Mumien, Analphabeten, Diebe.
Du hast's gut, du hast dein Leben noch vor dir.
Brüchig
nnier | 07. August 2008 | Topic Musiq
Eins meiner liebsten Beatlesbücher stammt von Tim Riley und trägt den Titel Tell Me Why. Im Klappentext heißt es unter anderem:
They saw themselves first and foremost as recording artists [...] their work, both words and music, deserves more attention than their marriages.
Ich muss das voranstellen, denn Menschen außerhalb des inzwischen doch überschaubaren Fankreises hören seit mindestens anderthalb Jahrzehnten* von Paul McCartney keine neue Musik, sondern Gossip, zuletzt jahrelang erst über die Hochzeit mit und dann die Scheidung von Heather Mills.

Ich schreibe jetzt nichts darüber, wie widersprüchlich er sich selbst im Umgang mit der Presse verhält und ob er eigentlich selbst auf seine jeweils aktuelle Musik vertraut; das sind Themen für sich. Tatsache ist, dass ich sehr bedaure, wie wenig Beachtung seine Musik noch findet. (Er ist nämlich seit über zehn Jahren auf einem kreativen Hoch.)

Und so kommt es, dass ich uninteressiert und nur nebenbei die Meldungen zum Thema "Paul hat jetzt ein Lied über Heather geschrieben" gelesen habe.

Zum Glück aber hat mir ein netter Mensch dieses Lied als Hörprobe zur Verfügung gestellt.**

Es ist in Zusammenarbeit mit dem indischstämmigen Musiker und Produzenten Nitin Sawhney entstanden, auf dessen für Oktober angekündigtem Album London Undersound das Stück erscheinen wird.

Wie schon fast üblich bei den McCartney-Werken der letzten Jahre brauchte ich zwei, drei Durchgänge, um mich in das Lied einzuhören, das wieder einmal ohne spektakuläre Melodie oder Instrumentierung daherkommt.

Und dann hat es mich wieder erwischt. Ich habe das Lied mit dem Kopfhörer gehört; ich bin ein sentimentaler, alter Mann; ich konnte niemanden mehr ansehen; ich darf so etwas nicht bei der Arbeit machen; es hat mich tief berührt.

Ich schrieb es schon einmal: Ich höre diese Stimme einfach für mein Leben gern. Und bei diesem Lied nun ist eine deutlich gealterte Stimme zu hören, dünner, brüchiger, verletzlicher.

Und wunderschön.

Es wird vielleicht nie wieder einen Singlehit von Paul McCartney geben. Aber es gibt ganz viele kleine Juwelen. Und wo seine Tochter Stella ihre nächste Modenschau hält, ist mir ganz egal.


* Hope of Deliverance hieß 1993 der letzte nennenswerte Singlehit.
** Hörprobe hier. Vielleicht ergibt ja auch diese Suche zufälligerweise einen Treffer? Fan-Video ignorieren, Köpfhörer verwenden, wäre dann mein Tip. Oder selbst ein wenig suchen, nach Paul McCartney Nitin Sawhney My Soul z.B., dann findet man's theoretisch vielleicht als viel besser aufgelöste mp3-Datei.

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nnier, Donnerstag, 21. August 2008, 12:34
[Manueller Trackback]
Im Blog der netten Leute von German BEAT! wird auf diesen Artikel verlinkt: Zwei lesenswerte Betrachtungen zu dem Song "My Soul" gibt es zum einen in dem Blog "Mumien, Analphabeten, Diebe" und [...]

Ein ganz heikles Thema übrigens (ohne Zusammenhang mit dem obigen Link, es fällt mir nur gerade ein): Der orientalische Hintergrundgesang bei dem Lied. Orientalische Frauenstimmen im Hintergrund können verdammt schnell nach ganz billiger "Entspannungs"- oder "Weltmusik" klingen, bzw. werden gerne unter die Werbung für irgendwelche "Wellness"-Produkte gelegt, sind als Chiffre für esoterisch-exotisches Lebensgefühl somit reichlich abgenutzt und können ganz doll nerven. Aber: Klippe souverän umschifft!

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nnier, Donnerstag, 27. November 2008, 13:28
Die Stimme wurde später auch in einem Interview thematisiert, und ich bin mir mit Nitin Sawhney offenbar einig:

[Frage:] Sie haben vorhin bereits den Song mit Paul McCartney angesprochen. Seine Stimme klingt ungewohnt brüchig. War das Absicht?

Nitin Sawhney: Ich wollte die Stimme von ihm nicht überproduziert aufnehmen. Sie sollte so klingen, wie ich sie aus den vielen Gesprächen her kenne. Und das Ergebnis ist eine viel verletzlichere Stimme, als wir sie von ihm kennen. Einige Leute sagen, "oh, McCartneys Stimme klingt aber alt". Und ich sage dann nur "ja, er ist ja auch alt. Was hast du zuletzt von ihm gehört "Yesterday"? Natürlich hat sich seine Stimme mit zunehmendem Alter verändert. Aber sie hat noch sehr viel Power. Und wenn mir jemand vorher gesagt hätte, dass so eine Stimme eines 65jährigen klingen würde….Das ist schon ziemlich klasse.

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