Mumien, Analphabeten, Diebe.
Du hast's gut, du hast dein Leben noch vor dir.
Sonntag, 23. November 2008
Weißes
nnier | 23. November 2008 | Topic Musiq
Can you take me back where I belong
Can you take me back?
Can you take me back where I belong
Brother, can you take me back?

(The Beatles)



Vierzig Jahre alt ist das Weiße Album jetzt offiziell. Für mich vielleicht dreißig; und ich hörte es nicht mit dem Dual, sondern mit dem Grundig-Radiorekorder von einer gekauften, bespielten, teuren MusiCassette ("MC"). Das Album war eines der letzten, die mir noch fehlten, bis ich es dann in Form dieser Kassette endlich zum Geburtstag bekam - und während ich einige Stücke wie z.B. Back in the USSR schon vom "Blauen" kannte (recht spät wurde mir klar, dass das Rote und das Blaue Doppelalbum retrospektive Kompilationen waren, das Weiße hingegen eine "normale" Platte), war doch sehr viel Neues auf der sogenannten "Doppelkassette" (die einfach eine längere Spieldauer hatte und dadurch immer bandsalatgefährdet war). Ganz offiziell beim alteingesessenen Musikhaus Hack* gekauft und in ihrer blauen(!) Plastikhülle mit EMI-Prägung war sie sicherlich keine Fälschung, und doch wies sie eine Eigenschaft auf, die sich noch heute auf mich auswirkt. Es war nämlich so, dass die Reihenfolge der Titel gegenüber der Schallplatte geändert war. Und so endete zwar die Seite eins der Kassette mit Julia, so wie die zweite Seite der ersten Platte des Doppelalbums, es ging aber nicht mit Birthday, sondern mit Everybody's Got Something to Hide Except Me and My Monkey weiter und die drei eigentlich davor eingeordneten Stücke Birthday, Yer Blues und Mother Nature’s Son folgten später, zwischen Long, Long, Long und Revolution 1. Und das ist durchaus bedeutsam, denn ich hatte nur diese Kassette, auf deren Einlegehülle die Lieder auch in genau dieser Reihenfolge aufgelistet waren. Ich hörte sie jahrelang aus übrigens einer wachsenden Anzahl von Lautsprechern, denn, der Firma Grundig sei's gedankt, mein Mono-Kassettenrekorder verfügte nicht nur über einen eingebauten Lautsprecher, sondern auch über einen Ausgang, an dem man per Klinkenstecker einen externen Lautsprecher anschließen konnte. Und da ich über grundlegende technische Kenntnisse (ich konnte Glühbirnchen an eine 4,5-Volt-Blockbatterie anschließen) und genügend Bastellust verfügte, kam ich nach jedem Sperrmüll mit neuen Lautsprechern nach Hause, die ich aus alten Fernsehern oder Radios herausgeschraubt hatte und nun willkürlich in Reihe oder parallel mit irgendwelchen Drähtchen von der elektrischen Eisenbahn an das vorhandene System anschloss, indem ich die Enden der dünnen Litzen von der Isolierung befreite und sie mit dem Lautsprecher auf der einen und einer willkürlich gewählten Anschlussstelle auf der anderen Seite verzwirbelte. Dass man auf Feinheiten wie z.B. die Polarität hätte achten können, dass es Hoch-, Mittel- und Tieftöner gibt, war mir nicht bekannt und auch egal, solange die Musik aus allen Ecken des Zimmers erscholl. Was war schon Stereo! Sogar einen Telefonhörer verbaute ich und konnte damit bei meinen Freunden ordentlich Eindruck schinden. Noch heute staune ich, dass der Verstärker im Radiorekorder dies alles mitgemacht hat, denn es muss ihm eine enorme Leistung abverlangt worden sein. Und in diesen Zeiten hörte ich nichts anderes als Revolver, Sgt. Pepper's Lonely Hearts Club Band und eben das Weiße Album, wenn ich nicht doch mal zur Abwechslung eine andere Beatleskassette einschob. Man stelle sich nun vor, wie es auf mich, der jeden Ton und jedes Wort und jede Pausenlänge zu kennen glaubte, gewirkt hat, als ich in Beatlesbüchern die Titellisten studierte: Beim Weißen Album machten sie immer denselben Fehler! Warum bloß? Zweifel begannen an mir zu nagen. Und als ich in den frühen 90ern schließlich doch das Weiße Album auf CD kaufte, konnte ich der Wahrheit nicht mehr entgehen: Ich war einer Lüge aufgesessen.

Ja, werdet ihr sagen, sowas gehört nun mal zum Erwachsenwerden dazu, und ihr hattet es auch nicht leicht. Weltbilder geraten ins Wanken und wir merken nicht nur, dass wir von nun an niemals mehr sicher sein können, sondern auch, dass es die Sicherheit, die wir zuvor zu haben geglaubt hatten, nie gegeben hat**. Ich weiß. Und wenn Birthday nach Julia kommt, werde ich daran immer wieder erinnert.

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*Vgl. Oktober 1994
**Habe ich neulich irgendwo gelesen.

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Samstag, 22. November 2008
In der Crew des Marquis
nnier | 22. November 2008 | Topic Brainphuq
Das sieht dann so aus, daß Sie Ihre Sympathie nicht ausdrücken können und statt dessen eine dumme Bemerkung machen. Daß Sie nicht sagen mögen, daß Sie jemanden lieben, und daß Sie ihn statt dessen zwicken und kneifen. Daß Sie das Gefühl haben, Sie spüren das Leben besonders intensiv, wenn es schmerzt. [...]

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Subtle sounds
nnier | 22. November 2008 | Topic In echt
Eins der schönsten Geräusche ist das von unberührtem Schnee auf einer Wiese, über den man mit grobbesohltem Schuhwerk läuft, kein Pulverschnee darf es sein, sondern der sog. "Papp-" oder "Packschnee", aus dem man auch die guten Schneebälle machen kann.

Dass ich älter werde, merke ich an der (für mich neuen) Hoffnung, "gut über den Winter" zu kommen.

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Freitag, 21. November 2008
"Da habe ich draufgekotzt!"
nnier | 21. November 2008 | Topic In echt
... grinste mich dieser eine Mitschüler in der Oberstufe an, neben dem ich im Englischkurs saß und der öfter mal spätnachts am Gänseliesel mit einer Flasche Rotwein o.ä. anzutreffen war, als ich ihn, gleichzeitig die Luft anhalten und nach Luft schnappen wollend, nachdem er sich neben mich gesetzt hatte, ob der unmenschlichen allzu eindeutigen Gerüche wohl doch ziemlich entsetzt angesehen haben muss, und zeigte dabei triumphierend auf seinen Wintermantel, der nur Zentimeter entfernt von meiner eigenen Jacke und damit auch von mir über seiner Stuhllehne hing. Während dieser Schulstunde konnte mich dann nur schlecht konzentrieren, so wie einige Monate später vermutlich auch die Sparkassenmitarbeiter in der repräsentativen Hauptstelle gegenüber des alten Rathauses, die es damals noch gab, als ich eines Tages dem Kassierer in seinem Schalter nur noch zuraunen konnte: "Mir wird schlecht ... ich glaube, ich muss mich übergeben", er mich gerade noch rechtzeitig aus der Schalterhalle und im Laufschritt in einen langen Flur führte, mir bedeutete, dass "unten die Toiletten" seien, ich an lauter offenen Bürotüren vorbeirannte und dann doch zu früh und aus vollem Lauf meterweit und in hohem Bogen so heftig in den Flur reiherte, dass es keiner Special-Effects-Abteilung bedurft hätte ... der Rückweg durch denselben Flur, eine halbe Stunde später und nach ausgiebiger Fortsetzung des begonnenen Werks eine Etage tiefer, war eine der demüti interessantesten Erfahrungen meines Lebens. Komisch - warum ich daran heute die ganze Zeit denken muss? Einen Moment, mir ist den ganzen Tag schon so flau, ich glaube, ...

Bis später (vielleicht!)

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Donnerstag, 20. November 2008
Hundstage
nnier | 20. November 2008 | Topic Klar jewesn
Heute morgen beim Verlassen des Hauses musste ich wie jede Woche an eine Zeichnung des anbetungswürdigen Genies Fil denken, die (in meinem Gedächtnis zumindest) folgendermaßen gestaltet ist: Man sieht einen jungen Mann mit einem Gesichtsausdruck irgendwo zwischen Genervtheit und Fatalismus sowie einige tief befriedigt grinsende Hunde und die dazugehörigen Haufen. Über dem Bild steht: Ich hasse Hunde, weil ich ihnen ihre niedrigen Gedanken schon von den Augen ablesen kann. In den Denkblasen der Hunde stehen Dinge wie: "Schei-ßen! Schei-ßen!", "Erst mal ordentlich einen abdrücken!" usw.

Meister Fil hat einen eigenen Artikel verdient, den er auch irgendwann bekommen wird, ich aber stolpere nicht nur in diversen Blogs über das Thema Hund, sondern auch regelmäßig im letzten Moment um ihre Hinterlassenschaften herum, was mich - wie jeden Stadtbewohner - entsetzlich wütend macht und eins der langweiligsten Themen überhaupt ist. Es ist ja schon alles tausendfach gesagt worden über Hundescheiße und Hundehalter, asoziale Onkel und alleinstehende Omis, und, ja, auch ich kenne diesen einen lieben Hund oder sogar zwei, und natürlich läuft das eigentliche Problem am anderen Ende der Leine - bzw. eben auch nicht, so wie einmal, als ich mit einer Freundin und deren kleinem Sohn an der Leine (sorry), d.h. in Göttingen am Fluss, spazierenging, zwei entsetzlich aussehende und aggressiv bellende Viecher auf uns zurannten, ich den kleinen Jungen schnell auf den Arm nahm und die Hunde so wild um uns herumsprangen, dass mir beinahe nicht nur das Herz in die Hose gerutscht wäre. Auf die Vorhaltungen der Mutter gegenüber dem Hundebesitzer, der irgendwann dahergeschlendert kam, rief dieser den zwar zutreffenden, aber trotzdem komplett schwachsinnigen Satz: "Hier sind aber die Leinewiesen!", was mir jede Illusion über eine Einsichts- oder auch nur Denkfähigkeit dieses Zeitgenossen nahm. Und auch die Dumpfbacken, die am sommers von vielen Menschen zum Baden genutzten Unisee ihre besten und wahrscheinlich auch einzigen Freunde trotz Verbots ins Wasser treiben oder an den Sandstrand mit den Kinderspielgeräten scheißen lassen, machen oft schon vom Gesicht her einen dermaßen unintelligenten und renitenten Eindruck, dass man es nach der dritten pampig-aggressiven Antwort lieber sein lässt und beginnt, über Pfefferspray und vergiftete Köder nachzudenken. Aber natürlich träfe man damit ziemlich sicher die falschen, nämlich nicht die, die noch begeisterte Zustimmung erwarten, wenn ihr stinkendes und sabberndes Kalb einen anspringt und "nur spielen" will, auch nicht die dumme Frau, die auf dem übervölkerten Flohmarkt einen Riesenhund mit sich führen zu müssen glaubt, der dann einen nervösen Sprung macht und einem kleinen Kind direkt ins Ohr bellt, das daraufhin erschrocken losheult und dessen Mutter dann noch vergleichsweise freundlich ein "Muss das denn sein mit dem Hund?" von sich gibt, woraufhin die Hundehalterin schnippisch entgegnet: "Er wird das Kind schon nicht umbringen, mein Gott!" und dabei theatralisch genervt die Augen rollt. Wie gerne hätte ich da ein Nebelhorn zur Hand gehabt. Aber das sind Phantasien, und so bleibt auch mir nur, aufs nächste Mal zu warten, da ein Hundebesitzer sagt: "Das hat der aber noch nie gemacht!", während er seinen Vierbeiner krault und das Opfer der Hundeattacke vorwurfsvoll ansieht.

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*Ich reiche ein Foto per Kommentar nach, wenn mir die technischen Möglichkeiten dazu wieder zur Verfügung stehen. Sie entstammt dem großartigen Frühwerk Die ulkigsten Kommix fon Phil.

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Dienstag, 18. November 2008
Das fümmundreißichfache Geld
nnier | 18. November 2008 | Topic Musiq
Ich war ja diesseits des Mississippi einer der ersten, die einen CD-Brenner hatten. In meinem individuell zusammengestellten Tower mit Pentiumprozessor und 4-Gigabyte-Festplatte befanden sich ein teures Plextor-CD-Laufwerk und ein noch viel teurerer Yamaha-CD-Brenner, alles in sogenannter SCSI-Technik, weil, wie mir der Mann im Computerladen gesagt hatte, das "am Prozessor vorbei" gehe und für Audio-CDs auch die einzig akzeptable Möglichkeit sei. Drei goldfarbene Mitsui-Rohlinge à 6,90 DM bekam ich als Dreingabe, so dass ich gleich ans Werk gehen und meine erste CD brennen konnte, in diesem weihevollen Moment natürlich nicht irgendwas, sondern eine 1:1-Kopie der Götterplatte Abbey Road. Als ich diese in den CD-Spieler meiner Stereoanlage einlegte, welcher die CD problemlos schluckte und Titelzahl sowie Gesamtlaufzeit korrekt anzeigte, war ich schon sehr erregt, und als ich "Play" drückte und in großartiger Qualität John Lennons "Here come ol' flattop" aus den Lautsprechern schallte, war ich innerlich erschüttert ob der Möglichkeiten, die sich mir nun zu bieten schienen. Und tatsächlich brannte ich in den Folgejahren, obwohl die CD-Rohlinge wirklich noch spürbar Geld kosteten, alles, was mir irgendwie zwischen die Finger kam. Da ich keinen Scanner, aber ein Grafikprogramm und einen Farbdrucker besaß, erstellte ich mit mal mehr und mal weniger Mühe Phantasiehüllen, indem ich irgendwelche Clipart-Grafiken auf die Vorderseite packte und für die Rückseite mühsam alle Titel abtippte - sowie entsprechende Labels zum Draufkleben (nicht wie heute, da ich auch nur noch schnöde mit dem Edding auf die CD kritzele). Denn schließlich sollten diese CDs ähnlich repräsentativ im CD-Regal stehen wie meine "echten". Und, da die Rohlinge so teuer waren, musste der Platz auch voll ausgenutzt werden, so dass sich merkwürdige Zusammenstellungen wie "Portishead: Dummy / Mike & The Mechanics" ergaben.



Es kam natürlich alles anders, als ich mir das vorgestellt hatte - die meisten CDs habe ich nie wieder angehört, und nun verblassen die Hüllen und die CDs lösen sich auf (trotz vorbildlicher Aufbewahrung in der Hülle bröckelt's massiv und einige Scheiben werden vom Abspielgerät schon nicht mehr angenommen). Aber manchmal ist es doch schön, auf einen solchen Fundus zurückgreifen zu können*, so wie gestern, als ich, da ein Mitglied meines Haushalts das Gedicht vom Herrn von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland auswendig lernen muss, mich an eine "Best-of"-CD von Achim Reichel erinnerte, der das Gedicht ja mal vertont hat, und überhaupt hatte es mich schon seit Wochen gejuckt, endlich mal wieder "Der Spieler" zu hören, ich suchte die CD also heraus, staubte die Hülle ab und legte sie ein. "Der Spieler": Was für ein Song!

Ich kenne weder Achim Reichel noch Jörg Fauser besonders gut. Dass der letztere das Lied des ersteren betextet hat, wusste ich bis eben nicht, wundert mich aber wenig, denn der Text hat wirklich literarische Qualität. Und auch meine zwei lieben, erheblich jüngeren Mitbewohner reagierten zutiefst beeindruckt nicht nur auf die Musik und den großartigen Gesang des Herrn Reichel, sondern eben auch auf den Text, der sie geradezu in seinen Bann zog und gespannt fragen ließ: Schafft der das? Kommt die 17 noch mal?
Ein schönes Lied.
Und am Hafen heul'n die Schiffe
Die Möwen schrei'n sich heiser
In der Dämmerung wird's dunkel und
Der Wind wird leiser
Leiser
Leiser.
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*Ja, ihr Kids habt heute fünfhundertmal soviel auf euren MP3-Playern.

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Adolf Merckle verhandelt über Staatsbürgerschaft
nnier | 18. November 2008 | Topic Klar jewesn
Las ich da zuerst und fragte mich, wohin der denn auswandern will, aber es heißt natürlich "Staatsbürgschaft" - ach so, das wieder, weil, nämlich, wer "sein weitverzweigtes Firmenimperium oft durch gewagte Finanzkonstruktionen vorangebracht hat", der behält das Geld, ist ja seins, bis er mit gewagten Börsenspekulationen mal eine Milliarde verballert, dann kommt ja das mit der Staatsbürgschaft.

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