Mumien, Analphabeten, Diebe.
Du hast's gut, du hast dein Leben noch vor dir.
Mr. Freeze
nnier | 10. Januar 2010 | Topic In echt


Ich weiß ja nicht, was Sie hier sehen - einen ehemaligen Fußballnationalspieler, einen Europameister von 1996 womöglich, der in der Provinz bei einem Hallenfutsalturnier zuschaut?

Ich kann das verstehen, mir wäre es vermutlich auch so gegangen, zu einer anderen Jahreszeit sogar sehr wahrscheinlich, und dann hätte ich mir Mut angetrunken mit etwas Filterkaffee, der wird bei solchen Turnieren immer verkauft, und hätte ihn, den man in seiner Phantasie z.B. "Eisen-Dieter" taufen könnte, auf eine Bockwurst eingeladen, die werden da ebenfalls immer verkauft und gar nicht teuer. Wer weiß, vielleicht hätte ich gar um eine Signatur gebeten, "für meine Tochter" oder so etwas.

In diesem Falle allerdings möchte ich Ihre geschätzte Aufmerksamkeit etwas weiter nach oben dirigieren.



Ich habe mal etwas gelesen, das vermutlich nicht jeder weiß. Und wenn jemand Sporthallen baut, kann man ja auch nicht erwarten, dass der Zeit hat zum Lesen, da kann es schon mal passieren, dass man über physikalische Feinheiten nicht bis ins Letzte informiert ist. Welcher Architekt hat schon die Zeit, Peter Moosleitners Interessantes Magazin zu lesen?

Um es kurz zu machen: Wärme steigt nach oben.



Wenn man also in einer Sporthalle, sicher ihre guten acht Meter hoch, eine hübsche Anzahl Heizkörper zu verteilen hat, dann kann man aus optischen oder spirituellen Erwägungen heraus schon mal auf die Idee kommen, diese in drei bis vier Meter Höhe an die Wand zu hängen. Eine Leiter hat der Hausmeister ja, falls mal jemand an die Thermostatventile muss.



Während also die Einheimischen mit wissendem Grinsen in Skigarderobe und mit dicken Kissen, Wolldecken und Glühwein anrücken, muss der ortsfremde Besucher sich anderweitig behelfen (mit den Zehen wackeln, heißen Filterkaffee in die Schuhe schütten) und mit der Gewissheit trösten, dass es nach drei, vier Stunden zumindest direkt unter dem Hallendach eigentlich schon mollig warm sein müsste.

Sind die Nasen erst einmal rot, dann kann man am nächsten Tag auch dorthin gehen, wo die Heizkörper noch weiter weg sind.



Bahn frei, Kartoffelbrei! Huch, das kitzelt so schön im Bauch.



Rakkarakkarakka.



Rakkarakkarakka.
Mit Rainer Maria und Otto und Paula und Fritz dem Ruf des Berges folgen. Heissa!



Nun aber ab ins Bett, frostglühend - und wohl heißt das Futsal.

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kid37, Montag, 11. Januar 2010, 00:12
Heizung oben an der Wand? Wie Bauhaus. Danach Eilts aber schnell zum Aufwärmen.

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nnier, Montag, 11. Januar 2010, 09:47
Vorher noch die letzten Salzreste vor dem Haus verteilen. (Bauhaus kenne ich eher in diesem Maßstab. Das waren die letzten anständigen Salzstreuer, die in meiner Familie vorgekommen sind.)

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kid37, Montag, 11. Januar 2010, 12:47
...die Heizung sollte ein Schmuckstück sein, ein Bildersatz. Diese modernen Taktiken immer. Bei uns galt noch: Drei Ecken, ein Elfer!

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nnier, Montag, 11. Januar 2010, 13:04
"Es ist, genau wie beim Realen Sozialismus, deutlich leichter, in der Theorie für das Bauhaus zu sein, als ganz konkret in einem Bauhaus-Gebäude zu leben."

Das ist aber ein interessanter Artikel - und erst zum Schluss begriff ich, mich über den bekannten Sound wundernd, dass es Martenstein ist, der da, obwohl er "offensichtlich keine Ahnung von Architektur hat, auf ein derart anspruchsvolles Thema wie Bauhaus" losgelassen wurde.

Nun, die Salzstreuer waren prima, auf die lasse ich nicht nur aus Lokalpatriotismus nichts kommen.

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mark793, Montag, 11. Januar 2010, 13:25
@ "die Heizung ein Schmuckstück":

Als wir hier vor etwas über drei Jahren auf Wohnungssuche waren, besichtigten wir unter anderem eine sehr schöne Immobilie aus den Dreißigern: marmorverkleidetes Treppenhaus im Protz-Stil der Neuen Reichskanzlei, großzügig geschnittene Räume mit hohen Decken, trotz Erdgeschoss recht hell. Aber in jedem Zimmer befand sich der Heizkörper nicht etwa unter dem Fenster, sondern mit einer Backstein-Einfassung jeweils an der zentralen Wand. Um diese Räume sinnvoll nutzen zu können, hätte man sich sämtliches Mobiliar wie Regale und Schränke genau auf diese Gegebeheiten maßanfertigen lassen müssen. Und das war es uns dann doch nicht wert, vielleicht auch, weil wir zuwenig von Architektur verstehen, um so eine historisch-bauliche Besonderheit im Alltag richtig würdigen zu können.

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nnier, Montag, 11. Januar 2010, 13:31
Es gibt Tage, an denen ich meiner Heizung gerne auf diese Weise huldigen würde. Dieses Aschenputteldasein hinterm Sofa und unterm Vorhang hat sie nicht verdient. Da hat ihr also tatsächlich jemand den gebührenden Platz eingeräumt - als Kaminersatz. Die ersten Autos waren ja auch nur Kutschen mit eingebautem Motor.

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monnemer, Montag, 11. Januar 2010, 09:48
Allein der Begriff Futsal lässt mich schon erschaudern.

Geh dahin, davos weh tut!
Diese Maxime von Dieter Eilts haben Sie aber gründlich missverstanden.

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venice_wolf, Montag, 11. Januar 2010, 11:52
Architekten sind an allem schuld! Diese Leute wissen normalerweise nix über Schwerkraft, Statik, Fluide, usw.
Die Zeichnung und das Design müssen stimmen, das Rendering wie im Videospiel.
Als Leitspruch gilt, dass sie das planen was ihnen gefällt - mit dem Geld vom Kunden!
Da denkt man gegenüber Skeptiker die sich trauen was zu sagen: ja, die werden's schon wisse! der ist ja Architekt, was glaubst du?
In meinem neuen Büro habe ich nach mehrstündigen heizen (Ventilator von OBEN) 40 Grad um die Ohren und 5 am Boden. Da helfen auch Bergschuhe wenig. Eher mit einem Handtuch in wilden kreisförmigen Bewegungen die unter und obere Luftschicht durchmischen.
habt ihr viel zu tun mit der Kälte und Schnee? man liest über das Winterwetter bei Euch ja einiges...

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mark793, Montag, 11. Januar 2010, 11:56
@venice_wolf: Zum Stichwort "Architekten" notierte schon Gustave Flaubert in seinem "Wörterbuch der Gemeinplätze": Allesamt Schwachköpfe. Sie vergessen immer die Treppenhäuser.

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nnier, Montag, 11. Januar 2010, 12:18
Hier scheint's insgesamt ähnlich milde zuzugehen wie auf Herrn Stubenzweigs Insel. Es liegt dauerhaft Schnee, was für viele Kinder schon ein außergewöhnliches Erlebnis ist - und dass man tatsächlich Schlitten fahren kann, erst recht.

Von den Aufforderungen, sich für vier Tage mit Lebensmitteln zu bevorraten, habe ich erst zu spät gehört - und es war auch nicht nötig. Allerdings gibt es spürbare Beeinträchtigungen gerade im Straßen- und Zugverkehr, so dass ich mich schon auf morgen freue, wenn's mal wieder dahin geht.

Bergschuhe sind es auch, die man da oben von der grünen Decke verhüllt sieht - sie bieten immerhin genügend Freiheit, um mit den Zehen zu wackeln. Und was eventuelle Verwirbelungen angeht: Da hatte ich auch auf den einen oder anderen Hochschuss gehofft, der die Luftschichten durchmischt hätte - allerdings war es ja Futsal und nicht Fußball, mithin also ein Ball mit reduziertem Druck, der kaum springt, so dass das Geschehen sich vorrangig am Boden abgespielt hat.

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jean stubenzweig, Montag, 11. Januar 2010, 12:44
Ich habe meine Zweifel, ob das einem Architekt in die Schuhe geschoben werden kann. Das sieht mir eher aus wie eine dieser vielen Hallen, die (wie auch kleinstädtische Bürgerzentren, Schulen etc.) jeweils aus der Schublade der Behörden gezogen werden. Von «freien» Architekten werden solche Baumaßnahmen in den seltensten Fällen bearbeitet, eigentlich nie; es sei denn, irgendein Planer sitzt in einem Gemeinderat. Das dürfte ein 08/15-Kasten sein, der irgendwann von einem bei einer Behörde angestellten, oftmals verbeamteten Planer zusammengezeichnet und dessen Baugenehmigung von einem anderen Beamten erteilt wurde, der vor dreißig Jahren mal irgendwo ein Architektur-Diplom erworben hat, vermutlich bereits mit dem Ziel, sein Hirn in den Hintern absacken zu lassen.

Nun ja, Dösköppe gibt es in allen Berufen, aber bei den meisten hat es nicht die, im besten Wortsinn, «Tragweite», oder es wird vertuscht. Mercedes beispielsweise mit all seinen hochqualifizierten Ingenieuren hat in den Neunzigern offensichtlich quasi in Serie die 600er Motoren ausgetauscht (ein Werkstattleiter erzählte mir das damals, wobei er mir den Preis von rund 50.000 Mark – für die 500er-Maschine – nannte), und die Kundschaft ward gebeten, Stillschweigen zu bewahren; was bei dem Kaufpreis für einen neuen auch kein Problem gewesen sein durfte, in den Kreisen geht man diskret vor. Ein Bekannter hatte sich in dieser Zeit gar einen zweiten Jaguar gekauft, weil einer immer in der Werkstatt stand. Und so weiter. Im bzw. mit dem öffentlichen Raum läßt sich so etwas eben nicht so ohne weiteres geheimhalten.

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nnier, Montag, 11. Januar 2010, 14:11
Sie differenzieren in (freie) "Architekten" und "Planer" - da sind mir die Unterschiede nicht so geläufig. Was Signor vermutlich meint, und da schließe ich mich an, ist die erstaunliche Tatsache, dass solche offensichtlichen Fehlplanungen erstens passieren und zweitens auch umgesetzt werden. Im MAD-Magazin sah man mal einen Architekten mit dem zusammengerollten Plan eine Fliege erschlagen, und, Sie ahnen es, die Fassade des fertigen Hochhauses bildet dann ein insektenförmiges Relief.

"Eigentlich dürfte so etwas nicht passieren", heißt es dann, wenn der Wind einen Stahlträger herausbläst, und man könnte meinen, dass auch Heizungsbauer und andere Fachleute zwischendurch zaghaft den Finger heben und erklären, dass sie die Heizkörper bisher nicht ohne Grund in Bodennähe aufgehängt (oder gar für ein Lüftungssystem gesorgt) haben. Aber womöglich ist es ganz einfach so, wie der Chef einer Bremer Baufirma mal in der Zeitung verkündete, befragt nach einer ganz besonders sinnlosen Baumaßnahme: "Wir machen auch den Mond eckig, wenn es jemand bezahlt."

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venice_wolf, Montag, 11. Januar 2010, 15:18
Was fehlt ist der gesunde Menschenverstand und einer, der sich auskennt, und die gesamte Uebersicht und Eingreifmöglichkeit hat.
Wenn jede Arbeit 10 Mal aufgestückelt wird, und jede Firma macht nur einen Teil und denkt (oder nicht) das irgendwer schon daran gedacht haben wird passiert sowas locker.

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jean stubenzweig, Dienstag, 12. Januar 2010, 01:34
Ich wollte zwischen dem «freien» Architekt und dem behördlich bestallten Strichezieher einen Unterschied verdeutlichen. Das scheint mir nicht gelungen.

Planer in diesem Sinn sind sie beide. Selbstverständlich werden auch bei den Freien, das sind mehr oder minder große Büros, hanebüchene Fehler gemacht. Die aber, von der Peinlichkeit abgesehen, müssen für ihren Murks geradestehen und dürften Folgeaufträge für lange Zeit vergessen. Bei denen, die lediglich ihre amtlichen Schubladen öffnen und wieder schließen, kräht in der Regel anschließend kein Hahn danach, wer das verbockt hat; allenfalls kommt es zu einer Versetzung in eine andere Abteilung.

Den flammenden Verteidigungsredner für eine Berufsgruppe will ich gar nicht geben, dazu besteht kein Anlaß. Aber es mißfällt mir, wenn in martensteinscher Manier «argumentiert» wird. Nicht allzu oft habe ich ein solches Papperlapapp gelesen. Es existiert ein Kommentar unter dessen Text, der einiges geraderückt. Der Autor hätte Gelegenheit gehabt, sich dazu zu äußern. Es hat es nicht getan; er wird wohl wissen, weshalb er sich da heraushält. Also bleibt es so stehen, und es wird weitergewitzelt, ganz im Stil dieses Feuilletönchens.

Ich könnte einiges ergänzend erklären, denn lange war ich mit dem beschäftigt, was den Menschen tagtäglich umgibt, in dem er lebt, über das er sich aber weitaus weniger Gedanken macht als erforderlich – oder solche wie Herr Martenstein. Allerdings wäre dazu sehr weit auzuholen, das würde jedoch den hiesigen Rahmen sprengen. Vielleicht gehe ich bei mir mal darauf ein. Auch auf die Gefahr hin, daß es, wie üblich, nur drei Leser interessiert.

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nnier, Dienstag, 12. Januar 2010, 09:36
Merken Sie mich als einen von den dreien vor. Falls die Plätze knapp werden.

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venice_wolf, Dienstag, 12. Januar 2010, 12:31
Einen Platz reserviere ich von Venedig aus - geht es mit Kreditkarte ? Bin gespannt wer der dritte ist :)

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jean stubenzweig, Dienstag, 12. Januar 2010, 12:58
Zwar hatte ich «vielleicht» geschrieben, aber mein Wille zum Nichts(mehr)tun wird hier einfach unterlaufen. Doch da habe ich mich selbst hineinmanövriert. Man sollte nie «vielleicht» sagen. Ächz! Ich denke darüber nach. Das allerdings erfordert, nach alten Notizen, auch in meinem Kopf, zu suchen. Und das ist anstrengend, meine Festplatte ist nicht mehr die rascheste und bestfunktionierendste. Es kann also dauern.

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