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"Die Zwetschen gehören der Firma M.!", keifte es vom Balkon eines nahegelegenen Hauses, und wäre ich auf dem Posten gewesen, dann hätte ich der kittelbeschürzten Dame entgegnet, dass man mit mir erstens, wenn überhaupt, gefälligst über Zwetschgen, mit "g", spreche, und zweitens aber ganz bestimmt nicht in diesem Ton. Leider fiel mir die passende Erwiderung wie so oft erst später ein, und außerdem war ich erst neun.
Mein Freund A., dessen Vater - ein weiteres, verpasstes Argument! - übrigens Hausmeister der Firma M. war, und ich duckten uns statt dessen weg, warteten kurz ab und aßen dann gierig weiter diese süßsauren, prallreifen Dinger, die sowieso niemand pflückte. So zweifelhaft wie diese moralisch doch etwas dünne Rechtfertigung unseres Handelns war dabei der Untergrund, auf dem wir uns bewegten, ein welliges Dach aus Kunststoff, unter dem Fahrräder abgestellt wurden. Es trug uns insgesamt sicher, ausgenommen an den Stellen, die so komisch knackten. So lernten wir im Lauf der Zeit, wohin wir besser keinen Fuß setzten, schoben vorsichtig die mitgebrachten Eimer voran und sahen uns gelegentlich um, denn einen gab es, dem wir nicht begegnen wollten: den Böttcher.
Unter den Kindern kursierten schlimme Geschichten über ihn: er sei ganz böse und habe schon mal jemanden geschnappt, festgehalten und schimpfend bis nach Hause gezerrt, wo es dann großen Ärger gegeben habe. Darauf waren wir nun doch nicht versessen - keifende Schürzenfrauen waren eine Sache, ein Mann, der einem hinterherrennt und einen packt, war eine andere. Und doch stand er plötzlich da, unten, am Fuße des Baumes, der Böttcher.
In Süddeutschland hätte man ihn Küfer geheißen, denn er hatte das altehrwürdige Handwerk der Fassbinderei gelernt. Man sah das an den schönen und auch an den kitschigen Stücken, die um sein Haus herum verteilt standen, allerlei Fässchen und andere Holzgefäße - man macht sich ja gar nicht klar, was für ein wichtiger Beruf das mal gewesen ist - und nun stand er da unten, sah zu uns herauf, stemmte die Hände in die Hüften und rief: "Was macht ihr da!?"
Wären wir nur zur Zwetschgenallee gegangen, dachte ich! Dort war es zwar insgesamt etwas schwieriger, an die Ernte zu kommen, es war weiter weg und man musste umständlich mit Räuberleiter auf den Baum klettern, aber dort war das Obst zweifelsfrei öffentlich, dort konnte niemand schimpfen, das hatten uns die Eltern ausdrücklich versichert! Wenn uns zwischendurch dennoch manchmal finstere Blicke zugeworfen wurden, hielten wir diese tapfer aus und schoben sie auf den heimlichen Neid derjenigen, die am Abend nicht mit zwei Wassereimern voller Zwetschgen versorgt waren und die nächsten Tage massenweise Kuchen und Kompott würden essen können.
Leugnen ist zwecklos, überlegte ich, der Böttcher steht da und alle Fluchtwege sind versperrt. Mit allem verfügbaren Mut antwortete ich: "Wir pflücken Zwetschgen. Die pflückt ja sonst keiner."
"So. Die schmecken euch wohl, was!", meinte der Böttcher und ging wieder weg. Einfach so! Wir konnten unser Glück kaum fassen, langsam kam das Blut zurück in die blassen Gesichter, wir erzählten uns gegenseitig, wie sehr wir erschrocken seien, dann atmeten wir noch mal befreit durch und begannen zu lachen, immer lauter, vor Erleichterung begannen wir, uns mit Zwetschgen zu bewerfen und trampelten dabei übermütig auf dem brüchigen Dach herum, sogar aus meinem Eimer nahm ich Zwetschgen, um A. damit abzuwerfen, als plötzlich eine dunkle Männerstimme von unten rief: "He! Ihr beiden da oben!"
Diesmal erschrak ich noch heftiger. Schuldbewusst sah ich herunter. Der Böttcher stand wieder da.
In der Hand hielt er einen Eimer.
Mein Freund A., dessen Vater - ein weiteres, verpasstes Argument! - übrigens Hausmeister der Firma M. war, und ich duckten uns statt dessen weg, warteten kurz ab und aßen dann gierig weiter diese süßsauren, prallreifen Dinger, die sowieso niemand pflückte. So zweifelhaft wie diese moralisch doch etwas dünne Rechtfertigung unseres Handelns war dabei der Untergrund, auf dem wir uns bewegten, ein welliges Dach aus Kunststoff, unter dem Fahrräder abgestellt wurden. Es trug uns insgesamt sicher, ausgenommen an den Stellen, die so komisch knackten. So lernten wir im Lauf der Zeit, wohin wir besser keinen Fuß setzten, schoben vorsichtig die mitgebrachten Eimer voran und sahen uns gelegentlich um, denn einen gab es, dem wir nicht begegnen wollten: den Böttcher.
Unter den Kindern kursierten schlimme Geschichten über ihn: er sei ganz böse und habe schon mal jemanden geschnappt, festgehalten und schimpfend bis nach Hause gezerrt, wo es dann großen Ärger gegeben habe. Darauf waren wir nun doch nicht versessen - keifende Schürzenfrauen waren eine Sache, ein Mann, der einem hinterherrennt und einen packt, war eine andere. Und doch stand er plötzlich da, unten, am Fuße des Baumes, der Böttcher.
In Süddeutschland hätte man ihn Küfer geheißen, denn er hatte das altehrwürdige Handwerk der Fassbinderei gelernt. Man sah das an den schönen und auch an den kitschigen Stücken, die um sein Haus herum verteilt standen, allerlei Fässchen und andere Holzgefäße - man macht sich ja gar nicht klar, was für ein wichtiger Beruf das mal gewesen ist - und nun stand er da unten, sah zu uns herauf, stemmte die Hände in die Hüften und rief: "Was macht ihr da!?"
Wären wir nur zur Zwetschgenallee gegangen, dachte ich! Dort war es zwar insgesamt etwas schwieriger, an die Ernte zu kommen, es war weiter weg und man musste umständlich mit Räuberleiter auf den Baum klettern, aber dort war das Obst zweifelsfrei öffentlich, dort konnte niemand schimpfen, das hatten uns die Eltern ausdrücklich versichert! Wenn uns zwischendurch dennoch manchmal finstere Blicke zugeworfen wurden, hielten wir diese tapfer aus und schoben sie auf den heimlichen Neid derjenigen, die am Abend nicht mit zwei Wassereimern voller Zwetschgen versorgt waren und die nächsten Tage massenweise Kuchen und Kompott würden essen können.
Leugnen ist zwecklos, überlegte ich, der Böttcher steht da und alle Fluchtwege sind versperrt. Mit allem verfügbaren Mut antwortete ich: "Wir pflücken Zwetschgen. Die pflückt ja sonst keiner."
"So. Die schmecken euch wohl, was!", meinte der Böttcher und ging wieder weg. Einfach so! Wir konnten unser Glück kaum fassen, langsam kam das Blut zurück in die blassen Gesichter, wir erzählten uns gegenseitig, wie sehr wir erschrocken seien, dann atmeten wir noch mal befreit durch und begannen zu lachen, immer lauter, vor Erleichterung begannen wir, uns mit Zwetschgen zu bewerfen und trampelten dabei übermütig auf dem brüchigen Dach herum, sogar aus meinem Eimer nahm ich Zwetschgen, um A. damit abzuwerfen, als plötzlich eine dunkle Männerstimme von unten rief: "He! Ihr beiden da oben!"
Diesmal erschrak ich noch heftiger. Schuldbewusst sah ich herunter. Der Böttcher stand wieder da.
In der Hand hielt er einen Eimer.
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