Mumien, Analphabeten, Diebe.
Du hast's gut, du hast dein Leben noch vor dir.
Freitag, 10. Dezember 2010
Immer Spaß
nnier | 10. Dezember 2010 | Topic Gelesn
Die nette Frau macht ihre Vereinskneipe zu, denn das geht einfach nicht mehr, sagt sie, die Leute bringen sich ihre Brote und Thermoskannen selber mit, aber zum Abschied ist noch mal Sause mit richtig DJ, ich freue mich, wenn du auch kommst.

Es ist immer so eine Sache mit den Kosten, die man selber zu tragen hat, und den Dingen, die andere zahlen. Ich wundere mich z.B. darüber, dass die fünf großen Wasserhähne, unter welchen die kickenden Massen tagein, tagaus ihrer verdreckten Fußballschuhe abspülen, über einen einsamen, großen, roten Knopf angeschaltet werden und dann allesamt minutenlang Wasser speien, kubikmeterweise, auch wenn es nur ein einziges Paar Kinderschuhe ist, das gerade gereinigt werden will. Womöglich ist das aber auch wieder abgesprochen mit den Stadtwerken dem privaten Versorger, denn, wie ich neulich las, ist es gar nicht gut, wenn die Deutschländer nun ständig Wasser sparen. Die Leitungen werden dann nicht vernünftig durchgespült und die Abwasserkanäle vertrocknen:
Mitarbeiter der örtlichen Wasserwerke begeben sich beispielsweise zu Hydranten und lassen Wasser ab - nur, damit die erforderliche Fließgeschwindigkeit erreicht wird. Allein in Gelsenkirchen und Umgebung werden rund 800.000 Liter täglich abgelassen. Wasser, das die Gelsenkirchener nicht verbrauchen, weil sie "Wasser sparen". [Q*]
Bei meinen Besuchen auf dem Sportplatz jedenfalls unterstützte ich die Kneipe nach Kräften und sorgte meinerseits dabei für einen annehmlichen Wasserverbrauch in Form von Kaffee. Beim Warten am Tresen wurde ich dabei gelegentlich unfreiwilliger Zeuge vereinsinterner Dissonanzen, die sich in von Hicksen unterbrochener und mit schwerer Zunge vorgetragener Rede etwa wie folgt äußerten:

- "Da hädden noch paar hunnert Leude gepasst, mönsch, die paar Plakade doa!"
- "Was willst du denn, was will F. denn, das geht mir aufm Sack, M. und ich sind da tagelang durch die Geschäfte und kleben Plakade und jetz komms du!"
- "Da steht [Vereinsname entfernt] gegen SCO, mönsch, so klein, das muss anners!"
- "Ich und M. laufen uns da die Hacken ab und dann ist dir das auch wieder nicht recht oder was!"

Wir geben kurz zurück ins Funkhaus. Einige Tage vorher wollte ich nichtsahnend jemanden vom Training abholen und staunte über den gigantischen Stau sowie die wilden Parker in der weiträumigen Umgebung. "Was ist denn hier los, heute?", fragte ich verblüfft einen Passanten, der eiligen Schrittes auf die Sportstätte zustrebte. "Na, heute spielt hier doch Oberneuland!", rief er mir zu, und ich verstand.

- Das is den Leuden doch egal, ob hier A gegen B spielt, Alder, da muss SO FETT stehen: AILTON! Das interessiert die Leude!
- Nächsmal kanns du das machen, B., ich hab kein Bock mehr, ich reiß mir hier

Und so weiter. "Du denkst wohl auch, ein Antreiber ist mehr wert als zehn Arbeiter!" (Kimba, der weiße Löwe, Folge: Der Dschungel brennt), man kennt das ja.

Und tatsächlich war das Interesse immer noch groß, als der Kugelblitz im Sommer nach Bremen zurückkehrte und sich, gesponsort von einem Tankstellenbesitzer, beim Regionalligisten aus dem ländlichen Stadtteil mit den noblen Häusern verdingte. Noch heute bedaure ich, dass ich an jenem Abend nicht spontan genug war, mir das große Kind noch einmal anzusehen.

Ich kannte ihn schließlich schon, nicht nur aus dem Weserstadion, das ich damals öfter mal aufsuchte, sondern auch privat, d.h. vom Freimarkt, wo er mit Rosalie und den Kindern vorm Karussell stand und nicht so aussah, als hätte er Lust, Autogramme zu vergeben.

"Jemanden, der sagt: Ich gebe dir einen Euro und bringe zwei zur Sparkasse" hätte Ailton gebraucht, brachte es ein Freund auf den Punkt, als ich mein Erstaunen darüber äußerte, dass jemand, der Millionengehälter und üppige Handgelder eingestrichen hat, sich heute zum Privatmaskottchen eines Tankstellenbesitzers machen lassen muss. Folgerichtig endet die Geschichte, wie sie enden muss. Und es ist ganz schön schwierig, sich anzugewöhnen, beim Zähneputzen einfach das Wasser laufen zu lassen.

--
Ergänzungen:

"Im Dezember 2005 wurde Ailton für die weiteren Spiele aus dem Kader gestrichen, nachdem Aílton zuvor einen Fluchtversuch in Richtung Brasilien unternommen hatte, aber von Beşiktaş-Manager Mehmet Eksi noch am Flughafen gestoppt wurde."

"Bereits am 4. Januar 2008 wurde er allerdings von Trainer Rudi Bommer suspendiert, weil er nicht zum Rückrunden-Trainingsbeginn erschien."

"Nach nur zwei Ligaspielen wollte Aílton Donezk schon wieder verlassen, worum auch bald gestritten wurde: Donezk verlangte eine Ablöse, sollte Aílton den Vertrag vorzeitig auflösen, Aílton dagegen meinte, dass Donezk Vertragsinhalte nicht eingehalten habe."

"Im Januar 2009 stieg er aus seinem Vertrag bei Altach aus und kehrte auch nicht mehr zu seinem Stammverein nach Donezk zurück."

"Der Vertrag lief bis Ende November 2009, wurde aber im Juli 2009 wieder aufgelöst."

"Im März 2007 startete Aíltons ehemaliger Spielervermittler [...] eine Versteigerung beim Internetauktionshaus ebay, welche Trophäen und andere persönliche Gegenstände des Brasilianers beinhaltete. [...] Grund für die Versteigerung waren Helleckes Auskunft zufolge Schulden Aíltons bei seinem Berater."

[Quelle: Wikipedia]

--
* Eigentliche Quelle ist der gedruckte SPIEGEL, der in dem verlinkten Blog ausgiebig zitiert wird.

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