Mumien, Analphabeten, Diebe.
Du hast's gut, du hast dein Leben noch vor dir.
Mittwoch, 21. März 2012
Rotte Jongenskoor
nnier | 21. März 2012 | Topic Sprak
Obwohl Rotterdam ein Selbstbild als arbeitende Stadt hat, die keine Zeit für Musik hat, hat sich doch einiges an Musikkultur etabliert ... die Gabber-Szene hat sogar ihre weltweite Hochburg in der Stadt. Ein internationaler Begriff im europäischen Chorleben ist der Rotterdams Jongenskoor. [Q]
Immerhin liegt die Stadt mehrere Meter unter Normalnull und der namensgebende Fluss heißt Rotte, so wie in Österreich eine kleine Siedlung oder unter Jägern eine Gruppe Wildschweine genannt wird, so wie eine Gruppe von Schienen- bzw. Waldarbeitern heißt und natürlich eine Formation aus zwei Kampfflugzeugen sowie in der alpinen Forstwirtschaft eine Ansammlung von Nadelbäumen, Schützen beim Wurfscheibenschießen, diverse Nebenflüsse, ein historisches Musikinstrument und Radiologen (Karl-Heinz), Maler (Carl) sowie Politologen (Ralph). Centrum und Pernis haben übrigens keinen offiziellen Status als Stadtteil, dafür fließt die Rotte nicht mehr wie früher in die Nieuwe Maas, sondern wird durch eine Rohrleitung hineingepumpt - das hat mit der U-Bahn zu tun, das hätte sonst Probleme mit der Streckenführung gegeben.

Ich kann's verstehen! Erst neulich, auf dem Fahrrad, dachte ich so: Das gibt jetzt aber echt Probleme mit der Streckenführung - warum können die nicht einfach die Weser durch eine Rohrleitung irgendwohinpumpen? Als ob ich jetzt extra den Umweg über die Karl-Carstens-Brücke nehmen muss!

Letzteres war Jugendsprache, also nicht das mit dem Karl Carstens, obwohl ich gerade überlege: Mit einem T-Shirt, auf dem in Neonschrift Karl Carstens steht, wäre ich in der Gabber-Szene bestimmt ganz vorne dabei, oder wenigstens im europäischen Chorleben. Übrigens weiß auch in Bremen kaum jemand, dass diese Brücke Karl-Carstens-Brücke heißt! Würde ich dieses einem Jugendlichen sagen, antwortete der: Als ob die so heißt! Sie merken also: Als ob ist das neue Nee, ne!?, so wie wenn man sein Fahrrad mit plattem Reifen vorfindet, dann sagte man ja noch bis vor kurzem: Nee, ne!? Heute hingegen heißt es: Als ob mein Fahrrad platt ist!

Ich vermute, dass dies mit der Virtualisierung unserer Lebenswelt in Zusammenhang steht. Man sagt also nicht: Mist, mir ist gerade der Bus vor der Nase weggefahren! Sondern man lacht kurz auf und sagt: Als ob mir gerade der Bus vor der Nase weggefahren wäre!, so als könne man schnell zurückspulen (ein veraltetes Sprachbild aus der analogen Welt) und die Szene erneut durchspielen. Schon das Nee, ne!? spielte ja mit Wirklichkeitsebenen. Man akzeptierte sozusagen nicht, was einem die eigene Wahrnehmung vermittelte. Denn wo man einst fluchte oder weinte, sagte man nun: Nee, ne!? und räumte damit Gott oder Mama die Chance ein, noch mal kurz zurückzukommen und zu sagen: OK, war nur ein Witz.

Als ob du nach Rotterdam fährst. Als ob die da Flüsse wegpumpen. Als ob du wüsstest, was Gabber sind.

Was willst du da eigentlich?

Nee, ne!?

Link zu diesem Beitrag (9 Kommentare)  | Kommentieren [?]   





Sonntag, 18. März 2012
Was würde der olle Kulturpessimist nur ohne sein Dienstmädchen anstellen?
nnier | 18. März 2012 | Topic In echt
















Wir haben früher auch diese Bildchen gesammelt: Winnetou, Mainzelmännchen, später dann die Fußballbilder - aber heute, ich weiß nicht ...

Bestimmt haben auch Sie gleich gedacht: Das geht doch nicht, da stimmt doch etwas nicht, so etwas liegt auf dem Schulhof herum!? Was sollen die Kinder denn daraus lernen, bitteschön, wenn da steht: Stöhnte sie und she moans und gémissaient-ils? Mal ein anderer Tempus, mal die dritte Pluralform, mal die dritte Singular!? Das bringt einen ja völlig durcheinander. Und vom Öl glitschige Körper - bah, da soll man noch eine eigenständige Phantasie entwickeln.

Link zu diesem Beitrag (4 Kommentare)  | Kommentieren [?]   





Donnerstag, 15. März 2012
Fack se Niedrigtemperatur
nnier | 15. März 2012 | Topic In echt
Das war im Prinzip sehr lecker.





















Wir aßen dann das Kartoffelgratin, nachdem eine Kinderstimme gesagt hatte: Ich krieg's nicht runter. Die Erwachsenen kauten tapfer noch eine Weile weiter, dann kamen die Scheiben zurück in den Ofen und wurden erst mal ordentlich durchgebraten.

Immerhin, die folgende Woche lang hatte ich feinsten Rinderbraten auf dem Pausenbrot, und wenn Ihnen vormittags auf dem Markt jemand spontan aus seinem iPhone ein toll klingendes Rezept diktiert, passen Sie bitte trotzdem bei der Temperatur auf: 100° sind eindeutig zu wenig, wenn Sie die Rolle noch am selben Tag essen wollen.

Spaß hat es allerdings gemacht - und wer hätte gedacht, dass stark gesüßter Kaffee auch mit geriebener Limettenschale schmeckt!?

Link zu diesem Beitrag (1 Kommentar)  | Kommentieren [?]   





Mittwoch, 14. März 2012
Kein Elfmeter bei Halma
nnier | 14. März 2012 | Topic In echt


Da das Leben kompliziert genug ist, bevorzuge ich Spiele, deren Regeln man in wenigen Sätzen erklären kann. Wenn dann noch das Material schön anzuschauen und angenehm anzufassen ist, stehen die Chancen gut, dass mir das Spiel gefällt.

Ich kenne Menschen, deren Ausstattung mit Gesellschaftsspielen den Wert eines Kleinwagens übersteigt und bei denen ganze Zimmer voller enstprechender Kartons stehen. Vollends verblüfft bin ich, wenn sie auch noch die auf zwanzig Seiten gedruckten Regeln beherrschen (und vorher offenbar Spaß daran haben, diese in mehrstündigem Selbststudium zu erkunden.)



Für mich hat sich ein solcher Aufwand seit den Siedlern nicht mehr gelohnt. Umso fröhlicher stimmt es mich, wenn jemand nachmittags ein Spiel mitbringt, in wenigen Sätzen die Regeln erklärt und dann das schön anzuschauende, angenehm anzufassende Spielmaterial ausbreitet.

Link zu diesem Beitrag (0 Kommentare)  | Kommentieren [?]   





Samstag, 10. März 2012
Gevatter, ah! Ah!
nnier | 10. März 2012 | Topic In echt


Mein Freund A. bestand darauf, dass es bei Kampfstern Galactica einen Starbrooke gebe. Ich kannte die Serie nicht, war jedoch in den Sommerferien dem Namen Starbuck begegnet, als ich wie immer bei meinen Großeltern die für mich aufbewahrten Fernsehzeitungen des vorangegangenen Jahres durchgelesen hatte. Genau!, sagte er, als ich buchstabierte: S-T-A-R-B-U-C-K - das heißt Starbrooke! Ich musste ihm wohl glauben, schließlich kannte ich die Serie nicht.

Dann wieder: Brooke Shields, ihr Kinder heute wisst ja gar nicht, wie einen die durcheinanderbringen konnte, also ich meine jetzt nicht wegen Zwei Teenager auf einer einsamen Insel entdecken ihre Körper und dann ah! Ah!, sondern weil man damals noch nicht komplett durchanglisiert war. Dauernd stand in der Bravo etwas von Brooke Shields, man wurde ja sehr früh auf diese heteronormative Schiene gesetzt und mit stereotypen Sexualfantasien getriggert, da kam man gar nicht mehr dazu, sich in Ruhe auszumalen, wie man mit Sabine aus der Parallelklasse in einer Berghütte eingeschneit wird und da gibt es nur ein einzelnes Bett und es ist sehr kalt und ah! Ah!, nein, dauernd diese blaue Lagune. In den Pausen, wenn nach mehrmaligem Aufsagen von "Bo Derek" und "lechz!" noch etwas Zeit übrig war, kam meist jemand mit Brooke Shields an, bloß dass die in der Regel Brocke (dt.) genannt wurde oder bestenfalls mal Broke (engl.), aber als ich mal meiner kühnen Vermutung Ausdruck verlieh, es müsse nach den mir bekannten Ausspracheregeln eigentlich Bruuk heißen, wurde ich verlacht und mein Leben nahm eine unglückliche Wendung.

An all das musste ich heute wieder denken, ah! Ah!, als ich meine Vorstellungen von einem Cafébesuch über Bord werfen musste. Ich hatte erfahren, dass dort der Cappuccino so gut schmecke und war mitgegangen. Kids - das war damals noch anders, man setzte sich hin und es war ruhig und gemütlich, dann kam jemand und fragte, was man trinken wolle, man bestellte und im Hintergrund lief sehr leise Klaviermusik, bald bekam man die Tassen an den Tisch gebracht und sprach manchmal leise lächelnd miteinander. Daran muss die grauhaarige Dame in der Schlange direkt vor mir auch gedacht haben, als sie mit ihrer Teenagertochter da stand und anglisierte Kaffeproduktnamen und Tassengrößen aufsagen musste, sie musste ziemlich schreien über die Kasse hinweg, einen hohen Betrag zahlen und ihren eigenen Kaffeebecher direkt in Empfang nehmen, sich damit in eine zweite Schlange einreihen und gute fünf Minuten auf eine karamelisierte Kaffeespezialität für die Tochter warten, während hinter dem Tresen, vor dem Tresen und an allen Tischen eine so laute und gehetzte Atmosphäre herrschte wie im Schnellrestaurant. Aus einem Solidaritätsreflex heraus bestellte ich laut und deutlich einen Filterkaffee, stand dann aber selber fünf Minuten mit der Tasse in der Hand in der Cappuccinoschlange, weil meine Begleitung die einzigen freien Plätze verteidigen musste, die es am letzten Tisch gab, so voll war das bei Starbrookes.

Tri tra trullala.

Link zu diesem Beitrag (6 Kommentare)  | Kommentieren [?]   





... hier geht's zu den --> älteren Einträgen *
* Ausgereift und gut abgehangen, blättern Sie zurück!

Letzte Kommentare
Kalender
Dezember 2025
Mo
Di
Mi
Do
Fr
Sa
So
 1 
 2 
 3 
 4 
 5 
 6 
 7 
 8 
 9 
10
11
12
13
14
15
16
17
18
19
20
22
23
24
25
26
27
28
29
30
31
 
 
 
 
 
 
Über
Who dis?
Erstgespräch