Mumien, Analphabeten, Diebe.
Du hast's gut, du hast dein Leben noch vor dir.
Sonntag, 10. April 2016
Erdfeucht
nnier | 10. April 2016 | Topic Gulp
Sie wissen das nicht, aber unter uns Handwerkern heißt Putz- und Mauermörtel Mischung, einfach Mischung. Die normale Gebindegröße ist 40 kg, und als ich mich beim Hochschleppen von zwanzig Säcken Mischung mal beschwert habe, dass der Inhalt etwas zu gut bemessen sei, zumal man die blöden Säcke so schlecht greifen könne, erfuhr ich: Ha, das sind doch nur 40 kg, wir haben früher Zentnersäcke geschleppt.

Ich habe dann meinen Mund gehalten und kaufe seither meine Mischung in Gebinden zu 20 oder 25 kg, auch wenn diese teurer sind als die billigsten 40-Kilo-Säcke.

Wie komme ich darauf: Ach ja! Diese anstrengenden Dreiviertel- oder Literflaschen Wein, furchtbar. Ideal wären Viertele, sind aber kaum zu bekommen, und wenn, dann nicht in der gewünschten Sorte.

Ein Fläschchen steht da herum, es sieht aus wie eine Seifenprobe oder die Miniaturausgabe einer Neapolitanerwaffel, wie man sie zum Kaffee gereicht bekommt. Es hat einen Schraubverschluss, das ist praktisch fürs Kino oder morgens in der Straßenbahn, und dass ich mit Merlot nicht unbedingt Freunde werde, war schon klar. Dennoch will man jedem eine Chance geben, der Kleine riecht intensiv nach Eichenfass und ist schön dunkelrot.



Erdfeucht, bloß nicht zu viel Wasser rein, das passiert Anfängern schnell: Einfach mit der Schaufel in Bottich, Balge, Bütte oder Kübel herumrühren, da dürfen Sie dem Regionalismus Ihrer Wahl frönen, und es gehört gerade so viel Wasser hinein, dass es nicht mehr staubt, aber nicht mal in die Nähe von flüssig kommt.

Was für ein grauenhaft saures Zeug, stechende Essignote trifft auf faulige Bitternis, den kannst du dir nicht schöntrinken, den Rest schüttest du hier zu der Mischung, aber langsam, gerade so erdfeucht soll das sein.



Canti Merlot Sicilia von 2010, 13%, Preis unbekannt. Der Fassgeruch kommt geschmacklich irgendwie durch, der Rest ist bläärgh, da ist auch ein Viertelliter deutlich zuviel.

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Donnerstag, 17. März 2016
Vum Stich
nnier | 17. März 2016 | Topic Gulp
Kommze vonne Schicht. Schmeißt du die CD mit dem 70er-Jahre-ProgRock an, bringst du die Wäsche runter, schaltest die Waschmaschine an, hängst die trockenen Sachen ab, räumst die Spülmaschine aus, räumst die Spülmaschine ein, schälst du Kartoffeln, reibst du Käse, machst du einen Auflauf, legst Wäsche zusammen, machst eine Flasche Wein auf.

Immer das Gleiche, jahrein, tagaus, nur diesen letzten Teil hatte ich vor kurzem noch nicht im Programm. Heute also einen Schluck Familienwurzel, und ich sprach vor einigen Jahren mit einem Winzer aus dem Ort: Das konntest du doch alles nicht trinken, sagte der, bis vor 10, 15 Jahren war das nur grausam, aber jetzt, jetzt tut sich was.

Ich habe trotzdem keine schlechten Erinnerungen an die bitzelige Schorle zum Mittagessen vor 30 oder 35 Jahren, Weißwein, trocken, mit Mineralwasser aus der gläsernen Mehrwegflasche. Den Blick über den Fluss zu den Sandsteinfelsen mit den Weinhängen fand ich immer schön.

Einmal halfen wir bei der Lese, da habe ich erst gelernt, wie klein die Trauben sind, und zwischendurch gab's ein Brötchen mit einer kalten Scheibe Leberkäse. Probiert habe ich den Wein schon lange nicht mehr, außer neulich so einem Glas bitzeliger Weißweinschorle zum Mittagessen. Jetzt also einen Rotwein vom Mainviereck, und ich zweifle ja, denn ich suche den schweren Keulenschlag, da muss doch die Sonne richtig drinstecken, gnadenlos draufbrennen und alles Überflüssige wegdunsten. Und dieser hier sieht schon so hell aus im Glas und hat gerade mal (hö!) 12,5% Allehol!

Riecht aber gar nicht so unintensiv, und ich habe ja keine Ahnung, aber ich behaupte: Der war mal in einem Fass, kommt holzfruchtig und leicht waldbrandig herangeweht, keineswegs leichtgewichtig. Schon mal gut.

Unbedingt atmen lassen! Der ungeduldige Erstschluck enttäuscht sonst. Wohltemperiert und wenn er in Ruhe vor sich hin oxidieren durfte, gewinnt er schnell hinzu, seine Säure entfaltet sich angenehm im Rachen und die holzigen Bitterstoffe bilden eine angenehme Kante in der Struktur. Das schmeichelt der Zunge, ohne süßlich oder gefällig zu sein, und läuft gut rein.

Am Ende wünschte ich mir trotzdem einen kleinen Widerhaken: Das ist elegant und fein und schön und gut, aber auch sehr konsensfähig, und es mag Einbildung sein, aber fehlt da vielleicht auch ein Volumenprozent Allehol!?



Stich Spätburgunder von 2013, 12,5%, Preis unbekannt. Guter Wein mit Holz- und Rauchnoten, angenehmer Säure und sehr ausgewogenem Charakter. Nichts zu meckern, mein Glück muss ich aber wohl weiter südlich suchen.

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Mittwoch, 9. März 2016
Lepra Cebel
nnier | 09. März 2016 | Topic Gulp
... oder wie der heißt: Ich hatte im Kopf, dass der für einen so günstigen Wein ganz OK war. Riecht nach dem Öffnen nicht besonders intensiv, aber etwas nach Fass und dunkler Kirsche. Wird schon gehen!

Beim ersten Schluck dann erfreut das Gefühl des Zusammenziehens, man nennt es Adstringieren, vielleicht kennen Sie den Effekt von diesem klassischen, blauen Gurgelzeug, Mallebrin? Da ich leider momentan keine Halsschmerzen habe, muss der medizinische Aspekt außen vor bleiben. Und rein genießerisch betrachtet ist die Wirkung dieses Tropfens doch äußerst bescheiden: Man weiß, wie die das gemeint haben, immerhin trocken ist er und hat wohl auch mal Eichenfässer gesehen. Erfreuen kann er mich dennoch nicht, dazu ist die Säure zu nahe am Essig und es bildet sich überhaupt kein Körper heraus. Aber zum Glück war ich in Oldenburg.



Denn da gibt es einen Lakritzladen, der fast schon ein Grund ist, nach Niedersachsen in dieses grottenlangweilige pittoreske Provinzkaff zu ziehen: Dir fliegt der Draht aus der Mütze! Wunderschöne Gläser reihen sich durch die Regale, scharfe Salmiakpastillen, gezuckerte Pyramiden, schwarze Penisse, man greift mit der metallenen Zange begeistert zu und füllt Spitztüte um Spitztüte. An der Kasse eine glückliche junge Dame, die einem noch den Probierteller hinhält: Die hier sind direkt aus Schweden!, und dann kauft man selbstverständlich noch die geschäumten und sehr zurückhaltend aromatisierten Totenköpfe. Aber das Mundgefühl - ein Traum, wie damals die weißen Mäuse!

Und jetzt der Tipp für alle Restetrinker und Rebenschoppenjunkies: Was der Wein nicht hergibt, bringt der Lakritz! Der schafft plötzlich einen Resonanzboden ganz wie dunkle Schokolade. Und damit bekommt man auch enttäuschende, aber immerhin trockene, Rotweine herunter.



Cepa Lebrel von 2009, 13,5%, Rioja, Tempranillo. Lidl, 5.- EUR. Netter Versuch, ordentlich trocken, dann viel zu flach. Nach dem Schlucken bleibt wässrig und störend eine fast schon stechende Säure zurück.

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Donnerstag, 3. März 2016
Ponty die olle Neese
nnier | 03. März 2016 | Topic Gulp
Die Welt der Wahrnehmung, das heißt die Welt, die sich uns durch unsere Sinne und unsere Lebenspraxis erschließt, scheint uns auf den ersten Blick bestens bekannt zu sein, da es keines Instrumentes und keiner Berechnung bedarf, um Zugang zu ihr zu haben, und es uns dem Anschein nach genügt, die Augen zu öffnen und uns dem Leben zu überlassen, um sie ergründen zu können. Doch trifft dies nur dem Anschein nach zu. (Maurice Merleau-Ponty*)



War klar: Merlot, wer denkt da nicht automatisch an die Phänomenologie der Wahrnehmung und den "Dritten Weg" zur Erhellung des fundamentalen Zusammenhangs von Dasein und Welt, indem die grundlegende Verfasstheit des Subjekts nicht (wie bei Husserl) in der Intentionalität des Bewusstseins und auch nicht in seinem Sein als Dasein im Sinne Heideggers, sondern in seiner Leiblichkeit gesehen wird, die Maurice Merleau-Ponty in einem oszillierenden Gespräch zwischen Empirismus und Intellektualismus herausarbeitet. Bin übrigens sehr gespannt, ob dieser Satz durch die Vroni-Plag-Denunziantensoftware rot angemarkert wird: Schließlich handelt es sich um ein dreistes Plagiat mit nicht genannter Primärquelle (schauen Sie mal bei "Wikipedia" rein - ich will nichts gesagt haben!) und dem eher platten Versuch, durch leichte grammatikalische Umstellungen eine faktische 1:1-Übernahme zu verschleiern. Doch siehe, hier ist nichts rot - und außerdem sind das abstruse Vorwürfe!

Es gibt einen idealen Abstand zum Wein: Aus 30 cm kann man seine Farbe gut erkennen, die Rückseite sieht man natürlich nicht (aber sie lässt sich erspüren --> Leiblichkeit --> Heidegger --> Husserl --> Confiserie --> bald ist schon Ostern --> Unmöglichkeit der vollständigen Reduktion, vgl. Karl-Theodor Maria Nikolaus Johann Jacob Philipp Franz Joseph Sylvester Freiherr von und zu Guttenberg: Kairos der Fertigstellung, München: Kauka Verlag, 2010), hingegen aus 30 km ist es eher schlecht und mit 30 mü Abstand (ein mü ist ein tausendstel Millimeter - oder noch weniger!, vgl. Bäckerblume 3/2007, B&L MedienGesellschaft mbH & Co. KG) hat man die Neese praktisch drin. Und das Zeug schmeckt scheiße! Boah, was ne Plörre.

Kann natürlich sein, dass der schlicht zu alt geworden ist: Bereits 2009 erschienen, ist die Phänomenologie seither zu ungeahnter Popularität ge-, dings, ähm, aufge-, ähm, emporgestiegen, und Smartphones waren damals noch ein feuchter Traum unserer Pflegeeltern. Heute dagegen alle so: Hast du schon die neue Husserl-App, und warst du schon in Das Primat der Wahrnehmung - jetzt erst recht!

Die Plörre ist komischerweise von den "Weinwerken Bremen", und vielleicht wurde das Zeug ja heimlich in einem Hinterhof in Bremen-Nord angebaut: Farblich geht das gerade noch als Rotwein durch, aber was für ein furchtbarer Geschmack! Da kann man die grundlegende Verfasstheit des Subjekts nicht (wie bei Husserl) in der Intentionalität des Bewusstseins und auch nicht in seinem Sein als Dasein im Sinne Heideggers, sondern in seiner Leiblichkeit, die Maurice Merleau-Ponty in einem oszillierenden Gespräch zwischen Empirismus und Intellektualismus, und immerhin ist das eine Pfandflasche.



Belcante Merlot Vin de Pays d'Oc von 2009, 13,5%, Herkunft und Preis unbekannt. Irgendwie "bio". Grauenhaft, ein echter Krätzer.

--
*Merleau-Ponty: Phänomenologie des Wahrnehmüng, S. 234567-345678, zit. n. Darja Springstübe-Monokel: Über Wahrnehmüng und Ausdrück in der Phisolo ... Pilosophie von Maurice Merlot-Ponty, Berlin (Ost): Logos Verlag, 2013, S. 40ffff (können Sie jederzeit nachprüfen!)

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Dienstag, 23. Februar 2016
Ein angenehmer Zeitgenosse
nnier | 23. Februar 2016 | Topic Gulp


Ich geb's ja zu, ich weiche von meinem ursprünglichen Plan ab: Statt erst mal alles zu probieren, das sich hier so angesammelt hat, kaufe ich zwischendurch Wein. Na toll! Neulich z.B. einen Primitivo, den ich verschenkt und mitgetrunken habe: Hmm, legger, bloß dass ich keine Aufzeichnungen dazu habe. Und wozu trinkt man dann!



Tatsächlich war ich dafür schon im Weinladen. Dann wieder kommt der Schnäppchenjäger durch, wenn ich eigentlich nur Putzlappen und Bananen kaufen will: Wie jetzt, ein Grand Cru aus dem irgendwie wohl nicht ganz schlechten Weinjahr 2011, für nur noch 10.- EUR!?

Nicht, dass ich wüsste, was "Grand Cru" mir genau sagen will: Aber es klingt nach Premium, nach Upper Class, n'est-ce pas, M'sjö, dasse isse keine simpleur Vin de pays. Also rein damit!

Aus dem Gedächtnis war Merlot nie mein Ding, das waren für mich diese Sommerweine, und jetzt steht hier auf dem Etikett, dass das betr. Weingut 70% Merlot anbaut und 30% Cabernet Sauvignon. Na und!? Will man mir damit sagen, dass dieser Wein aus sieben Teilen Merlot und drei Teilen Cabernet besteht? Oder ist das nur zur Info: Also wir bauen hier diese beiden Sorten im Verhältnis 7:3 an, aber was tatsächlich in dem Wein enthalten ist, verraten wir euch nicht?

Ganz ehrlich, so was geht mir auf die Nerven: Aber er schmeckt nicht schlecht! Laut Etikett tun ihm ein paar Jahre des Alterns gut, und es sind ja nun fast fünf vergangen. Auf Anhieb schmeckt er erschreckend flach, zwar nervt keine frische Frucht und eine angenehme Trockenheit entfaltet sich weit hinten erst im Rachenraum - aber im Mund ist doch erstaunlich wenig los, auch säuremäßig.

Dann wieder der Effekt des zweiten Tages: Anscheinend muss der lange durchatmen, dann lässt er doch noch zwei, drei Tannine springen, und ohne dieses leichte Zusammenziehen hat bei mir eh keiner eine Chance. Plötzlich wird auch Zimt verströmt, und dunkle Früchte lassen sich erahnen, wenn auch abstrahiert.

Das alles kommt dezent daher, unaufdringlich-aristokratisch, und mir fehlt definitiv das Dreidimensionale: Der läuft ganz angenehm in die Kehle, hält sich zurück, stilvolles Understatement ist das wohl, und ich suche nun mal den großen BANG. Trotzdem eine interessante Erfahrung, und jetzt schlürfe ich ihn auch zu Ende.



Château d'Arcole Saint Emilion Grand Cru von 2011, 13,5%. Lidl, 10.- EUR. Angenehm zurückhaltend, ordentlich Zimt, etwas Fass, kaum Säure, wenig Frucht: Ich kann nicht meckern, der läuft gut rein, insgesamt ein wenig zu dezent.

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Sonntag, 7. Februar 2016
Nebenbei geschluckt
nnier | 07. Februar 2016 | Topic Gulp
- Mein Kollege hat jede Menge Hunde. Mit denen fährt er immer zur Hundeschule nach Hamburg. Der macht jetzt nebenbei einen Weinhandel für so Bio-Weine. Soll ich mal was mitbringen?

- OK.



Wenn ich mich zwischendurch frage, ob ich mir vielleicht auch ein paar Hunde anschaffen sollte und mit denen täglich rausgehen, zum Tierarzt, in die Hundeschule und zu Wettbewerben fahren, dann lautet die Antwort: Nein. Und ich werde auch niemals nebenbei einen Weinhandel betreiben, ich komme ja kaum dazu, mal einen Schluck zu trinken.

Dieser hier also aus Portugal von den Ufern des Flusses Duoro, aus eingeborenen Sorten gerührt, und er bringt ordentlich Fass mit, du hältst kaum die Nase übers Glas, schon steckt da ein Stück Holz drin. Zum Essen schmeckte der Wein gut, da kamen Frucht und Säure zupass. Solo aber überzeugt er mich nicht komplett: Ja, da sind Tannine, und die, so viel kann ich inzwischen sagen, gehören für mich auf jeden Fall dazu. Jedoch die Säure ist mir zu stark im Vordergrund, ich mag vorne im Mund gar nicht so viel schmecken, ich will, dass es mir den Rachen weitet. Frucht wiederum ist auch ganz nett, aber ich brauche das mehr vergeistigt, nicht so konkret, und das soll sich richtig schwer anfühlen, dieses hier ist noch viel zu frisch und zu nahe an der Beere.

Erklärst du das kurz deinem Weinhändlerkollegen, der wird das schon verstehen. Wie bitte? Der setzt sich dann doch lieber zum Tierarzt?



Quinta do Romeu von 2011, 13,5 %, vom Nebenbei-Weinhandel, ca. 11.- EUR. Ich sach mal: Ganz nett, aber da geht noch was, Portugal.

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Donnerstag, 14. Januar 2016
Drei Farben Rot
nnier | 14. Januar 2016 | Topic Gulp




Heimatbesuch am Wochenende. Der hier war eine Dreingabe zu irgendeinem Kauf, und also sprach ich: Halt, ich muss probieren. Aber wir wollten den doch zum Kochen nehmen, und er ist eine Dreingabe! Die Dame auf dem Etikett hat mich aber ausdrücklich darum gebeten. Hm. OK, kochen wir. (Dabei sagt Wikipedia, dass das eine sehr hochwertige Sorte sein kann.)



Schattoofurroobordoo. Diese Flasche war schnell leer. Angenehme Trockenheit, leichtes Adstringieren, und die Zeit in der Karaffe hat ihm gutgetan: Mehr gibt meine Erinnerung nicht her, man sollte sich mehr Notizen machen.





Auf dem Rückenetikett las ich: Grenache, Syrah, Mouvèdre, und inzwischen weiß ich schon, dass das in meine Richtung geht. Man sollte sich mehr Notizen machen, hicks, aber an den hat man sich so richtig schön herangeschmeckt: Karaffiert, geschnuppert, einen vorsichtigen Schluck und dann aber schnell nachschenken.

--
1) Oltrepo Varese Barbera von 2013. Gabs irgendwo dazu. Vordergründig, dünn und kratzig, nichts für mich.
2) Chateau Fourreau Bordeaux von 2011. Preis unbekannt, im Frankreichurlaub gekauft. Aus der Erinnerung: Trocken, adstringierend, aber sehr viel Frucht: Sehr angenehm zu trinken.
3) Côtes du Rhône Manoir du Chapelas von 2006. Preis und Herkunft unbekannt. Aus der Erinnerung: Schön trocken, vollfruchtig, kurz irritierend, dann immer besser.

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Dienstag, 29. Dezember 2015
Damit ich dich besser kochen kann
nnier | 29. Dezember 2015 | Topic Gulp


Jedes Jahr bekommt die Firma einige Flaschen geschenkt, ich nehme dann auch eine und habe schon einiges damit gekocht. Auf die Idee, ihn zu trinken, bin ich bisher nie gekommen; so ein Forschungsprojekt erfordert aber eine hinreichende empirische Basis, also her damit.

Der Name Rotkäppchen lässt erahnen, dass es sich um einen Gebrauchswein handelt, die typische Fünfeuroflasche, und das muss nichts Schlechtes heißen. Herr Dornfelder, so vermute ich, wohnt neben Eduard Zimmermann im ZDF der frühen 80er. Pfälzisch-saumägisch klingt das, nicht eben verlockend, aber vielleicht trügt das Vorurteil?

Ursprünglich ein "Deckwein", lese ich, denn sein dunkles Rot eigne sich gut dazu, andere Sorten aufzuhübschen. Und tatsächlich, im Glas sieht das gar nicht verkehrt aus, der Geruch allerdings lässt sich nicht gut fotografieren, und da haben Sie Glück: Muffig wie ein schlechter Calvados kommt es einem da entgegen, nichts gegen Eichenfässer, aber das war wohl eher eine veralgte Schiffsplanke.

Neulich sollte es Sauerbraten geben, da goss ich schon mal die Lake weg, um besser an das schöne Stück Rindfleisch zu gelangen. "WAS. HAST! DU? GEMACHT!?", wurde ich angefunkelt, dann gab es hektische Telefonate mit der Rezeptmutter und eine Eins-A-Soße aus im wesentlichen einer Flasche Rotwein, also ich habe selten einen so guten Sauerbraten gegessen, sagten auch die Gäste, und speziell die Soße: Fantastisch, genau das richtige Verhältnis von Sauer zu Süß, nicht so eine Essigplörre.

"Halbtrocken", das kann nichts werden, und was ich nicht verstehe: "Die Säureausprägung [...] ist eher moderat, was säureempfindlichen Verbrauchern entgegenkommt", behauptet man, aber außer Säure und roter Farbe ist da nicht viel, nur diese Algenbeplankung.



Rotkäppchen Dornfelder halbtrocken von 2011, 12%. Firmengeschenk, bei Rewe ungefähr 5.- EUR. Zum Trinken für mich nichts, riecht muffig, schmeckt sauer, aber überzeugend als Sauerbratensoße (mit Preiselbeeren usw., Rezept kann erfragt werden).

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Freitag, 25. Dezember 2015
Der mit den zwei ^
nnier | 25. Dezember 2015 | Topic Gulp


Ach, so ist das! Wenn man Côtes du Rhône heißt, dann besteht man automatisch aus "aus mindestens 40 % Grenache Noir und mind. 15 % Syrah und/oder Mourvèdre" [Q]. Nicht, dass mir das besonders viel sagen würde, aber immerhin klärt das teilweise meine Frage, warum auf den Flaschen oft keine Rebsorten angegeben sind. Ich dachte immer, schön und gut, wenn man weiß, woher der Wein kommt - aber woraus er besteht, das würde einen doch auch interessieren!? Verschnitt also, mhm, und wenn man die geschützten Gegenden kennt, dann weiß man zumindest grob, was drin ist. Mhm.

Natürlich kann man das dann noch bis zum einzelnen Weingut und zur Bodenbeschaffenheit und zum Jahrgang herunterbrechen, das ist klar, und dieser hier ist also mehr so allgemein, mhm, aus dem Rhonetal und mit mindestens soundsoviel Prozent von irgendwas, mhm.

Schmeckt nicht schlecht - auf Anhieb sogar sehr entgegenkommend, trocken mit ordentlich Frucht, so dass man sich schon freuen will und die Flasche sehr schnell leer ist. Allerdings fehlt für die langfristige Begeisterung ein wenig Widerstand, etwas zum dran Kauen, die kleine Irritation in Mund oder Rachen: So ist er nicht mehr und nicht weniger als ein nettes Tröpfchen, das man gut trinken kann, ohne dass er bleibende Spuren im Gedächtnis hinterlässt.



Côtes du Rhône von 2011, 13,5%. Irgendwas mit Bio, vermutlich von Aldi, Preis unbekannt. Die Richtung stimmt, ganz nett, aber eher harmlos.

Ihnen allen frohe Weihnachten, übrigens!

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Samstag, 19. Dezember 2015
Throat Gagger
nnier | 19. Dezember 2015 | Topic Gulp


Oha. Ich bin alleine zu Hause, wollte den bloß mal probieren und aus rein wissenschaftlicher Neugier den Effekt des zweiten Tages prüfen. Also gestern abend notgedrungen a Glaserl vorab, und erst wollte ich gleich wieder abwinken: Gute Ansätze, aber zu dünn, zu körperlos! Über die Rebensorte Primitivo hatte ich einmal gelesen, dass sie genetisch dem Zinfandel gleicht, Italiener der eine, Amerikaner der andere, beide mit kroatischem Urahn. Denn eines der wenigen Dinge, die ich mir im Zusmmenhang mit Wein bisher merken konnte, war, dass mir ein Primitivo irgendwo und irgendwann nicht schlecht geschmeckt hat.

Trocken ist dieser hier sicherlich, was schon mal ein guter Anfang ist, aber von reifen Kirschen, Waldbeeren, Schokoaromen (wie die Anbieter behaupten) war erst mal gar nichts zu merken: Kein schlechter Stoff, aber doch etwas vordergründig, wollte ich noch sagen, und das mit der Schokolade brachte mich auf die Idee, mal mit einem Stück Edelbitter zu kontern: Oi! Das erweitert ja schon mal extrem das Spektrum, da ist ja plötzlich ein Resonanzraum, die beiden stärken sich wechselseitig, dranbleiben also.

Gegenüber so mancher anderen Flasche hat dieser hier den Vorteil, dass ich ihn erst vor wenigen Wochen gekauft habe, beim Discounter. Primitivo, dachte ich, kann nicht ganz verkehrt sein, dachte ich, und interessante Flasche, dachte ich: Zum Weinladen kannst du ja gehen, wenn du ein wenig herumgeschmeckt und schon mal so zwei, drei grundlegende Erfahrungswerte zur Verfügung hast, sonst quatschen die dich tot.

Das alles hat viel mit Vertrauen zu tun, man lässt ja sonst auch nicht gleich jeden ran: Erst Kino, Kaffeetrinken, die ganze Nummer. Die ersten vorsichtigen Küsse: Ganz toll, und auch Händchenhalten kann wunderschön sein, keine Frage! Ob und wann man seine ungeschützte Kehle präsentiert und genug Vertrauen hat, sich hinzugeben, gehört zu den Dingen, die man alleine entscheiden muss, sagt das den Kindern, und tut nichts, was ihr nicht tun wollt: Den Primitivo direkt ins Geschmackszentrum vordringen zu lassen, umweglos in den Rachen, wo er sich rücksichtslos ausbreitet, das muss man erst mal aushalten und ist eine intensive Erfahrung, zu der man bereit sein muss. Vergesst, was im vorderen Mundraum stattfindet, kippt ihn an der Zunge vorbei Richtung Larynx und Pharynx, ihr werdet es nicht bereuen.

Es ist mitten am Tag, der schmeckt mit jedem Glas besser, ist ja sonst nicht meine Art, so etwas, aber der geht direkt auf die Zwölf und den kleinen Rest brauche ich jetzt auch nicht mehr in der Flasche zu lassen, hicks.



Masseria Metrano Primitivo Salento von 2013, 14,5%, Lidl, ca. 8.- EUR. Sehr gut, mit Bitterschokolade oder kräftigem Käse noch besser.

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