus den beschriebenen Gründen - Diebstahlrisiko, dazu das Vandalismusproblem leider auch vor der Schule - ein ebenso billiges Blenderfahrrad wie ich. Es kostete 189.- EUR, es war regelmäßig kaputt, der lokale Fahrradladen nahm für die fälligen Reparaturen und Ersatzteile insgesamt fast 150.- EUR ein, davon die Hälfte erst vor vier Wochen für ein neues Hinterrad (Achsenbruch!) und ein Rücklicht. Seit vorgestern ist dieses Fahrrad aber endgültig kaputt, der Umsetzer von der Schaltung am Hinterrad hat sich in die Speichen gewickelt und ich habe die Faxen dicke.
Textaufgabe
Rechnung 1: Ein Damenfahrrad hat vor 15 Jahren 1700.- DM, also gute 850.- EUR, gekostet und seither vielleicht noch 300.- für Reparaturen und Inspektion, und es ist immer noch ein gutes Fahrrad.
Rechnung 2: Ein Herrenrad hat vor einem Jahr 189.- EUR gekostet, dazu knapp 150.- EUR für Reparaturen und Ersatzteile, und es ist nur noch ein Haufen Schrott.
Was ist billiger? Erläutern und begründen Sie Ihre Ansicht.
Es bleibt allerdings das Problem mit den Diebstählen, ein wirklich teures Fahrrad mag ich mir nicht kaufen. Also schaut man doch mal nach gebrauchten Fahrrädern, in dieser Jahreszeit leider ein schwieriges Unterfangen, die Läden haben schlicht nichts im Angebot, und privat gibt es viel Müll und sonst kaum etwas - aber dann findet man eines aus der Zeit, als die Postleitzahlen noch vierstellig waren, ein nicht besonders schönes, stellenweise leicht vom Flugrost befallenes und doch auf Anhieb vertrauenerweckendes, stabiles, leicht laufendes Fahrrad zu einem Preis etwa in Höhe dessen, was die beiden hochwertigen Mäntel, die auf den Felgen sitzen, vermutlich kosten.
Das Fahrrad nehme ich für mich selber; die Reaktion einer jungen Person ("Iiih! Dein altes sah viel besser aus!") stimmt mich zuversichtlich, dass auch das Diebesgesindel sich von äußerem Blendwerk mehr als von inneren Werten leiten lässt, und mein letztes Blenderrad darf nun von einer anderen jungen Person zuschandengefahren werden. Aber dann ist Feierabend.
Die gelben Aufkleber werde ich wohl noch ablösen. Und auch dann wird aus meinem Raben kein Schmuckstück - aber alt werden, das kann so eine ordinäre Saatkrähe auch ganz gut.
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*Na gut. Einer hat sich inzwischen doch getraut. Aber das ist selber so ein Renegat.
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Gerne leiste ich meinen Beitrag zu Straßenbau und Schilderwald, antworte ich, und statt mich über die perversen Strafsteuern zu ärgern, genieße ich lieber das schöne Gefühl, zu wissen, dass mir schon bald eine ganze Ampelanlage gehört. Im übrigen muss man so etwas halt wollen und dem mit nur noch äußerst fadenscheinigem Ökomäntelchen bedeckten, stalinistischen Industriepolitikterror des Konsumpflichtkomittees mit buddhistischer Gelassenheit begegnen, indem man sich die passende Umweltplakette beschafft und außerdem den unteren Mittelstand fördert - also die kleine Autowerkstatt regelmäßig frequentiert.
Ich tuckere also gemütlich mit bescheidenem Verbrauch durch die Landschaft und werde von tonnenschweren Gefährten röhrend überholt, in denen Klimaanlagen laufen und fette Dolby-Surround-DVD-Anlagen stündlich ihren Liter Sprit wegschlürfen, während vorne stolz das grüne Plakettchen prangt, denn man hat ja erst kürzlich Gutes getan und das gar nicht mal so schlechte Altauto in die Presse gegeben, um zwoeinhalbtausend Euros aus dem Steuersäckelchen einzustreichen und einen Neuwagen zu kaufen.
Ich aber lehne mich gegen die Ökodiktatur auf und weigere mich, dieses Auto, das einfach nicht rosten will und ohne Computerdiagnose reparierbar, mithin vollkommen
Auf die Dauer ist es dennoch kein schönes Gefühl, z.B. als Deutscher vor einer Tunneleinfahrt mit einer Schlange von Österreichern hinter sich, so dass man also die Werkstatt aufsucht, die eben nicht sofort sagt: Alles raus, alles neu, sondern die meint: Ich kann Ihnen natürlich einen neuen Anlasser einbauen, aber wenn er so schön anspringt, dann warten Sie doch erst mal ab, ob das so bleibt.
Wenn es tatsächlich so bleibt, sucht man irgendwann das Internet ab und lernt, dass exakt jenes Phänomen, die spezielle Alterrsschrulle des so liebenswerten Gefährts, seit Jahren beschrieben wird und dass der Grund in 95% der Fälle darin liegt, dass der Zündanlasschalter nicht so alt wird wie der Rest des Autos. Man kann den dann übrigens einfach so austauschen, die freundlichen Autoschrauber in den Foren bebildern und beschreiben alles so genau, dass auch ich mich herantraue - Ersatz ist nicht teuer, allerdings wartet ein wenig Fummelei auf einen und man könnte einen abgewinkelten Kreuzschraubendreher gebrauchen, da zwischen Lenksäule und Schraubenkopf nur sehr wenig Platz ist, aber mit einer Kombizange und einem Kreuzschraub-Bit kommt man auch zurecht - wenn man einkalkuliert, dass das Bit etwa zehnmal herunterfällt und dann meistens unter dem Kupplungspedal, neben dem man mit seinem Kopf liegt, wiederzufinden ist.
"Ah! Ich gehöre zu den auserwählten 5%!", schmunzelt man später, wenn man gerade überzeugt sein will, dass er nun oft genug angesprungen ist und plötzlich doch das wohlbekannte "Pff!" hört. Und nun wird's kompliziert, es kann hieran und daran liegen und man muss messen und prüfen und probieren. Nix für mich, ich weiß ja nicht mal, wo der Anlasser überhaupt ist - aber dann fördere ich eben wieder den unteren Mittelstand, morgen, das ist doch auch was. Und danach kann ich endlich wieder Glühlampen schmuggeln, ihr Schweine von der Ökomafia.
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*Ich geb's ja zu: Das ist nicht meine Idee. In einer der letzten Zeit-Ausgaben war etwas Ähnliches im Feuilleton zu lesen, da oben rechts in dieser Spalte, wo oft die ganz avantgardistische Lyrik zu finden ist. Ich habe mich über diese Zeilen so gefreut, dass ich sie Ihnen gerne gezeigt hätte. Und schon kommt die Fruchtfliege ins Spiel: Man kann ja dieser Tage mehrmals täglich den Biomüll rausbringen, es nützt nichts, das ist ein elendes Geschwirre die ganze Zeit, morgens verdunkelt sich geradezu der Himmel, wenn man zur Nektarine greifen will, um mit dieser das Haferflockenmüsli ein wenig anzureichern, ich meine: Was heutzutage alles "Müsli" genannt wird, oft sind das die reinsten Süßigkeiten! Bunt und voller Zucker! Aber man hat ja mal gelernt, dass Müsli "gesund" sein soll und schaufelt Sachen in sich rein, die hätte man früher einzeln als Süßigkeit gegessen. Wie mit dem Joghurt übrigens, mit dessen bulgarischer Säure ja auch jeder gesundheitliche Mehrwert längst mit dem Verfall des Zloty zu vergleichen gewesen wäre, und ich jedenfalls esse seit Monaten morgens meinen Teller mit den Haferflocken. Nicht diese "blütenzarten", so nennt man die doch, diese zerkleinerten, die in Nullkommanix zu Pamp werden, aber auch nicht diese ultrabrutalen aus dem ganzen Korn mit allen Hüllen, sondern einfach nur ganze, plattgedrückte, aber natürlich zuvor geschälte Haferflocken. Es ist erstaunlich, wie die sättigen, und gesund soll's obendrein sein - bitte, das stört mich überhaupt nicht, und ich bin mit dem Geschmack vollauf zufrieden, bloß im Sommer, wenn das ganze süße, frische Obst da ist, da kann man schon mal was dazugeben - ist meine Meinung. Gelegentlich übrigens auch eine zerdrückte Banane, das erinnert mich dann irgendwie an früher. Bananen gehen zur Zeit ja gar nicht, die sind schneller braun als man gucken kann, und die Fruchtfliegen! Ich habe manchmal diese ganz schmale Düse an den Staubsauger gesteckt, mit der man so gut in die Ecken kommt oder auch hinter die Heizung, und das ist schon ein beeindruckender Sog dann da vorne - Staubsauger, übrigens, werden ja immer noch mit ihrer Leistungsaufnahme beworben: Toll! 1300 Watt! Ist ja super, wie viel Strom der verbraucht! Dabei kommt es doch nur auf die Saugkraft an der Düse an; und dafür haben sie, wie ich mal gelesen habe, noch gar keine geeignete Messgröße. Es kommt nämlich nicht nur darauf an, wie man zunächst meinen könnte, dass pro Zeiteinheit möglichst viel Volumen durchgeblasen wird. Sonst würden die wie irre Luft umwälzen, hätten aber kaum Schmalz dahinter - kann man sich ja vorstellen, so ein Fön z.B. wirbelt umgekehrt ja auch ganz viel Luft durch sich hindurch und könnte trotzdem keinen Autoreifen mit Luft befüllen. Und mit der Düse bin ich dann immer in die Nähe von den Fruchtfliegen, da war wohl auch ne Prise Sadismus dabei, aber die können echt nerven. Und wie die dann da reingezogen worden, ssst! Ssssst!, das hat mir richtig Spaß gemacht, und ich habe stundenlang die ganze Küche leergemacht, also: wollte ich, denn immer, wenn ich dachte, na, das wars jetzt, waren doch wieder welche da. Vielleicht sind die in der Zwischenzeit auch schon wieder geschlüpft, die sollen doch so eine wahnsinnig schnelle Generationenfolge haben - Lieblingstier der Genetiker wird man ja nicht von ungefähr. Und weil ich es ja trotzdem nicht aufgebe (man könnte auch sagen: Leben und leben lassen, und der Sommer geht auch wieder vorbei, aber mir ist das dann doch zu unangenehm mit diesen Fruchtfliegen), bringe ich also mindestens einmal täglich den Biomüll raus, egal, wie viel oder wenig es ist. Wir trennen ja nach wie vor den Müll, auch wenn viele sagen, dass das purer Betrug ist und man könnte heutzutage eigentlich locker alles wieder in eine einzige Tonne werfen, da hat sich sortiertechnisch wohl so einiges getan in den letzten Jahren, und gerade im technischen Bereich sind die Deutschen ja nach wie vor. Ich fände das auch nicht schlecht - alleine schon, was man plötzlich wieder für einen Platz im Vorgarten hätte! Gelbe Tonne, schwarze Tonne, braune Tonne, also die Biotonnen sind bei uns braun, und viele haben dann noch die blaue, fürs Altpapier, aber mir reichen drei Tonnen wirklich dicke und das Papier wird ja auch gebündelt vom Straßenrand mitgenommen, nach wie vor. Und jedenfalls in der Küche haben wir dann halt drei Mülleimer, einmal gelber Sack, einmal Bio, einmal Restmüll, und das Altpapier kommt in so eine Schublade. In die Eimer lege ich dann also grundsätzlich erst mal eine alte Zeitung unten rein, damit die alles aufsaugen kann, was da eventuell mal vorbeigeht, das bringt wirklich was, und dann in die Tüte vom Biomüll aber zusätzlich auch immer noch eine Lage Zeitungspapier innen rein, denn das ist doch oft recht flüssig da, mit all den Essensresten und so weiter, und übrigens lege ich auch nach jeder Leerung der braunen Tonne eine alte Zeitung unten rein, die den Schmodder da aufsaugen soll, im Winter hilft das übrigens auch gegen das Festfrieren. Dass die auch im brütenden Sommer die braune Tonne nur alle zwei Wochen holen, finde ich persönlich ja etwas wenig. Man kann auch Eierkartons reinwerfen, das mache ich auch, aber die verwenden wir halt auch mehrmals und es sind nicht immer genug da, na, und die Lokalzeitung habe ich schon vor ein paar Jahren abbestellt, auch wenn ich den Lokalteil manchmal doch vermisse. Na, und da kommen diese Gratiszeitungen ins Spiel, also nicht die ganzen Werbebeilagen, das ist ja Hochglanz, sondern ich meine das, was wirklich Zeitungspapier ist. Man bekommt wenigstens noch mit, was in der Stadt und im Stadtteil los ist, auch wenn das oft wirklich grauenhaft geschrieben ist, na, "Zeitung" ist ja auch geschmeichelt. Aber ich kann die halt gut für den Biomüll gebrauchen. Und manchmal macht dann jemand die Schublade mit dem Altpapier ganz leer, bringt übereifrig alles raus, und dann stehst du da mit deinem leeren Biomülleimer und denkst: Na toll, Altpapier rausbringen ist ja gut und schön, aber das müssen die doch langsam wissen, dass so zweidrei Zeitungen immer drinbleiben sollen, und weil du aber weißt, dass sich sonst keiner darum kümmert und du am Ende wieder der bist, der dasteht und stundenlang den Mülleimer von innen schrubbt, weil das klebrige Zeug da rausgelaufen ist, gehst du dann halt hin und nimmst ein Stück von der Zeit, die du zur Seite gelegt hattest, und du hast gleich ein komisches Gefühl, aber dann denkst du: Gelesen ist sie, und alles aufheben kannst du ja nun auch nicht, und schon ist die Seite weg mit diesen "ungeschriebenen Romanen" oder "ungedrehten Spielfilmen" oder wie das hieß. Aber ich hab's dann halt mal selber versucht da oben, und was ich übrigens auch noch empfehlen kann, ist dieser Artikel.
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Mag sein, dass es mir leichter fällt, in ein Buch hineinzuschmieren, das ich umsonst bekommen habe - aber ich konnte nicht umhin, ein paar Stellen zu kennzeichnen, die mir besonders unangenehm aufgefallen sind.

Es geht dabei um Formulierungen wie:
- "Hier alles irre teuer" rief sie. "Aber für Herr mit Deutschmark billig immer noch."Weder glaube ich der Polin, dass sie "irre teuer" sagt, noch gefällt mir die unvermittelte und gewollte, möglicherweise anbiedernde Derbheit des "Arsch", und in welcher Hinsicht man eine Begegnung mit einem Kursverfall vergleichen kann, verstehe ich schon gar nicht, doch sind das kleine, ohne den textlichen Zusammenhang möglicherweise gar nicht nachvollziehbare Ärgernisse.
- Nur weil er und ich vor einem halben Jahrhundert Arsch neben Arsch die Schulbank gedrückt haben sollen?
- ... wäre die zufällige Begegnung zwischen Witwer und Witwe mit dem Kursverfall des Zloty zu vergleichen gewesen.
Das größere Problem habe ich mit der umständlichen Konstruktion: Statt eine Geschichte zu erzählen - also, da sind ein deutscher Witwer und eine polnische Witwerin, die lernen sich da und da kennen und die Umstände sind die und die - wird eine vollkommen überflüssige Schicht dazwischen eingebaut. Der Erzähler bekommt nämlich die Aufzeichnungen des erwähnten Witwers zugeschickt, aus denen er die Geschichte mehr oder weniger nacherzählt, und fügt deshalb ständig Bemerkungen ein wie "Schon rede ich, als wäre ich dabeigewesen" oder "Dann schwiegen sie. Oder richtiger: ich vermute Schweigen zwischen dem Paar."
Ständig wird daran erinnert, dass dieses aus der Kladde des Witwers stamme (und deshalb, aufgepasst!, auch anders gewesen sein könne), dass der Erzähler sich jenes selber vorstelle (weshalb man, aufgepasst!, nicht sicher sein könne ...), eine penetrant herumwabernde Metaebene also, auf die ich dann auch noch ständig mit der Nase gestoßen werden, bis ich rufen will: "Ja, verdammt, und wozu?"
Nun habe ich prinzipiell nichts gegen umständliche Konstruktionen, einige meiner liebsten Bücher sind alles andere als geradeaus erzählt, bei GG frage ich mich allerdings ernsthaft, ob diese Erzählhaltung zu irgendwas gut ist außer dazu, den Leser permanent zu nerven. Und wenn man sich die Kritik von MRR am Nachfolgeroman Ein weites Feld mal in Ruhe durchliest, wenn man das dumme Spiegel-Titelbild versucht beiseitezulassen, kommt einem einiges doch sehr bekannt vor:
Ein so sorgfältig kalkulierender Artist wie Sie, Günter Grass, mußte irgendwann die Fragwürdigkeit, ja die Unmöglichkeit dieser Konzeption schon merken. Sie schreiben: "War Fonty ohne seinen Tagundnachtschatten vorstellbar? Hätte dessen Abwesenheit nicht sogleich eine Geschichte beendet, deren Pointen vom Echo lebten und, mehr oder weniger mißtönend, zweistimmig gesungen sein wollten? Was bleibt übrig, fragten wir uns, wenn Hoftaller wegfällt?" Und etwas weiter: "Hoftaller war nicht sterblich!" - sehr richtig: Was nicht lebt, kann nicht sterben. Und daß die Geschichte zweistimmig gesungen sein wollte, stimmt nicht. Denn eine Geschichte gibt es hier eben nicht, leider.Ja, hach, der Witwer behauptet in seinen Briefen irgendwas, woran sich der Erzähler nicht genau erinnert - ich bin erst auf Seite 54 und habe schon keine Lust mehr, denn ich ahne, dass es den Aufwand nicht lohnt, einem Schriftsteller dabei zuzusehen, wie er aus seiner Konstruktion nicht mehr herausfindet.
Ärgerlich wird es auch dann, wenn der Autor GG z. B. nicht dazu stehen will, welche Vornamen er seinen beiden Hauptfiguren verpasst hat - das klingt dann so:
Was hilft es, wenn seinem nur berichtenden Mitschüler [...] dieser Gleichklang zu stimmig ist, passend allenfalls für ein Singspiel nach berühmtem Vorbild, geeignet für Märchenfiguren, doch nicht für dieses vom Zufall verkuppelte Paar; es muss dennoch bei Alexander und Alexandra bleiben, schließlich ist es deren Geschichte.Es gibt übrigens unendlich viele Krimis, in denen irgendwann davon die Rede ist, dass etwas "wie in einem schlechten Krimi" geschehe; ein alter und dann doch zu simpler Kniff.
Den ganzen Debatten um seine SS-Mitgliedschaft, die GG "zu berichten vergessen" hatte, bin ich nicht ernsthaft gefolgt. Woran ich mich jedoch erinnere, ist, dass auch seine Einlassungen zu diesem Thema diesen merkwürdigen Meta-Sound hatten, ungefähr so: Hier ist der Bericht des Jünglings, der ich einst war, und der mich an dieses und jenes erinnert hat ...
Beim (oberflächlichen) Suchen finde ich in diesem Zusammenhang z.B. folgendes Zitat von ihm:
Es ist ja eine Binsenwahrheit, daß unsere Erinnerungen, unsere Selbstbilder trügerisch sein können und es oft auch sind. Wir beschönigen, dramatisieren, lassen Erlebnisse zur Anekdote zusammenschnurren. Und all das, also auch das Fragwürdige, das alle literarischen Erinnerungen aufweisen, wollte ich schon in der Form durchscheinen und anklingen lassen. [...]Das Buch, von dem da die Rede ist, kenne ich nicht. Dennoch bin ich mir ziemlich sicher, dass ein vorangestellter Absatz für die begriffstutzigeren unter den Lesern ("Übrigens: Das hier sind meine Erinnerungen, alle Angaben ohne Gewähr - aber ich versuche es trotzdem so gut ich kann. Ihr GG.") für eine gewisse Entspannung gesorgt und womöglich ein paar interessante Auskünfte auch zu dem SS-Thema ermöglicht hätte, z.B.: "Ich hätte es am liebsten vergessen, ich wusste nicht, wie ich damit umgehen sollte, und später konnte ich es erst recht nicht mehr sagen, aber nun tue ich es aus den und den Gründen doch" - nur mal so als Beispiel, ich weiß das ja alles nicht.
Viele Autobiographien versuchen dem Leser weiszumachen, eine Sache sei so und nicht anders gewesen. Das wollte ich offener gestalten, deswegen war die Form für mich so wichtig.
Aber nun genug davon, und ich weiß natürlich, dass Sie dieses Blog nur der Bilder wegen anklicken, dazu bin ich Realist genug und es macht mir auch nichts aus.

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