Mumien, Analphabeten, Diebe.
Du hast's gut, du hast dein Leben noch vor dir.
Grang Hang
nnier | 08. August 2010 | Topic In echt
Ich bin absolut nicht dafür, Seniorinnen zu diskriminieren, dennoch muss ich lachen, wenn man in Ermangelung eines dritten Mitspielers "Skat mit Oma" spielt. Hat man einige Tage lang die Grundzüge des Spiels - Bedienen! Stechen! Abwerfen! - gelehrt und sich über ein paar Bauernskat-Partien hin zu einigen Dreierrunden mit offenem Blatt vorangetastet, hat man dann die komplexe Berechnungsvorschrift und den aufregenden Vorgang des Reizens auch schon erklärt und ein paar Runden unfallfrei gespielt, kann einen das unkonventionelle Spielverhalten der virtuellen Oma ernsthaft zum Lachen bringen. Zugleich bestätigt es den Skatlehrer in seinen Bemühungen, wenn er beobachten kann, wie die junge Mitspielerin sich darüber amüsiert, dass "Oma" fröhlich eine Farbe ausspielt, die sie gerade erst gestochen hat. Das fängt gut an!



Es gab wohl nichts Unglamouröseres als dieses Kartenspielen, doch war ich begeistert und jahrelang dabei. In den Pausen saßen wir da und spielten Skat oder Doppelkopf, und oft genug verabredeten wir uns abends und am Wochenende, buken eine gigantische Pizza mit allem, was die Vorratsschränke so hergaben, aßen Kühlschränke und tranken Keller leer und spielten bis zum Morgengrauen. Gerne erinnere ich mich an das Spiel, als jemand fröhlich seine blanken Asse durchgebracht hatte und nun begann, seinen Gegenspielern ihre paar niedrigen Trümpfe herauszuziehen. Das Spiel hatte ich innerlich verloren gegeben, als ich das leise Zwinkern meines Mitspielers bemerkte. Er hatte zwei Karten in der Hand und ließ diese unauffällig auf den Tisch sinken, woraufhin ich ebensolches tat; und als der Spieler mit wachsender Begeisterung seine stehenden Trümpfe der Reihe nach ausgespielt hatte, erblickte er vor dem letzten Stich voller Entsetzen die jeweils drei Karten in den Händen seiner Gegner bemerkte er voller Entsetzen, dass seine Gegner nur noch jeweils eine Karte auf der Hand hatten, während er noch drei besaß.* "Du hast vergessen zu drücken!", rief mein Mitspieler und mischte schon mal die Karten, und auch wenn wir das Männlichkeitsprogramm alle durchlaufen hatten, musste da einer doch ernsthaft mit den Tränen der Verzweiflung kämpfen.

Ein richtiger Skatspieler sagt "Grang", auch wenn er Grundzüge des Französischen beherrscht, das ist wie in der Arbeitswelt, in der alle von "Stati" sprechen, man ist dann ja immer wieder in diesem Dilemma, als eingebildeter Bildungsspießer entweder mit dem korrekten Plural "Status" anzuecken oder sich mit Erfindungen wie "Statuswerte" um den offenen Widerspruch herumzudrücken. Man fordert Rewangsch, nicht Revanche, und wenn es dann doch mal zum seltenen Fall eines Grand Hand kommt, kann man sich nicht nur über das großartige Blatt freuen.

--
*Dass ich zuerst einen so unlogischen Blödsinn schreiben konnte, ohne hohntriefende Kommentare zu ernten, könnte für das Taktgefühl meiner Leser sprechen. Aber wahrscheinlich haben die einfach keine Ahnung vom Skatspielen. Ts.

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g., Sonntag, 8. August 2010, 09:13
Man kann dieses Spiel übrigens auch während des Unterrichtes spielen, nicht nur in den Pausen. Kleine Zettel mit den notwendigsten Ansagen (18, 20, ... die Farben, Hand, Grand usw.) und einem Stift, der auf die entsprechende Ansage deutet, ermöglichen ein weit gehend stummes Spiel. „Hosen runter“ u.ä. Bekundungen sorgen dann allerdings gelegentlich für Irritationen bei den Lehrkräften.

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nnier, Sonntag, 8. August 2010, 20:08
Respekt! Zum Glück besuchte ich eine sehr reformorientierte Schule, an der man des öfteren in Kleingruppen außerhalb des Klassenraums arbeiten musste, und wenn alle Kickertische besetzt waren, hatte zur Sicherheit jemand ein Kartenspiel eingesteckt. Im Unterricht selber waren, von gelegentlichen Mutproben und Provokationen mal abgesehen, meine Favoriten eher die Klassiker Käsekästchen und Schiffeversenken.

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prieditis, Mittwoch, 11. August 2010, 05:34
Laplace-Experimente waren bei uns der Vorwand zum Knobeln...

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nnier, Mittwoch, 11. August 2010, 10:44
Jetzt musste ich nicht nur recherchieren, was Laplace-Experimente sind - der Begriff kam mir noch dunkel bekannt vor, das war's dann aber auch - sondern auch verstehen, dass mit "Knobeln" vermutlich "Würfeln" gemeint ist, denn schließlich bezeichnet der Begriff "Knobelbecher" nicht nur Fußbekleidung fürs Marschieren ostwärts. Für mich ist das Wort "Knobeln" nämlich mit einem anderen Zeitvertreib belegt, bei dem zu Beginn jeder Spieler drei Streichhölzer besitzt und eine beliebige Anzahl davon in die geschlossene Faust nimmt. Man muss dann reihum raten, wie viele Hölzer es insgesamt sind - und darf bei einem Treffer eines dieser schwedischen Zündmittel abgeben. Als Kind konnte ich so viel besser auf Jäger- oder Zigeunerschnitzel warten, und noch heute, in trauter Zweisamkeit und bei Kerzenlicht, rufe ich irgendwann: "Menno. Wie lange dauert das denn noch! Wollen wir solange kn

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jean stubenzweig, Sonntag, 8. August 2010, 11:54
Ein mittelmäßiger bis schlechter Spieler war ich während meines wöchentlichen Schur fix in fröhlicher Lesbenrunde. Die ansonsten hochschullehrenden Damen hatten mir diese Spiele beigebracht (wie auch das von Ihnen präzise geschilderte Deutschfranzösisch). Einmal solle ich in meinem Leben etwas Logisch-Vernünftiges tun. Deshalb war ich zwar nicht immerwährend gekommen, aber sie spielten ihre Reize so gekonnt aus, daß ich kleinbei und den dritten und einzigen Mann gab; die anderen Freundinnen sprachen lieber über Philosophie und Physik. Ich verlor grundsätzlich. Vermutlich aus diesem Grund habe ich Spiel und Technik längst wieder vergessen, wäre also nichtmal als Oma geeignet. – Aber ins Auge gestochen ist mir vorrangig diese Kartenfarbe. Damals war es auch in dieser Runde an dramatisch intellektuellen Schönheiten (von denen die eine oder andere sich auch schonmal freizeitlich nicht nur beim Kartenspiel mit einem dritten Mann vergnügte [Hosen runter]) üblich, schwarze oder rothe Hand zu rauchen. Daran erinnere ich mich nicht nur, sondern wenigstens das ist mir davon geblieben, ich praktiziere es nach wie vor in deutschen Landen. Vermutlich bald als der Letzte der Menschheit.

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nnier, Montag, 9. August 2010, 10:41
Nicht nur deshalb erfreue ich mich an diesem Kartenstapel, und auch nicht bloß, weil es das originale und altbekannte Altenburger Franzosenblatt ist (die Herzdame war wirklich die schönste, Pik ging auch noch); diese nachgemachten aus dem Euroshop fühlen sich darüberhinaus auch nicht richtig an, wie ich jahrelang beklagen musste, und war deshalb richtig glücklich, dass ich aus dem riesigen, unsortierten Kartenstapel im Spieleschrank so ein vollständiges Skatblatt zusammenbekam. Auch wenn in diesen Karten längst neues Leben entstanden sein muss.

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damenwahl, Montag, 9. August 2010, 12:22
Räuber Rommé. Die Männerspiele, wie Skat oder Poker, habe ich nie gelernt, aber Rommé wird bei uns dauernd gespielt. Sogar schon beim Besuch der Schwester auf einer Dachterrase hoch über Casablanca, wo wir zeitweise jedes Blatt mit Gewichten beschweren mußten, wenn der Abendwind die Karten davonzutragen drohte.

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nnier, Montag, 9. August 2010, 14:15
Ah! Die verwegene Variante dieses nun-wirklichen Omaspiels kennen Sie also auch! Rommé spiele ich zwischendurch auch sehr gerne mit Kindern jeden Alters. Und auch meine Frau Großmutter ist froh, wenn sie mal mit den jungen Wilden spielen kann, die nicht bei der ersten Gelegenheit rauskommen, sondern auch mal auf Hand spielen. Die alten Damen ihrer gewohnten Runde sind, so berichtet sie, übrigens oft auch zu faul zum Zählen - und nutzen dies dann ganz geschickt: Droht bei voller Hand eine gar zu schlimme Punktzahl, heißt es ganz generös: "Schreib hunnert uff."

(Poker - das wäre noch mal so ein Projekt.)

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lorilo, Montag, 9. August 2010, 14:43
"Aber wahrscheinlich haben die einfach keine Ahnung vom Skatspielen. Ts."

Ts ts ts. Urlaub. Wäre auch noch eine Erklärung für ausbleibendes Geschrei. Sie hätten Ihren Kommentar schon bekommen - auf diesen Blödsinn. :-)

Als Ostschlunze™ kann ich selbstverständlich Skat (wir hatten ja nichts - also blieb nur Sex oder Skat) - ganz im Gegenteil zu sehr vielen Herren aus den spieletechnisch völlig unterentwickelten alten Bundesländern.
(Was gäbe ich für einen Mann, der Skat, Poker, Schach, Go, Billard und Dart kann. Und es liebt zu spielen.)

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vert, Montag, 9. August 2010, 15:01
keine Ahnung vom Skatspielen.

sosiehddasaus!
nicht mal keine ahnung, sondern überhaupt kein wissen um kartenspiele. da setzt leider mein hirn aus.

(das andere kann ich.)

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nnier, Montag, 9. August 2010, 15:10
Sie meinen Poker, Schach, Go, Billard und Dart.

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monnemer, Montag, 9. August 2010, 15:37
Sind Sie ein Ochserles Geschädigter, Herr vert?

(Kennt das überhaupt jemand?)

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vert, Montag, 9. August 2010, 18:43
# Poker, Schach, Go, Billard und Dart:
naja. können. man weiß, wie's geht;-)
also außer "Poker, Schach, Go, Billard und Dart", natürlich.

#ochs:
ich kann nur 32-heb-auf.

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txxx666, Donnerstag, 12. August 2010, 17:29
Seltsame Begriffsverschiebungen - die oben erwähnte Variante mit dem nichtbedienungspflichtigen Kartenstapel kenne ich als "(Skat mit) Onkel Otto", während eine "Oma" bzw. "Omma" immer das unverlierbare Glücksschweinblatt war: "Das hätte doch ne blinde Omma mitm Krückstock gewonnen!" osä.
Eine andere Variante zu zweit war in meiner auch sehr vom Skat geprägten Präpubertät der sogenannte "Bauernskat", bei dem jeder Spieler acht Karten verdeckt und dann acht Karten daraufliegend offen erhielt; Variante: vier Karten auf die Hand und sechs verdeckt/offen.

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nnier, Donnerstag, 12. August 2010, 18:45
Bauernskat ist mir auch als "Offiziersskat" bekannt und ich habe es als vorbereitende Lerneinheit gerne mal wieder hervorgekramt - schließlich kann man so schon etwas übers Bedienen und Stechen lernen, und das teilweise offene Blatt lädt ja dazu ein, alles zu kommentieren und zu begründen. Als wirklichen Zeitvertreib ziehe ich dann aber doch die Variante mit dem virtuellen Dritten vor, egal ob Omas oder Onkels diskriminiert werden. (Das todsichere Blatt, mit dem auch ein Affe auf dem Schleifstein gewinnt, hieß bei uns tatsächlich auch "Oma-Blatt").

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