Mumien, Analphabeten, Diebe.
Du hast's gut, du hast dein Leben noch vor dir.
Dienstag, 9. Dezember 2008
Mumpatz 11:1
nnier | 09. Dezember 2008 | Topic Sprak
Die zwei Büchlein Der weiße Neger Wumbaba und Der weiße Neger Wumbaba kehrt zurück von Axel Hacke habe ich gerne gelesen. Der Titel, das nur kurz für diejenigen, die noch nichts davon gehört haben, geht auf eine wunderschöne Fehlleistung zurück, nämlich auf einen falsch gehörten Vers des Abendliedes Der Mond ist aufgegangen:
Der Wald steht schwarz und schweiget
Und aus den Wiesen steiget
Der weiße Nebel wunderbar
- und das ist schon eine tolle Geschichte von dem Kind, das eben immer den "weißen Neger Wumbaba" vor seinem geistigen Auge aus den Wiesen steigen sah. (Übrigens gefällt mir das Titelbild von Michael Sowa zum ersten Band mindestens genausogut.)

Leider habe ich durch die Lektüre auch gelernt, dass manche liebgewonnene Fehlleistung doch nicht, wie ich jahrelang glaubte, exklusiv in meiner Familie auftrat, sondern auch anderswo. Einzelne Überschneidungen mit in den beiden Büchern geschilderten Verhörern sind deshalb im folgenden nicht ganz zu vermeiden.

Seasons in the Sun heißt ein schwermütiges Lied von Terry Jacks, das ich in sehr frühen Kindertagen mit dem elterlichen Uher-Tonbandegrät oft und gerne anhörte. Von dem tragischen Inhalt - immerhin liegt hier jemand auf dem Sterbebett und verabschiedet sich von Freund, Vater und Geliebter - verstand ich natürlich nichts und wusste schon gar nicht, dass ein Lied von Jacques Brel Pate gestanden hatte, welches ins Englische übersetzt und dann für die Hit-Version des Herrn Jacks textlich entschärft worden war. Dennoch, man hört Ergreifendes:
Goodbye to you, my trusted friend
We've known each other since we were nine or ten
Together we climbed hills and trees
Learned of love and ABCs
Skinned our hearts and skinned our knees
Goodbye my friend, it's hard to die
When all the birds are singing in the sky
Now that the spring is in the air
Pretty girls are everywhere
When you see them I'll be there
Für mich war das damals eins dieser vielen Lieder, bei denen man nun mal nichts verstand - doch jedes Mal, wenn ich mit den Augen den rotierenden Tonbandspulen folgte und den Refrain hörte, wusste ich genau: Das Lied hieß Sieben Säcke Sand! ("We had joy, we had fun, we had seasons in the sun"); hat ja auch irgendwie was Schweres an sich, so eine Menge Sand.

Weihnachten war nicht nur das Fest mit Maria, Josef und dem Kind in der Krippe. Es gab ja noch diese beiden Frauen, die jedes Jahr besungen wurden ("Oh, du Fröhliche / Oh, du Selige!") und die ich immer etwas gouvernantenhaft imaginierte - ein Lied übrigens, über das ein Bekannter mal berichtete, er habe sich immer angesprochen gefühlt ("Udo fröhliche, Udo selige"); außerdem Owi, den anderen Sohn Gottes, mithin des Neugeborenen Bruder, der aber nirgends abgebildet war ("Gottes Sohn Owi lacht"); den braven Herrn Einsam ("alles schläft, Einsam wacht"); den Alten Knaben ("Alter Knabe mit lockigem Haar") - sie alle kommen in dem Lied Stille Nacht vor.

Was mich an eine Stelle aus dem katholischen Gottesdienst erinnert, die mich fast in den Wahnsinn getrieben hat. Bis ich längst erwachsen war, verstand ich nicht, warum sich der Pfarrer vor der Kommunion so ungeschickt ausdrückte:
... nahm er das Brot und sagte dann, brach es, reichte es seinen Jüngern und sprach: Nehmet und esset alle davon ...
"Nahm er das Brot, sagte dann, brach es, reichte es seinen Jüngern und sprach" - in der Kirche war ja nicht immer alles logisch, das nahm ich auch hin, aber dieses stets wiederkehrende "sagte dann" machte mich verrückt. (Zum Glück wurde ich irgendwann erlöst. Es heißt: "Nahm er das Brot, sagte Dank, brach es, reichte es seinen Jüngern.")
Hejo, spann den Wagen an
Denn der Wind treibt Regen übers Land
Bring die goldnen Gaben,
Bring die goldnen Gaben
Das fand ich ungerecht: Hejo musste bei Regen immer Gold heranschaffen, und sein Herr tat dabei noch so freundlich! "Goldne Gaben" einzufordern erschien mir doch arg euphemistisch, mir war klar: der Sänger war ein ganz schlechter Mensch, der den armen Hejo ausbeutete. (Was Garben sind, sollte ich als Stadtkind erst viel später erfahren).

Mein Freund A. wollte eines frühen Abends unbedingt nach Hause, um im Fernsehen eine Folge der Serie Mumpatz 11:1 anzusehen, von der er begeistert erzählte und die ich nicht kannte. Ich durfte mit und fand die Serie dann auch ganz toll. Aber der Titel lautete doch ein wenig anders, nämlich ... ja, wie denn? Darüber darf jetzt gerne mal ein wenig nachgedacht werden.*

Unterdessen hole ich ein wenig aus und erkläre, dass derselbe A. über das Privileg verfügte, in der Hausmeisterwohnung der Firma M. zu wohnen, da sein Vater diesen Posten bekleidete und so manche Scheibe, die wir vom Hof aus mit einem harten Gummiball (aber das gehört jetzt nicht zum Thema), einer Firma jedenfalls, die unter anderem Farbmusterkärtchen herstellte, für Lackfarben beispielsweise, "und aber auch" (Berti Vogts, 2001) für das Nähgarn eines bekannten Herstellers. Im Hinterhof der Firma stand stets ein Müllcontainer, in den die Firmenabfälle entsorgt wurden und in den A. trotz mütterlichen Verbots auch den Hausmüll der Familie schmiss, da der Weg zur privaten Mülltonne unwesentlich weiter gewesen wäre. Auf diese Weise stets über den aktuellen Inhalt des Containers informiert, meldete A. regelmäßig, wenn wieder Garnrollen darin zu finden waren. Wir stiegen dann hinein und füllten Plastiktüten mit beeindruckenden Mengen, die wir gut auf dem Flohmarkt verkaufen konnten, denn es fehlte an jeder Rolle nur eine kleine Menge Garn, was mich zwar irritierte und an der Effektivität der Farbmusterkartenproduktion zweifeln ließ, vor allem aber erfreute, da sich so doch das eine oder andere Yps-Heft finanzieren ließ.

Man muss außerdem wissen, dass A. einer der Menschen war, an deren Dativ-Akkusativ-Verwechslung ich mich irgendwann gewöhnt hatte: "Ich hab' ihn ein Bein gestellt", "Den haue ich eine rein", so Sachen.

Trotzdem war ich etwas irritiert, als A. mich eines Tages anrief und sagte, ich solle eine große Tüte mitbringen, "wegen den Negern". Wie bitte? "Wir wollten doch wieder das mit den Negern machen!", beharrte A., und es dauerte ein Weilchen, bis ich verstand, dass "Nähgarn" gemeint war, klar, "wegen dem Nähgarn" - so versnobt war ich nun nicht, hier auf dem den dem den Genitiv Wert zu legen und bin thematisch übrigens fast genau da gelandet, wo ich angefangen habe.

---
*Ernstgemeinte Zuschriften an diese Adresse

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Montag, 8. Dezember 2008
Save $500 on your choice of Diapers!
nnier | 08. Dezember 2008 | Topic Spam
Von: Year’s supply of Diapers [jcramer@estimates100000.c*m] Fr 05.12.2008 19:42

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Daten- und Lichtkotze
nnier | 08. Dezember 2008 | Topic Brainphuq
Mal wieder raus aus der Teilebahn, rein ins echte Leben, es ist schließlich Montag! Mit blinzelnden Augen Orientierung suchen. Immerhin: ein Lindt-Nikolaus auf dem Schreibtisch. [Edit: Nein, Augen noch mal blankgeputzt, es ist kein Nikolaus, sondern dieses amorphe, rotweiße Dingsbums mit Glöckchen und Teddy und Geschenkpaketen. Ein Nikolaus sieht ja so aus.] [EditEdit: Was es alles gibt! Der Verlag unterstützt mit diesem Schoko Nikolaus die Aktion "Weihnachtsmannfreie Zone" des Bonifatiuswerkes.]
~
Stop den Wahnsinn: Unterbezahlte Callcentermitarbeiter verhökern nebenbei ein paar Daten, in -zig Internetshops hat man seine Bankverbindung samt Adressdaten schon selber eingetragen, bei jedem ebay-Handel wandern sie ebenso selbstverständlich über den Tisch - und so weiter. Diesen restlichen Mist mache ich aus Prinzip nicht mit, ein Konto brauche ich dann aber doch, deshalb mal ganz pragmatisch: Sollte man einfach einen Schnitt machen, die Bank wechseln und irgendwo ein neues Girokonto eröffnen?
~
Das Licht ist nicht für mich: Lichtkotze nannte der Don mal das, was aus Energiesparlampen so rauskommt, und er hat nicht ganz Unrecht damit. Ich hab's oft versucht und versuche es auch immer wieder. Aber: Sie geben funzeliges Licht. Sie sind beim Einschalten noch funzeliger. Und sie gehen dermaßen schnell kaputt, so viel Strom kann ich gar nicht sparen, um den hohen Anschaffungspreis wieder reinzuholen! 10 000 Betriebsstunden Lebensdauer? Ha ha! Ich benutze die Dinger aus Vernunftgründen dort, wo sie schön abgeschirmt sind und täglich lange brennen. Und die Aussicht auf ein Verbot normaler Glühlampen finde ich furchtbar.
~
"Kaufen Sie Zwiebeln statt Kiwis! Diese sind billiger und außerdem länger haltbar" (stand mal im deutschen MAD, daran muss ich irgendwie gera

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Samstag, 6. Dezember 2008
Ich komme hier zu gar nix mehr!
nnier | 06. Dezember 2008 | Topic Sprak
Wenn ich nicht mit dickem, rotem Schwitzkopf auf dem Sofa liege, dann esse ich einfältig grinsend dieses fantastisch scharfe, asiatisch anmutende Geflügelgericht mit Reis, Pilzen und Gemüse, dessen Duft mir erst stundenlang in die Nase steigt, bis ich an den Tisch gerufen werde und vor Freude das Reden komplett einstelle, um dann vollkommen geschafft aufs Sofa zurückzukehren - oder ich folge einer interessanten Diskussion über sprachliche Vielfalt, Verflachung und so Sachen, bzw. beteilige mich manchmal auch am, wie es mein Mitschüler T. mal nannte, Labern übers Labern (1, 2, 3, 4).

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Donnerstag, 4. Dezember 2008
Tuck, tuck, tuck
nnier | 04. Dezember 2008 | Topic 'umor & more
Es ist meine erachtends nichts witziges daran Menschen mit Sprachfehlern darzustellen [...] Für Fans mag das alles erträglich sein aber die Figuren haben mich keines falls amüsiert oder sonstiges.*
Gelegentlich habe ich schon auf das Hörwerk Trittschall im Kriechkeller hingewiesen, das mir inzwischen zu einem Begleiter geworden ist, den ich nicht mehr missen möchte. Heinz Strunk, der auch alle Rollen spricht, blättert das Leben des Jürgen Dose vor uns auf. Manches kommt einem bekannt vor, wenn man etwa Fleisch ist mein Gemüse gelesen hat: Jürgen Dose lebt mit seiner kranken Mutter zusammen, es geht um "Biester" und ums "Melken". Und doch ist alles anders, trauriger, ernster, verstörender. Ich versuche, durch ein paar Zitate einen kleinen Einblick zu geben:

Über den Alltag:
Im Bett ist es ganz warm, würd ich gern drinbleiben. Doch nützt es alles nix, muss ich schließlich raus. Das Leben ist schwer, doch man muss lernen, es zu meistern.

Ich arbeite bei einer Zeitarbeitsfirma, da werd ich überall und nirgends eingesetzt. Mal zwei Wochen im Großmarkt und dann drei Tage im Supermarkt zum Beispiel. So bleibt das Berufsleben interessant!

Über Jürgens besten Freund, Bernd Würmer:
Seitdem ist Bernd mutterseelenalleine, und er hat viel Zeit für seine Hobbys, nämlich: Insekten und Motorsport. Bernd selbst fährt viel mit seinem eigenen Auto spazieren. Er sagt dann immer: "Lieber Nürburgring als Ehering". (Jürgen lacht sich beim Erzählen kaputt).

Über seine Kindheit:
Nach dem Essen konnte ich nach Herzenslust toben und spielen. Anstatt aber, wie die anderen Kinder, draußen an der frischen Luft und im Wald mich aufzuhalten, machte ich es mir lieber im Kriechkeller gemütlich. Oft saß ich stundenlang bewegungslos dort unten herum und zählte die Schwitzwassertropfen, die von der Decke rannen. Der Kriechkeller wurde so etwas wie mein geheimes Refugium, in dem ich schalten und walten konnte, so wie es mir beliebte und ich mich nicht dem Willen anderer zu unterwerfen hatte wie zu Hause [...] Manchmal fing ich einige Schuster, Milben und sonstiges Ungezifer und führte es seinem gerechten Schicksal zu. Hier war ich Herr über Leben und Tod!

Nachdem man Jürgens Leben in seinen Facetten kennengelernt hat, wird das Werk gegen Ende immer psychotischer. Da geht es in Stupor, einem auch musikalisch unglaublich dichten Stück, um obsessive Selbstbefriedigung, da werden Motive und Gedankenfetzen aus den vorangegangenen Stücken wiederaufgenommen ("Ich bin Dose, Jürgen Dose, will ans Licht, doch das geht nicht. Steh im Schmand, ein Dunkelmensch, das Licht ist nicht für mich. Ich bin Dose, Jürgen Dose, gehör dahin, wo Moos gedeiht, leg ich mich dazu, das helle Licht ist nicht für mich!"), bevor Jürgen Dose im letzten Stück seine allabendliche Erlösungsphantasie beschreibt:

Jeden Abend vor dem Einschlafen träume ich davon, erschossen zu werden. In Polen. Diesem dunklen, schweren Land im Herzen Europas. Die Phantasien sind unendlich süß und schwer. Irgendwo in einem kleinen Dorf werde ich von drei Männern auf einen etwas abseits gelegenen Acker geführt.

Tja, und wer wissen will, wie's weitergeht, der sollte sich diese schöne und traurige CD besorgen und die Zeit nehmen, sie anzuhören. Und nicht nur einmal. Dann merkt man vielleicht, wie tröstlich ein Lied namens Teilebahn klingen kann, auch wenn es sich so albern liest:

Tuck, tuck, tuck von ferne kommt sie angefahr'n
Fährt durch Wald und Auen, die schöne Teilebahn
Teilebahn aus Teilen: Eisen, Holz und Stein
Fahr'n alle gerne mit, egal ob groß, ob klein
Teilebahn ist ein Gefährt ohne Räder dran
Hat Kufen wie von Schlitten, trotzdem kann schnell fahr'n
Teilebahn ist sicher und geht nie kaputt
Teile kannst du tauschen, das ist sehr, sehr gut
[...]


Dann merkt man vielleicht, wie verzweifelt der Humor z.B. in dem Stück Selbsthilfegruppe ist, und dass es hier um wesentlich mehr geht, als "Menschen mit Sprachfehlern darzustellen" (s.o.). Ich bin mir sicher, dass sich längst nicht jeder "amüsiert oder sonstiges". Aber wer die Bücher von Heinz Strunk mag, sollte sich diese CD unbedingt anhören. (Und es ist ja klar, dass bei Transkripten wie oben Wesentliches verlorengeht, etwa Stimme, Betonung, Verhaspeln, Unsicherheit, Erregung, Scham, Wahn).

Übrigens: Heinz Strunk will keine Hörspiele mehr machen ("Mit Hörspielen habe ich abgeschlossen. Das ist erfolglos geblieben. Es gibt in Deutschland keinen Markt für lustige Kurzhörspiele"). Was für ein Jammer.

Was für ein Jammer!

--
*(Aus einer Kundenrezension bei einem großen Internetversandhaus)

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Mittwoch, 3. Dezember 2008
Was ich stattdessen alles tun könnte!
nnier | 03. Dezember 2008 | Topic Brainphuq
• Farbe beim Trocknen zusehen (in Zeitlupe)
• Tastatur umdrehen, schütteln, schmackhafte Mahlzeit zubreiten
• Schwarzes Quadrat auf weißem Grund malen
• Jemanden nicht mal ignorieren
• Dreizehner Maulschlüssel im Monatsabo verkaufen
• Die zwei Zeugen Jehovas an der Ecke totschweigen

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Someone has sent you a Red-Lobster Coupon Codes
nnier | 03. Dezember 2008 | Topic Spam
Von: Dinner is served [RestaurantRewards@crabmiamin.c*m] Di 02.12.2008 18:42

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