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Aus deinem Zimmer raus nach rechts, den Gang runter, links um die Ecke zum Fahrstuhl. Damit ins Erdgeschoss, rechts raus durch zwei Türen, die nicht automatisch aufgingen: Die musste man dir aufhalten. Nach links am Haus entlang, dann rechts über den Hof. Die Betonplatten um den Baum herum geschlitzt und uneben, aber das ging irgendwie, und bei der Einfahrt raus, vorbei an der alten Braumeistervilla, in der jetzt Physiotherapie angeboten wird: Das alles war ja mal das Brauereigelände. Direkt über die Straße und ein Stück nach rechts auf der Gegenfahrbahn entlang, so ging das am leichtesten mit deinem Wägelchen, und bei der Garageneinfahrt wieder auf den Bürgersteig.
Noch ein Stück bis zum Gartentor, hier das Wägelchen leicht anheben, und über den gepflasterten Weg zur Haustür. Dort das Wägelchen die Stufe hoch, da musste man dir helfen, dann warst du im Haus. Du hast dich am Geländer festgehalten oder am Türrahmen, während man das Wägelchen zusammengeklappt und in die Ecke gestellt hat. Vier Stufen Steintreppe, nach rechts drehen, dann kommen neun Stufen Holztreppe. Seit wir auf beiden Seiten Geländer haben, hast du das wieder alleine machen können, unglaublich! Noch einmal rechts rum, noch einmal sieben Holzstufen, durch die Wohnungstür. Jemand half dir aus dem Mantel, du musstest dich nicht festhalten, und dann durch die Küche an den Tisch im Wintergarten: Jemand hat dir die Hand gehalten, aber du konntest das noch ohne Stock laufen, und wenn du schließlich auf dem Stuhl gesessen hast, warst du froh über einen Schluck Wasser.
Das war dein Weg in den letzten Jahren, den bin ich jetzt noch mal alleine gegangen und habe mich gefreut, wie viel wir noch voneinander haben konnten. Du hattest umziehen müssen, nach über 90 Jahren, musstest weg von da, wohin man unendlich lange mit dem Auto fuhr, und dorthin, wo ich als Kind aus unserem Fenster den großen Garten der Braumeistervilla sehen konnte: Ausgerechnet da haben sie vor ein paar Jahren ein Heim gebaut. Leicht war das bestimmt nicht für dich, und doch war es gut, glaube ich. Ich bin froh, wie oft wir uns noch sehen konnten, mittagessen, rommeespielen, kaffeetrinken, miteinander sprechen. Das geht jetzt nicht mehr.
"Dann kam schon das elektrische Licht", hast du einmal erzählt, da habe ich mal wieder geahnt, aus welcher Welt du gekommen bist. Dein eigenes Licht ist jetzt erloschen. Schön, dass du da warst.
Noch ein Stück bis zum Gartentor, hier das Wägelchen leicht anheben, und über den gepflasterten Weg zur Haustür. Dort das Wägelchen die Stufe hoch, da musste man dir helfen, dann warst du im Haus. Du hast dich am Geländer festgehalten oder am Türrahmen, während man das Wägelchen zusammengeklappt und in die Ecke gestellt hat. Vier Stufen Steintreppe, nach rechts drehen, dann kommen neun Stufen Holztreppe. Seit wir auf beiden Seiten Geländer haben, hast du das wieder alleine machen können, unglaublich! Noch einmal rechts rum, noch einmal sieben Holzstufen, durch die Wohnungstür. Jemand half dir aus dem Mantel, du musstest dich nicht festhalten, und dann durch die Küche an den Tisch im Wintergarten: Jemand hat dir die Hand gehalten, aber du konntest das noch ohne Stock laufen, und wenn du schließlich auf dem Stuhl gesessen hast, warst du froh über einen Schluck Wasser.
Das war dein Weg in den letzten Jahren, den bin ich jetzt noch mal alleine gegangen und habe mich gefreut, wie viel wir noch voneinander haben konnten. Du hattest umziehen müssen, nach über 90 Jahren, musstest weg von da, wohin man unendlich lange mit dem Auto fuhr, und dorthin, wo ich als Kind aus unserem Fenster den großen Garten der Braumeistervilla sehen konnte: Ausgerechnet da haben sie vor ein paar Jahren ein Heim gebaut. Leicht war das bestimmt nicht für dich, und doch war es gut, glaube ich. Ich bin froh, wie oft wir uns noch sehen konnten, mittagessen, rommeespielen, kaffeetrinken, miteinander sprechen. Das geht jetzt nicht mehr.
"Dann kam schon das elektrische Licht", hast du einmal erzählt, da habe ich mal wieder geahnt, aus welcher Welt du gekommen bist. Dein eigenes Licht ist jetzt erloschen. Schön, dass du da warst.
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Sie wissen das nicht, aber unter uns Handwerkern heißt Putz- und Mauermörtel Mischung, einfach Mischung. Die normale Gebindegröße ist 40 kg, und als ich mich beim Hochschleppen von zwanzig Säcken Mischung mal beschwert habe, dass der Inhalt etwas zu gut bemessen sei, zumal man die blöden Säcke so schlecht greifen könne, erfuhr ich: Ha, das sind doch nur 40 kg, wir haben früher Zentnersäcke geschleppt.
Ich habe dann meinen Mund gehalten und kaufe seither meine Mischung in Gebinden zu 20 oder 25 kg, auch wenn diese teurer sind als die billigsten 40-Kilo-Säcke.
Wie komme ich darauf: Ach ja! Diese anstrengenden Dreiviertel- oder Literflaschen Wein, furchtbar. Ideal wären Viertele, sind aber kaum zu bekommen, und wenn, dann nicht in der gewünschten Sorte.
Ein Fläschchen steht da herum, es sieht aus wie eine Seifenprobe oder die Miniaturausgabe einer Neapolitanerwaffel, wie man sie zum Kaffee gereicht bekommt. Es hat einen Schraubverschluss, das ist praktisch fürs Kino oder morgens in der Straßenbahn, und dass ich mit Merlot nicht unbedingt Freunde werde, war schon klar. Dennoch will man jedem eine Chance geben, der Kleine riecht intensiv nach Eichenfass und ist schön dunkelrot.
Erdfeucht, bloß nicht zu viel Wasser rein, das passiert Anfängern schnell: Einfach mit der Schaufel in Bottich, Balge, Bütte oder Kübel herumrühren, da dürfen Sie dem Regionalismus Ihrer Wahl frönen, und es gehört gerade so viel Wasser hinein, dass es nicht mehr staubt, aber nicht mal in die Nähe von flüssig kommt.
Was für ein grauenhaft saures Zeug, stechende Essignote trifft auf faulige Bitternis, den kannst du dir nicht schöntrinken, den Rest schüttest du hier zu der Mischung, aber langsam, gerade so erdfeucht soll das sein.
Canti Merlot Sicilia von 2010, 13%, Preis unbekannt. Der Fassgeruch kommt geschmacklich irgendwie durch, der Rest ist bläärgh, da ist auch ein Viertelliter deutlich zuviel.
Ich habe dann meinen Mund gehalten und kaufe seither meine Mischung in Gebinden zu 20 oder 25 kg, auch wenn diese teurer sind als die billigsten 40-Kilo-Säcke.
Wie komme ich darauf: Ach ja! Diese anstrengenden Dreiviertel- oder Literflaschen Wein, furchtbar. Ideal wären Viertele, sind aber kaum zu bekommen, und wenn, dann nicht in der gewünschten Sorte.
Ein Fläschchen steht da herum, es sieht aus wie eine Seifenprobe oder die Miniaturausgabe einer Neapolitanerwaffel, wie man sie zum Kaffee gereicht bekommt. Es hat einen Schraubverschluss, das ist praktisch fürs Kino oder morgens in der Straßenbahn, und dass ich mit Merlot nicht unbedingt Freunde werde, war schon klar. Dennoch will man jedem eine Chance geben, der Kleine riecht intensiv nach Eichenfass und ist schön dunkelrot.
Erdfeucht, bloß nicht zu viel Wasser rein, das passiert Anfängern schnell: Einfach mit der Schaufel in Bottich, Balge, Bütte oder Kübel herumrühren, da dürfen Sie dem Regionalismus Ihrer Wahl frönen, und es gehört gerade so viel Wasser hinein, dass es nicht mehr staubt, aber nicht mal in die Nähe von flüssig kommt.
Was für ein grauenhaft saures Zeug, stechende Essignote trifft auf faulige Bitternis, den kannst du dir nicht schöntrinken, den Rest schüttest du hier zu der Mischung, aber langsam, gerade so erdfeucht soll das sein.
Canti Merlot Sicilia von 2010, 13%, Preis unbekannt. Der Fassgeruch kommt geschmacklich irgendwie durch, der Rest ist bläärgh, da ist auch ein Viertelliter deutlich zuviel.
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Momentan muss ich heimlich Rockmusik hören, wenn der Gastschüler nicht da ist. In Australien hat er in vier Chören gesungen, hier sind es bislang zwei, und kürzlich wohnte ich im Dom einer wirklich gelungenen Aufführung von Antonín Dvořáks Stabat Mater bei: Gar nicht mal schlecht, musste ich denken und bin auch nicht mittendrin aufgesprungen, um an besonders griffigen Stellen mitzugröhlen. Das ist einer der Unterschiede von diesen klassischen Konzerten zu den normalen, bei denen man mich sonst antrifft, und es gibt noch mehr: Man jubelt z.B. nicht nach jedem Lied und es gibt keine Stehplätze, nicht mal im Innenraum, deshalb vermutlich auch die eher verhaltene Stimmung.
Schon immer habe ich Probleme, mir bei den Klassikern, und ich meine jetzt nicht The Who, irgendwelche Bezüge, Namen oder Reihenfolgen zu merken. Während es völlig normal für mich ist, mich darüber zu unterhalten, dass Peter Gabriel Anfang der 70er ausgerechnet auf einer Cat-Stevens-Platte mal Querflöte gespielt und ein anderer Progressive-Held, der Yes-Keyboarder Rick Wakeman, das schöne und prägende Klaviermotiv zu dessen 1971er Welterfolg Morning Has Broken beigesteuert hat, welches an sich ja schon keine Komposition des Sängers, sondern 40 Jahre früher von einer Engländerin geschrieben worden ist, komme ich bei Mozarts, Bachs und Beethovens zuverlässig durcheinander: Wer hat wann gelebt, ist wofür bekannt, baut auf wen auf - ah, ja, so ist das also, und gleich wieder vergessen.
Es muss etwas mit dem emotionalen Stellenwert zu tun haben. Unser Gast lebt dermaßen tief in und mit seiner klassischen Musik, dass er sie einem pausenlos und wochenlang vorspielen würde: Hier, das ist dieses Stück. Und hier, dasselbe von einem anderen Orchester. Hier ein späteres Stück von dem Komponisten. Und lass uns mal hören, wie das 100 Jahre früher klang. Ich dagegen wundere mich noch heute, dass die australische Band Real Life 1983 ihrem ersten großen Hit "Send Me an Angel" viel zu früh den Nachfolger "Catch Me I'm Falling" nachfolgen ließ: Da war der erste Song noch gar nicht durch, schon kannibalisierte ihn der zweite, und danach: Nichts! Oder nehmen wir die australische Band Icehouse mit ihrem wirklich sehr aparten Stück "Hey Little Girl", das für mich über die Jahre nur dazugewinnt: Klingen die nicht unverkennbar nach Roxy Music, hören Sie doch nur mal das auch ganz tolle "Street Café": Erstaunlich, oder?
Ja, ja, würde er abwesend nicken und auf seinem Mobilfon herumscrollen, um mir seine Lieblingsaufnahme von einem ganz bestimmten Stück dieses einen Komponisten mit diesem einen Chor zu zeigen: Sen-sa-tio-nell, und dann summt er mit und singt er mit und schaut so ergriffen, dass man sich mitfreut.
"Ich mochte die Stimmen nicht", hat McCartney mal über Opernsänger gesagt, und so ist es mir oft gegangen: Wie künstlich so ein Sopran klingen kann, wie angestrengt ein Tenor, und die Knabenchöre, und die Krawatten, und dieses Scheißpublikum, und das steife Gehabe, da möchte man die E-Gitarre rausholen und mal frische Luft unter die Talare blasen.
Ich werde aber nun älter (vgl. Wein, Uhren, Urlaub gerne auch mal in Deutschland), und zwischendurch kann ich sagen: Der frühe Mozart geht mir zwar auf den Sack, aber der späte klingt nicht uninteressant. Oder einmal, im Auto, hörte ich was von Schostakowitsch und dachte: Oh! Vielleicht gehe ich demnächst doch mal in so ein Musical.
Scheaz! Ohne Fremdmotivation werde ich so schnell kein klassisches Konzert aufsuchen. Aber Weihnachten z.B., darauf freut er sich jetzt schon, werden sie im Dom das Weihnachtsoratorium aufführen, so heißt das glaube ich, da gehe ich auf jeden Fall hin, und das ist von diesem einen, na, diesem Komponisten, diesem Johann Amadeus Beethoven, und es stammt aus einem Jahrhundert.
Na, was ich eigentlich nur erzählen wollte: 1991 kam dann plötzlich Paul McCartney's Liverpool Oratorio mit einem schlimmen Covermotiv, und der klassisch ausgebildete Komponist Carl Davis muss nach all der Arbeit wohl ziemlich gezuckt haben, als da stand: Paul McCartney's Liverpool Oratorio. Die beiden haben was klassisch Klingendes komponiert, in den Kritiken hieß es damals: Na ja, und ich hab' es mir tatsächlich ein paar Mal angehört und sogar eine Aufführung besucht.
Mir ist das Werk zu lang mit zu wenig Substanz, was gegen Ende immer deutlicher wird, so dass ich geneigt bin zu sagen: Schuster, bleib bei deiner Bassgitarre. Aber ein paar schöne Melodiesprengsel sind gar nicht zu vermeiden, wenn McCartney beteiligt ist, und diese knapp fünf Minuten mit künstlichem Sopran und angestrengtem Tenor und Kinderchor und Krawatten finde ich wirklich schön.
Platz 21: Tres Conejos / Not For Ourselves (aus dem Liverpool Oratorio von 1991)
Schon immer habe ich Probleme, mir bei den Klassikern, und ich meine jetzt nicht The Who, irgendwelche Bezüge, Namen oder Reihenfolgen zu merken. Während es völlig normal für mich ist, mich darüber zu unterhalten, dass Peter Gabriel Anfang der 70er ausgerechnet auf einer Cat-Stevens-Platte mal Querflöte gespielt und ein anderer Progressive-Held, der Yes-Keyboarder Rick Wakeman, das schöne und prägende Klaviermotiv zu dessen 1971er Welterfolg Morning Has Broken beigesteuert hat, welches an sich ja schon keine Komposition des Sängers, sondern 40 Jahre früher von einer Engländerin geschrieben worden ist, komme ich bei Mozarts, Bachs und Beethovens zuverlässig durcheinander: Wer hat wann gelebt, ist wofür bekannt, baut auf wen auf - ah, ja, so ist das also, und gleich wieder vergessen.
Es muss etwas mit dem emotionalen Stellenwert zu tun haben. Unser Gast lebt dermaßen tief in und mit seiner klassischen Musik, dass er sie einem pausenlos und wochenlang vorspielen würde: Hier, das ist dieses Stück. Und hier, dasselbe von einem anderen Orchester. Hier ein späteres Stück von dem Komponisten. Und lass uns mal hören, wie das 100 Jahre früher klang. Ich dagegen wundere mich noch heute, dass die australische Band Real Life 1983 ihrem ersten großen Hit "Send Me an Angel" viel zu früh den Nachfolger "Catch Me I'm Falling" nachfolgen ließ: Da war der erste Song noch gar nicht durch, schon kannibalisierte ihn der zweite, und danach: Nichts! Oder nehmen wir die australische Band Icehouse mit ihrem wirklich sehr aparten Stück "Hey Little Girl", das für mich über die Jahre nur dazugewinnt: Klingen die nicht unverkennbar nach Roxy Music, hören Sie doch nur mal das auch ganz tolle "Street Café": Erstaunlich, oder?
Ja, ja, würde er abwesend nicken und auf seinem Mobilfon herumscrollen, um mir seine Lieblingsaufnahme von einem ganz bestimmten Stück dieses einen Komponisten mit diesem einen Chor zu zeigen: Sen-sa-tio-nell, und dann summt er mit und singt er mit und schaut so ergriffen, dass man sich mitfreut.
"Ich mochte die Stimmen nicht", hat McCartney mal über Opernsänger gesagt, und so ist es mir oft gegangen: Wie künstlich so ein Sopran klingen kann, wie angestrengt ein Tenor, und die Knabenchöre, und die Krawatten, und dieses Scheißpublikum, und das steife Gehabe, da möchte man die E-Gitarre rausholen und mal frische Luft unter die Talare blasen.
Ich werde aber nun älter (vgl. Wein, Uhren, Urlaub gerne auch mal in Deutschland), und zwischendurch kann ich sagen: Der frühe Mozart geht mir zwar auf den Sack, aber der späte klingt nicht uninteressant. Oder einmal, im Auto, hörte ich was von Schostakowitsch und dachte: Oh! Vielleicht gehe ich demnächst doch mal in so ein Musical.
Scheaz! Ohne Fremdmotivation werde ich so schnell kein klassisches Konzert aufsuchen. Aber Weihnachten z.B., darauf freut er sich jetzt schon, werden sie im Dom das Weihnachtsoratorium aufführen, so heißt das glaube ich, da gehe ich auf jeden Fall hin, und das ist von diesem einen, na, diesem Komponisten, diesem Johann Amadeus Beethoven, und es stammt aus einem Jahrhundert.
Na, was ich eigentlich nur erzählen wollte: 1991 kam dann plötzlich Paul McCartney's Liverpool Oratorio mit einem schlimmen Covermotiv, und der klassisch ausgebildete Komponist Carl Davis muss nach all der Arbeit wohl ziemlich gezuckt haben, als da stand: Paul McCartney's Liverpool Oratorio. Die beiden haben was klassisch Klingendes komponiert, in den Kritiken hieß es damals: Na ja, und ich hab' es mir tatsächlich ein paar Mal angehört und sogar eine Aufführung besucht.
Mir ist das Werk zu lang mit zu wenig Substanz, was gegen Ende immer deutlicher wird, so dass ich geneigt bin zu sagen: Schuster, bleib bei deiner Bassgitarre. Aber ein paar schöne Melodiesprengsel sind gar nicht zu vermeiden, wenn McCartney beteiligt ist, und diese knapp fünf Minuten mit künstlichem Sopran und angestrengtem Tenor und Kinderchor und Krawatten finde ich wirklich schön.
Platz 21: Tres Conejos / Not For Ourselves (aus dem Liverpool Oratorio von 1991)
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Keine Ahnung, was ihn Anfang der 80er dazu gebracht hat: Knast in Japan, John erschossen, Wings auf Grund gelaufen, das Heimstudioalbum mit schlechten Kritiken - zum ersten Mal seit Beatles-Zeiten, sieht man mal von der 73er Auftragsarbeit Live and Let Die ab, suchte Paul die Zusammenarbeit mit George Martin. Das klingt schon so bedeutungsschwanger und erfüllt natürlich längst nicht alle Erwartungen: Fragen Sie mal Armin Veh, wie schwierig so etwas ist.
Bedeutungsschwanger in Zeiten des Kalten Krieges war natürlich auch alles mit War im Titel, und dass "Tug of War" eigentlich "Tauziehen" heißt, wusste ich damals nicht, erklärt aber die dräuenden Ächz- und Schnaufgeräusche zu Beginn: Ganz schön ernste Sache, das alles, mit der Liedermachergitarre und der edel-sparsamen Harfenbegleitung und den irgendwie total tiefsinnigen Lyrics ("We expected more / But with one thing and another / We were trying to outdo each other ..."), oder ist das vielleicht ziemlich prätentiöser Quark?
Lass uns mal ernsthaft klingen, mach es mal wertig, und wenn man schon so supertiefsinnig und irgendwie echt schwermütig "Iiiits a tuuug of waaaar" zu dem Geklimper gesungen hat, darf der Hintergrundchor noch ein paar Bedeutungsgirlanden drehen und antworten ("A tug of war, a tug of war!"): Das wissen wir ja, was für ein fähiger Arrangeur der George ist, und "Pushing and pulling", und "In another world", ja, klar, man merkt die Absicht.
Und ist verstimmt: Es gibt genügend Gründe, warum einem so etwas auf die Nerven gehen kann, und dann kommt die Stelle, für die sich alles gelohnt hat. Das sind bloß ein paar Sekunden, die E-Gitarre setzt ein, Pauls hohe Stimme wird ein wenig kräftiger, und meinetwegen soll der Chor auf "But it won't be soon enough" auch mit "Soon enough" antworten: Diese halbe Minute habe ich mir schon tagelang auf Repeat angehört.
Dann geht's zurück zu Streichern und Tiefsinn, und man will gerade genervt das Handtuch werfen und sagen: Schön und gut, Paul, aber lass doch mal diesen orchestralen Kram weg und den bedeutungsschwangeren Gesang, Pushing, Pulling, Pushing, Pulling - schon kniet man ergriffen nieder und leistet Abbitte. Denn was für einen wunderschönen und zutiefst geschmackvollen Abschluss setzt das Orchester da bitteschön unter das Lied!? Das beruhigt die Nerven, streichelt die Seele und berührt das Herz. Und so etwas kann nur McCartney. Mit George Martin.
Platz 22: Tug of War (1982)*
--
*Verlinkt ist ein sogenannter Remix von 2015, tatsächlich aber eher ein Remaster: Klanglich verbessert und etwas differenzierter, ansonsten gegenüber dem ursprünglichen Mix aber nahezu unverändert.
Bedeutungsschwanger in Zeiten des Kalten Krieges war natürlich auch alles mit War im Titel, und dass "Tug of War" eigentlich "Tauziehen" heißt, wusste ich damals nicht, erklärt aber die dräuenden Ächz- und Schnaufgeräusche zu Beginn: Ganz schön ernste Sache, das alles, mit der Liedermachergitarre und der edel-sparsamen Harfenbegleitung und den irgendwie total tiefsinnigen Lyrics ("We expected more / But with one thing and another / We were trying to outdo each other ..."), oder ist das vielleicht ziemlich prätentiöser Quark?
Lass uns mal ernsthaft klingen, mach es mal wertig, und wenn man schon so supertiefsinnig und irgendwie echt schwermütig "Iiiits a tuuug of waaaar" zu dem Geklimper gesungen hat, darf der Hintergrundchor noch ein paar Bedeutungsgirlanden drehen und antworten ("A tug of war, a tug of war!"): Das wissen wir ja, was für ein fähiger Arrangeur der George ist, und "Pushing and pulling", und "In another world", ja, klar, man merkt die Absicht.
Und ist verstimmt: Es gibt genügend Gründe, warum einem so etwas auf die Nerven gehen kann, und dann kommt die Stelle, für die sich alles gelohnt hat. Das sind bloß ein paar Sekunden, die E-Gitarre setzt ein, Pauls hohe Stimme wird ein wenig kräftiger, und meinetwegen soll der Chor auf "But it won't be soon enough" auch mit "Soon enough" antworten: Diese halbe Minute habe ich mir schon tagelang auf Repeat angehört.
Dann geht's zurück zu Streichern und Tiefsinn, und man will gerade genervt das Handtuch werfen und sagen: Schön und gut, Paul, aber lass doch mal diesen orchestralen Kram weg und den bedeutungsschwangeren Gesang, Pushing, Pulling, Pushing, Pulling - schon kniet man ergriffen nieder und leistet Abbitte. Denn was für einen wunderschönen und zutiefst geschmackvollen Abschluss setzt das Orchester da bitteschön unter das Lied!? Das beruhigt die Nerven, streichelt die Seele und berührt das Herz. Und so etwas kann nur McCartney. Mit George Martin.
Platz 22: Tug of War (1982)*
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*Verlinkt ist ein sogenannter Remix von 2015, tatsächlich aber eher ein Remaster: Klanglich verbessert und etwas differenzierter, ansonsten gegenüber dem ursprünglichen Mix aber nahezu unverändert.
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Mütze aufsetzen, Zwiebelscheibe erhitzen, in ein Tuch einschlagen, unter den Mützenrand aufs Ohr klemmen: Reine Routine, Wärme und ätherische Öle tun gut, und man riecht sehr appetitanregend.
E-Mail, die älteren haben das noch kennengelernt, ist eine Kommunikationsform mit äußerst angenehmen Eigenschaften. Natürlich: Spam, Smileys, Sexkontake, und ich musste als Programmierneuling einmal herzhaft lachen, als ich verstand, wie einfach man Absender fälschen oder tausende von Mails in Sekunden versenden kann. Anständig verwendet aber, und an anderes dachten die Entwickler des Protokolls nun mal nicht, hat das Format etwas Wunderbares: Blitzschnell ist die E-Mail beim Empfänger, und dieser liest sie irgendwann.
Irgendwann. Vielleicht sofort. Vielleicht morgen. Vielleicht antwortet er sofort. Vielleicht in einer Woche. Merkt ihr schon dieses wohlig entspannte Gefühl?
Ich weiß nicht, ob du meine Mail schon gelesen hast. Du weißt nicht, ob ich noch nicht antworten will oder kann. Was für ein zauberhafter, freier Zustand! Macht euch das mal klar, ihr WhatsApp-Sklaven!
Diese Hektik: Hin! Her! Hin! Her! Sie schreibt gerade! Sie ist online! Sie hat die Nachricht gelesen! Hin! Her! Hat sie schon geantwortet? Schreib mal! Frag mal! Schick mal ein Bild! Schick mal den Link! Hin! Her! Guck, was der schreibt! Leite mal weiter! Schreib in die Gruppe! Hin! Her! Wer hat geschrieben! Du musst noch antworten! Hin! Her! Es ist ein Graus.
SMS, die älteren haben es noch kennengelernt, war ein angenehmes Kommunikationsformat: Kostete 9 Cent, wurde erfreulich selten verwendet, und ich weiß nicht, ob du sie schon gelesen hast, und du weißt nicht, ob ich noch nicht antworten will oder kann. Ich sage nur: SMS und E-Mail, anständig verwendet, sind die elektronischen Kommunikationsmittel meiner Wahl.
Mir ist erst neulich wieder eingefallen, dass ich früher natürlich E-Mail-Clients auf dem Rechner hatte: Eudora, Pegasus, Outlook Express - mit denen schrieb man Mails und rief sie ab, und irgendwann dann nicht mehr, denn es gab inzwischen Web-Mail-Dienste, für die ein Browser reichte. Die Mails blieben also als bequemes Archiv auf dem Server liegen, und an das Ärgernis der Werbung außenrum gewöhnte ich mich irgendwie, ist ja Internet.
Nervig bei meinem Anbieter, nennen wir ihn mal wäbb.de, waren allerdings von Anfang an die dummdreisten Versuche, mich zum Klick auf einen Button zu bewegen, mit dem ich ein "Geschenk" von z.B. einem Monat Umsonstmitgliedschaft im "Club" angenommen hätte, die sich dann ganz kleingedruckt in ein kostenpflichtiges Abo verwandelt. Jeder Trick, von kontraintuitiver Färbung und ungewöhnlicher Platzierung bis zur irreführenden Beschriftung wurde da versucht, und ich kann nur erahnen, wie viele hundert Male ich verärgert den unscheinbaren "Nein, lieber nicht"-Link gesucht und angeklickt habe, so dass das ungute Gefühl, hier bei Neppers, Schleppers, Bauernfängers unterwegs zu sein, immer wieder neu hervorgerufen wurde: Erschreckt jetzt nicht, aber manchmal habe ich wirklich gedacht, denen geht's am Ende nur ums Geld.
Man braucht aber doch erst einen in die Fresse, und den bekam Töchterlein: Papa, ich soll da irgendwie 25 Euro bezahlen und noch so Mahngebühren, sonst wird mein Postfach gesperrt!
Etwas Recherche machte das Ausmaß deutlich, und da steht man plötzlich mit einem angeblich vor drei Monaten geschlossenen Vertrag, der frühestens nach einem Jahr kündbar ist und bis dahin über 100.- Euro kosten soll. Sie steht da weit weg von Zuhause und soll genau den Kanal abgeklemmt kriegen, über den sie mit der Austauschorganisation in Kontakt ist und mit der Fluggesellschaft und dem Mobilfunkanbieter - es sei denn, sie zahlt für etwas, das sie nicht will und nicht braucht.
Ich konnte das klären, es hat mich einen Tag Internetrechereche und ein Telefonat gekostet, zum Glück ist sie minderjährig, da sind sie zurückgezuckt: Auffällig ist, so steht es in vielen Erfahrungsberichten, dass sie sich speziell auf gerade volljährig Gewordene stürzen, und das passt zu ihrem bei der Registrierung nicht ganz zutreffend angegebenen Geburtsdatum.
Sie glaubt übrigens nicht, dass sie den Knopf überhaupt gedrückt hat: Aber kann man's beweisen? Und wenn es das nächste Mal mit 18 passiert? Oder bei mir? Oder wenn es einem gerade nicht gut geht und man keine Kraft und keinen Kopf für solche Auseinandersetzungen hat?
Darauf möchte ich es nicht anlegen, und deshalb meine Frage in die Runde: Gibt es empfehlenswerte E-Mail-Anbieter? (Nein, ich möchte keinen eigenen E-Mail-Server aufsetzen). Stabil, zuverlässig, weitgehend werbefrei, mit genügend Speicher? Ein paar Anregungen könnte ich dazu gut gebrauchen.
So, nun habe mich genug über diesen Mist geärgert, zum Glück ist das erst mal erledigt und ich muss auch dringend meine Zwiebel erneuern - oh, war das gerade das SMS-Geräusch?
E-Mail, die älteren haben das noch kennengelernt, ist eine Kommunikationsform mit äußerst angenehmen Eigenschaften. Natürlich: Spam, Smileys, Sexkontake, und ich musste als Programmierneuling einmal herzhaft lachen, als ich verstand, wie einfach man Absender fälschen oder tausende von Mails in Sekunden versenden kann. Anständig verwendet aber, und an anderes dachten die Entwickler des Protokolls nun mal nicht, hat das Format etwas Wunderbares: Blitzschnell ist die E-Mail beim Empfänger, und dieser liest sie irgendwann.
Irgendwann. Vielleicht sofort. Vielleicht morgen. Vielleicht antwortet er sofort. Vielleicht in einer Woche. Merkt ihr schon dieses wohlig entspannte Gefühl?
Ich weiß nicht, ob du meine Mail schon gelesen hast. Du weißt nicht, ob ich noch nicht antworten will oder kann. Was für ein zauberhafter, freier Zustand! Macht euch das mal klar, ihr WhatsApp-Sklaven!
Diese Hektik: Hin! Her! Hin! Her! Sie schreibt gerade! Sie ist online! Sie hat die Nachricht gelesen! Hin! Her! Hat sie schon geantwortet? Schreib mal! Frag mal! Schick mal ein Bild! Schick mal den Link! Hin! Her! Guck, was der schreibt! Leite mal weiter! Schreib in die Gruppe! Hin! Her! Wer hat geschrieben! Du musst noch antworten! Hin! Her! Es ist ein Graus.
SMS, die älteren haben es noch kennengelernt, war ein angenehmes Kommunikationsformat: Kostete 9 Cent, wurde erfreulich selten verwendet, und ich weiß nicht, ob du sie schon gelesen hast, und du weißt nicht, ob ich noch nicht antworten will oder kann. Ich sage nur: SMS und E-Mail, anständig verwendet, sind die elektronischen Kommunikationsmittel meiner Wahl.
Mir ist erst neulich wieder eingefallen, dass ich früher natürlich E-Mail-Clients auf dem Rechner hatte: Eudora, Pegasus, Outlook Express - mit denen schrieb man Mails und rief sie ab, und irgendwann dann nicht mehr, denn es gab inzwischen Web-Mail-Dienste, für die ein Browser reichte. Die Mails blieben also als bequemes Archiv auf dem Server liegen, und an das Ärgernis der Werbung außenrum gewöhnte ich mich irgendwie, ist ja Internet.
Nervig bei meinem Anbieter, nennen wir ihn mal wäbb.de, waren allerdings von Anfang an die dummdreisten Versuche, mich zum Klick auf einen Button zu bewegen, mit dem ich ein "Geschenk" von z.B. einem Monat Umsonstmitgliedschaft im "Club" angenommen hätte, die sich dann ganz kleingedruckt in ein kostenpflichtiges Abo verwandelt. Jeder Trick, von kontraintuitiver Färbung und ungewöhnlicher Platzierung bis zur irreführenden Beschriftung wurde da versucht, und ich kann nur erahnen, wie viele hundert Male ich verärgert den unscheinbaren "Nein, lieber nicht"-Link gesucht und angeklickt habe, so dass das ungute Gefühl, hier bei Neppers, Schleppers, Bauernfängers unterwegs zu sein, immer wieder neu hervorgerufen wurde: Erschreckt jetzt nicht, aber manchmal habe ich wirklich gedacht, denen geht's am Ende nur ums Geld.
Man braucht aber doch erst einen in die Fresse, und den bekam Töchterlein: Papa, ich soll da irgendwie 25 Euro bezahlen und noch so Mahngebühren, sonst wird mein Postfach gesperrt!
Etwas Recherche machte das Ausmaß deutlich, und da steht man plötzlich mit einem angeblich vor drei Monaten geschlossenen Vertrag, der frühestens nach einem Jahr kündbar ist und bis dahin über 100.- Euro kosten soll. Sie steht da weit weg von Zuhause und soll genau den Kanal abgeklemmt kriegen, über den sie mit der Austauschorganisation in Kontakt ist und mit der Fluggesellschaft und dem Mobilfunkanbieter - es sei denn, sie zahlt für etwas, das sie nicht will und nicht braucht.
Ich konnte das klären, es hat mich einen Tag Internetrechereche und ein Telefonat gekostet, zum Glück ist sie minderjährig, da sind sie zurückgezuckt: Auffällig ist, so steht es in vielen Erfahrungsberichten, dass sie sich speziell auf gerade volljährig Gewordene stürzen, und das passt zu ihrem bei der Registrierung nicht ganz zutreffend angegebenen Geburtsdatum.
Sie glaubt übrigens nicht, dass sie den Knopf überhaupt gedrückt hat: Aber kann man's beweisen? Und wenn es das nächste Mal mit 18 passiert? Oder bei mir? Oder wenn es einem gerade nicht gut geht und man keine Kraft und keinen Kopf für solche Auseinandersetzungen hat?
Darauf möchte ich es nicht anlegen, und deshalb meine Frage in die Runde: Gibt es empfehlenswerte E-Mail-Anbieter? (Nein, ich möchte keinen eigenen E-Mail-Server aufsetzen). Stabil, zuverlässig, weitgehend werbefrei, mit genügend Speicher? Ein paar Anregungen könnte ich dazu gut gebrauchen.
So, nun habe mich genug über diesen Mist geärgert, zum Glück ist das erst mal erledigt und ich muss auch dringend meine Zwiebel erneuern - oh, war das gerade das SMS-Geräusch?
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