... neuere Einträge
Zuletzt habe ich gar nicht mehr darauf geachtet, ob das noch so ist, aber es gab eine Zeit, in der die Einkaufswagen Zug um Zug mit Werbeschildern aus Hartplastik versehen wurden. Oder, fangen wir anders an: Ich habe als Kind mal ein Brausestäbchen im Wert von 5 Pfennig entwendet, das war in einem Ladengeschäft, das über Mittag geschlossen hatte, und ich konnte aus privaten Gründen durch das Treppenhaus hinein und sah mich um und es war niemand da und alles war voller toller Sachen und ich war noch ganz klein und ich hatte ein starkes Unrechtsgefühl aber dann auch wieder nicht weil die mir ja manchmal auch eine Kleinigkeit geschenkt hatten und die würden mir so ein Brausestäbchen jetzt bestimmt auch schenken aber leider ist gerade keiner da also was solls he he. Lassen Sie sich gewarnt sein: Der Preis ist viel zu hoch. Noch heute peinigt mich die Vorstellung, ich wäre damals beobachtet worden, von außen durchs Schaufenster oder von jemandem, der mir im Treppenhaus leise gefolgt war. DA SCHAU HER, WEN HABEN WIR DENN DA, DEINE ELTERN WERDEN STOLZ AUF DICH SEIN, GERADE VON DIR HÄTTEN WIR DAS NICHT GEDACHT und dann wache ich schweißgebadet auf. Das andere Mal war so ein Plättchen, das man einer Playmobilfigur unter die Füße klemmte, damit sie besser stehen konnte. Eine Kindergartenfreundin hatte die Figur zum Geburtstag geschenkt bekommen, die gönnte ich ihr auch von Herzen, aber diese Platte, die fand ich so attraktiv, die fand ich so toll, die MUSSTE ich einfach haben, die nahm ich mit, auch dafür habe ich jahrelang gebüßt, denn obgleich ich annehmen konnte, dass sie diese Platte nicht sonderlich interessieren, dass sie ihr Fehlen womöglich nicht mal bemerken würde, war mir natürlich klar, dass ich mein antisoziales und schlimm vertrauenbrechendes Handeln damit nur schönredete. Bald kam sie zu Besuch und ich fühlte den Irrsinn aufsteigen wie bei Poe, wenn die Polizisten nichts gefunden haben und schon wieder gehen wollen, aber der Drang einfach übermächtig wird und man sie mit in den Keller schleift und stolz die massiven Wände zeigt und noch demonstrativ dagegenklopft, bis die Katze in der Wand heult, und dann sagt man: Lass uns doch mit Playmobil spielen, schau, hier, siehst du, ich spiele ja am liebsten mit dieser Stehplatte, und die ganze Zeit beobachtet man die Spielkameradin, ob sich da Spuren der Irritation zeigen, aber auch wenn da keine zu sehen sind, ganz im Gegenteil zu den Schweißperlen auf der eigenen Stirn, findet man doch nie wieder seinen Frieden, bleibt da immer ein nagender Zweifel, und das ist es, was die Opfer den Tätern immer voraushaben werden. Was wollte ich noch gleich erzählen.
Das mit dem Einkaufswagen! Aber zuerst vielleicht noch die Dosen. Sie müssen sich vorstellen, was so eine Cola- oder Fantadose bedeuten kann. Sie ist viel zu teuer. Es gibt einen Automaten in der Schule, da kostet die Dose 80 Pfennig. Die Dosen kommen eisgekühlt heraus. Wenn man sie sich nach einer durchgeschwitzten Fußballmittagspause im Hochsommer auf dem Weg zum Klassenraum an die Stirn hält, zischt es. Dann muss man sie wieder hergeben, denn der Besitzer will sie trinken. Er reißt den Verschluss ab, das Geräusch ist für die Götter, dann hört man dieses Gluck! Gluck! Gluck! Gluck! Gluck!, und wenn man fragt: Darf ich einen Schluck, sagen sie: Ich lass dir was drin, und dann bekommt man einen winzigen, abgestandenen, lauwarmen Rest. Ich spiele mit meinem Freund Fußball. Eine Frau kommt langsam an. Sie ist schon älter. Sie trägt in jeder Hand einen Stoffbeutel mit Äpfeln. Sie fragt: Könnt ihr mir die nach Hause tragen, ich schaffe das nicht. Wir zögern. Es ist ziemlich weit. Sie sagt: Ihr kriegt auch jeder eine Mark. Dann machen wir's. Hinterher schäme ich mich. Die Cola will nicht schmecken. Wir verabreden uns abends an der Schule zum Fußballspielen. Wir sind nur zu zweit. Der Ball fliegt ins Gebüsch. Beim Suchen finde ich ZWEI PALETTEN COLA-/FANTA-/SPRITE-/LIFT-BÜCHSEN. Mein Herz schlägt bis zum Hals. Ich hole meinen Freund. Wir diskutieren hektisch. Dann spielen wir zur Tarnung weiter Fußball. Hoffentlich wird es bald dunkel. Absichtlich schießen wir den Ball ins Gebüsch. Bestimmt werden wir beobachtet. Heimlich stellen wir die Paletten an den Rand, nahe an den Weg. Wir holen unsere Fahrräder. Ob Verbrecher ihr Lager in den Büschen haben? Jeder klemmt eine Palette auf seinen Gepäckträger, dann rasen wir weg, jeder für sich, zu Hause bringe ich die Dosen in den Keller und hole sie nachts hoch, schiebe sie ganz weit nach hinten, ganz unten im Jugendzimmerschrank, und manchmal, lange nach dem Zähneputzen, wenn ich es nicht aushalte, trinke ich so eine Dose, damit sie endlich weg ist, viel zu warm, aber in den Kühlschrank kann ich sie nicht stellen. Ich sage es lieber noch mal: Lassen Sie es. Das ist es nicht wert.
Die Einkaufswagen. Dazu muss ich Sie kurz in die nächtliche Parallelwelt der überladenen Kleintransporter einführen. Stellen Sie sich eine subunternehmerische Mischkalkulation aus den Bereichen Zeitungen, Zeitschriften, Medikamente, Fotoarbeiten vor, bei der Sie von Ihren Auftraggebern vollkommen abhängig sind, so dass Sie mit den geleasten Fahrzeugen die Schwankungen der Benzinpreise selber ausgleichen müssen, selber am meisten arbeiten, ein paar junge Halodris beschäftigen, die dauernd Unfälle bauen und denen Sie nicht allzuviel Geld zahlen können. Am Ende gehen Sie natürlich trotzdem in Konkurs, aber das tut jetzt nichts zur Sache. Manche von Ihren Mitarbeitern tauschen vielleicht ein paar Extra-Zeitungen beim Dorfbäcker gegen eine Tüte Brötchen. Manche behalten die eine oder andere Remittende ("Wird doch sowieso vernichtet") zurück. Einer aber erzählt ganz stolz: Ich lasse mir meine Fotos umsonst entwickeln. Und ich muss zugeben, dass mir sein ausgeklügeltes System Bewunderung abrang: Er holte sich leere, unbenutzte Fototaschen in einem bestimmten Supermarkt, befüllte sie mit seinen Filmpatronen, schrieb Phantasienamen und -adressen drauf und mischte sie unter die anderen, eingesammelten Tüten. Einige Tage darauf, wenn die entwickelten Fotoarbeiten ausgeliefert wurden, durchsuchte er diejenigen, die an diesen speziellen Supermarkt gingen: "Wie hieß ich noch gleich - ah, ja!", zog die Fototasche heraus und sah sich zufrieden seine Vergrößerungen an. Das perfekte Verbrechen!, dachte ich bewundernd.
Die Einkaufswagen. "Ich habe mir da nicht irgendeinen Laden ausgesucht", sprach er, "wenn der nämlich zu klein ist und kriegt nur zwei Tüten am Tag, dann fällt die Differenz sofort auf. Aber zu viele dürfen's auch nicht sein, sonst muss ich ewig mein Tütchen da raussuchen! Der X ist genau richtig, ob der 52 oder 53 Tüten kriegt, merkt keine Sau. Aber weißt du, was bei dem auch total gut ist?", fuhr er fort, "Die haben jetzt diese Kunststoffschilder an ihren Einkaufswagen. Von beiden Seiten. Und dazwischen ist so eine Lücke, einen guten halben Zentimeter dick. Rate mal, was da wie angegossen reinpasst: CDs! Das klappt perfekt. Ich weiß schon gar nicht mehr, welche ich noch mitnehmen soll."
Für mich war das nichts und ist das nichts. Ich höre immer noch das Brausestäbchen knacksen. Lachen muss ich trotzdem.
Das mit dem Einkaufswagen! Aber zuerst vielleicht noch die Dosen. Sie müssen sich vorstellen, was so eine Cola- oder Fantadose bedeuten kann. Sie ist viel zu teuer. Es gibt einen Automaten in der Schule, da kostet die Dose 80 Pfennig. Die Dosen kommen eisgekühlt heraus. Wenn man sie sich nach einer durchgeschwitzten Fußballmittagspause im Hochsommer auf dem Weg zum Klassenraum an die Stirn hält, zischt es. Dann muss man sie wieder hergeben, denn der Besitzer will sie trinken. Er reißt den Verschluss ab, das Geräusch ist für die Götter, dann hört man dieses Gluck! Gluck! Gluck! Gluck! Gluck!, und wenn man fragt: Darf ich einen Schluck, sagen sie: Ich lass dir was drin, und dann bekommt man einen winzigen, abgestandenen, lauwarmen Rest. Ich spiele mit meinem Freund Fußball. Eine Frau kommt langsam an. Sie ist schon älter. Sie trägt in jeder Hand einen Stoffbeutel mit Äpfeln. Sie fragt: Könnt ihr mir die nach Hause tragen, ich schaffe das nicht. Wir zögern. Es ist ziemlich weit. Sie sagt: Ihr kriegt auch jeder eine Mark. Dann machen wir's. Hinterher schäme ich mich. Die Cola will nicht schmecken. Wir verabreden uns abends an der Schule zum Fußballspielen. Wir sind nur zu zweit. Der Ball fliegt ins Gebüsch. Beim Suchen finde ich ZWEI PALETTEN COLA-/FANTA-/SPRITE-/LIFT-BÜCHSEN. Mein Herz schlägt bis zum Hals. Ich hole meinen Freund. Wir diskutieren hektisch. Dann spielen wir zur Tarnung weiter Fußball. Hoffentlich wird es bald dunkel. Absichtlich schießen wir den Ball ins Gebüsch. Bestimmt werden wir beobachtet. Heimlich stellen wir die Paletten an den Rand, nahe an den Weg. Wir holen unsere Fahrräder. Ob Verbrecher ihr Lager in den Büschen haben? Jeder klemmt eine Palette auf seinen Gepäckträger, dann rasen wir weg, jeder für sich, zu Hause bringe ich die Dosen in den Keller und hole sie nachts hoch, schiebe sie ganz weit nach hinten, ganz unten im Jugendzimmerschrank, und manchmal, lange nach dem Zähneputzen, wenn ich es nicht aushalte, trinke ich so eine Dose, damit sie endlich weg ist, viel zu warm, aber in den Kühlschrank kann ich sie nicht stellen. Ich sage es lieber noch mal: Lassen Sie es. Das ist es nicht wert.
Die Einkaufswagen. Dazu muss ich Sie kurz in die nächtliche Parallelwelt der überladenen Kleintransporter einführen. Stellen Sie sich eine subunternehmerische Mischkalkulation aus den Bereichen Zeitungen, Zeitschriften, Medikamente, Fotoarbeiten vor, bei der Sie von Ihren Auftraggebern vollkommen abhängig sind, so dass Sie mit den geleasten Fahrzeugen die Schwankungen der Benzinpreise selber ausgleichen müssen, selber am meisten arbeiten, ein paar junge Halodris beschäftigen, die dauernd Unfälle bauen und denen Sie nicht allzuviel Geld zahlen können. Am Ende gehen Sie natürlich trotzdem in Konkurs, aber das tut jetzt nichts zur Sache. Manche von Ihren Mitarbeitern tauschen vielleicht ein paar Extra-Zeitungen beim Dorfbäcker gegen eine Tüte Brötchen. Manche behalten die eine oder andere Remittende ("Wird doch sowieso vernichtet") zurück. Einer aber erzählt ganz stolz: Ich lasse mir meine Fotos umsonst entwickeln. Und ich muss zugeben, dass mir sein ausgeklügeltes System Bewunderung abrang: Er holte sich leere, unbenutzte Fototaschen in einem bestimmten Supermarkt, befüllte sie mit seinen Filmpatronen, schrieb Phantasienamen und -adressen drauf und mischte sie unter die anderen, eingesammelten Tüten. Einige Tage darauf, wenn die entwickelten Fotoarbeiten ausgeliefert wurden, durchsuchte er diejenigen, die an diesen speziellen Supermarkt gingen: "Wie hieß ich noch gleich - ah, ja!", zog die Fototasche heraus und sah sich zufrieden seine Vergrößerungen an. Das perfekte Verbrechen!, dachte ich bewundernd.
Die Einkaufswagen. "Ich habe mir da nicht irgendeinen Laden ausgesucht", sprach er, "wenn der nämlich zu klein ist und kriegt nur zwei Tüten am Tag, dann fällt die Differenz sofort auf. Aber zu viele dürfen's auch nicht sein, sonst muss ich ewig mein Tütchen da raussuchen! Der X ist genau richtig, ob der 52 oder 53 Tüten kriegt, merkt keine Sau. Aber weißt du, was bei dem auch total gut ist?", fuhr er fort, "Die haben jetzt diese Kunststoffschilder an ihren Einkaufswagen. Von beiden Seiten. Und dazwischen ist so eine Lücke, einen guten halben Zentimeter dick. Rate mal, was da wie angegossen reinpasst: CDs! Das klappt perfekt. Ich weiß schon gar nicht mehr, welche ich noch mitnehmen soll."
Für mich war das nichts und ist das nichts. Ich höre immer noch das Brausestäbchen knacksen. Lachen muss ich trotzdem.
Ein millionenschwerer Software-Manager zahlte womöglich für Spielzeug bewusst zu wenig: Eine US-Handelskette beschuldigt ihn, mit gefälschten Barcodes die Preise von Lego-Baukästen manipuliert zu haben. In seinem Haus fanden Ermittler Tausende davon. [Q]
Link zu diesem Beitrag (11 Kommentare) | Kommentieren [?]
... hier geht's zu den --> älteren Einträgen *
* Ausgereift und gut abgehangen, blättern Sie zurück!
* Ausgereift und gut abgehangen, blättern Sie zurück!